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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Kommunikationsform zurückgriff. Ich war ein Kundschafter und Regressor. Das Erste ist klar. Die Arbeit eines Regressors wiederum besteht in der Infiltration einer fremden Gesellschaft, um ihr Entwicklungsniveau zu senken. Auf diese Weise wird eine Zivilisation für eine Entwicklung auf dem richtigen Weg präpariert.«
    »Und was ist der richtige Weg?«, fragte der Alari.
    »Die Freundschaft. Die Einheit aller Zivilisationen, ihre gemeinsame Expansion im All.«
    »Mit welchem Ziel?«
    »Mit dem Ziel der Freundschaft. Es ist ein in sich geschlossener Entwicklungszyklus, die Zivilisationen werden absorbiert, um anschließend neue Zivilisationen zu suchen und anzuschließen.«
    Der Kommandant ließ eine kurze Pause folgen. »Welchen Sinn hat das?«, fragte er dann.
    Was für ein Dummkopf!
    »Gar keinen.«
    »Herrscht die Rasse der Geometer über die absorbierten Zivilisationen?«
    »Nein. Es herrscht die Idee.«
    »Pjotr, setze deinen Bericht fort«, mischte sich jemand anders ins Gespräch.
    »Hallo, Karel.« Ich wunderte mich nicht, dass auch der Zähler hier war. »Wo ist denn mein Großvater?«
    »Er ist hier.«
    »Dann hol ihn doch bitte.«
    Es folgte abermals eine kurze Pause. »Hallo, Petja«, hörte ich schließlich.
    »Hallo«, sagte ich zur Decke. »Wie geht es dir? Ist alles in Ordnung?«
    Die Stimme meines Großvaters klang müde und freudlos.
    »Soweit es möglich ist. Erzähl mir alles, mein Junge. Wie hast du das Schiff der Geometer gelenkt?«
    »Ich habe allgemeine Anweisungen gegeben. Das Schiff verfügt über einen ziemlich ausgeprägten Verstand. Allerdings einen … kastrierten.«
    »Erklär das genauer, Petja.«
    »Ich glaube, dem Schiffscomputer fehlt nicht mehr viel zu einem regelrechten Verstand. Er ist in der Lage zu lernen. Aber aus irgendeinem Grund hat er ein völlig unzutreffendes Bild von sich selbst.«
    »Genau das haben wir vermutet. Die Geometer haben das höchst raffiniert angestellt, Petja. Ihre Computer entwickeln sich nicht zu einem wirklich intelligenten Wesen, weil sie sich selbst bereits dafür halten.«
    »Was?« Obwohl ich eigentlich gern weiterberichten wollte, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen.
    »Es kommt sogar noch schöner. In gewisser Weise …« Mein Großvater kicherte. „… hält sich jeder Computer der Geometer für das einzige intelligente Wesen im Universum. Für einen Gott, wenn du so willst. Er fasst die Realität als Spiel seiner Phantasie auf. Ein derart leistungsstarkes System könnte nur dann zu einem authentischen Bild seiner selbst gelangen, wenn es nicht glauben würde, diese Aufgabe sei bereits erledigt.«
    »Ein gefährlicher Weg«, bemerkte ich.
    »Nein, Petja, der bequemste von allen. Der einzig mögliche Weg vielleicht. Ein Gefangener will nicht in die Freiheit ausbrechen, wenn er sich bereits für frei hält.«
    »Ich bin so froh, deine Stimme zu hören, Großpapa«, sagte ich nach kurzem Schweigen. »Du … du hast mir gefehlt.«
    Abermals folgte eine kurze und unbehagliche Pause. Zu viele hörten unserem Gespräch zu. Das war nicht der Zeitpunkt für Sentimentalitäten.
    »Erzähl weiter, Petja«, bat mein Großvater. »Dieses Gas weckt den Wunsch zu plaudern und Informationen mitzuteilen. Quäle dich also nicht.«
    »Die Geometer haben sehr gute Schiffe«, fuhr ich fort. »Sie arbeiten nicht mit dem Jump, aber trotzdem bewegen sich diese Schiffe viel schneller durch den Außer-Raum als jedes Transportmittel, das dem Konklave zur Verfügung steht. Weil ich mich nicht mehr an meine eigene Persönlichkeit erinnert habe, hat das Schiff Anweisungen befolgt, die …«
    Mein Bericht dauerte lange. Ab und an unterbrach mich Danilow, mein Großvater, Mascha oder der Kommandant der Alari mit einer Frage … Einige der Fragen des Kommandanten kamen mir ein wenig seltsam vor, weshalb ich nach einer Weile vermutete, in diesen Fällen frage gar nicht er, sondern sein Dolmetscher, der Cualcua.
    Am schwierigsten war es, die Gesellschaft der Geometer zu schildern. Nach wie vor sah ich in ihr nichts, was mir absolut fremd war, sodass ich nicht recht wusste, was ich überhaupt erwähnen sollte. Das Fehlen von Familien war beispielsweise ein interessanter Aspekt, an den ich mich aber nur rein zufällig erinnerte. Abgesehen davon wusste ich vieles – sehr vieles – überhaupt nicht. Zum Beispiel wie ihre Transportkabinen funktionierten. »Ist es wie beim Jump, ein Sprung durch eine andere Dimension? Oder kopiert man einen Körper an einem anderen Punkt und

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