Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
durch die Luke – und es erinnerte wirklich an einen Fall. Als die Gravitationsfelder der Schiffe in Wechselwirkung miteinander traten, wurde mir leicht schwindlig.
    »Stell die Gravitation ab!«, befahl ich, als wir uns im Flaggschiff befanden. »Fahr alle Verteidigungssysteme runter! Öffne die Kabine!«
    Diesmal gehorchte das Schiff widerspruchslos, als habe es sich darauf besonnen, dass ein Geköpfter nicht um die Haare weint. Das Cockpit öffnete sich, und ich nahm den leicht würzigen Geruch der fremden, nicht-menschlichen Umwelt wahr. Die höhlenartige Halle im Flaggschiff war nur schwach beleuchtet, die reglosen Figuren der Alari ließen sich kaum erkennen.
    Mir wurde mulmig zumute.
    Vor einer Woche war ich durch ihre Reihe gestürmt. Ein wackerer Held, der sich nicht mehr erinnerte, wer er war, großzügig Kinnhaken verteilte und links und rechts mit einem Messer auf die kleinen Wesen einstach … Dabei hatten sich mir nur Techniker und Ingenieure entgegengestellt, denen durchweg jede Erfahrung im Zweikampf fehlte. Die Illusion eines Kampfes war nötig – und deshalb wurde sie geschaffen. Wenn mich ein paar echte Soldaten angegriffen hätten, noch dazu in den berühmten alarischen Panzeranzügen, wäre mir die Flucht nie im Leben geglückt.
    Die zotteligen Körper um mich herum warteten. Was empfanden sie für mich? Verständnis – weil schließlich alle wussten, wozu das damals sein musste? Hass – weil an meinen Händen das Blut ihrer Artgenossen klebte? Neugier – immerhin war ich zurückgekehrt und brachte Informationen?
    »Wo sind meine Freunde?«, fragte ich, während ich aus dem Schiff sprang. »Alari!«
    Schweigen. Nach einer Weile trat ein schwarzes Wesen in einer goldenen Tunika vor.
    »Kommandant?«, fragte ich.
    »Ich begrüße dich an Bord, Pjotr Chrumow«, erwiderte der Alari mithilfe des Cualcua, der als hässlicher Auswuchs an seinem Hals schwabbelte. »Wir freuen uns, dass du es geschafft hast zurückzukommen.«
    An zwei Stellen seines Körpers bedeckten weiße Binden das Fell, bei denen es sich kaum um Details der Kleidung handeln dürfte. Ob das Andenken an meine Schläge waren?
    »Wo sind meine Freunde?«, fragte ich erneut.
    »Sie schlafen. Für euch ist jetzt die Ruhezeit.«
    »Weck sie trotzdem, sie werden es nicht übelnehmen«, verlangte ich.
    Sollten die Alari mich in eine Falle gelockt haben, hätte jetzt mein letztes Stündlein geschlagen … Aber genau in diesem Moment tauchten am hinteren Ende des Tunnels zwei menschliche Gestalten auf. Danilow und Mascha. Sie kamen auf mich zugerannt, und ich spürte, wie – endlich – die Anspannung von mir wich.
    Ich hatte eben doch einen Ort, an den ich zurückkehren konnte.
    Aber warum wirkte das Lächeln in ihren Gesichtern dermaßen gequält?
    »Pjotr!« Danilow schloss mich in die Arme, schwenkte mich hin und her und schaute mir in die Augen: »Du Hundesohn! Hast du es tatsächlich geschafft!«
    Mascha blieb gefasster. Sie lächelte nur, und diese für sie ungewohnte Tätigkeit ließ sie wesentlich attraktiver aussehen.
    »Hallo«, begrüßte sie mich, streckte die Hand aus und berührte sacht meine Schulter. »Klasse. Wir haben uns wirklich Sorgen um dich gemacht.«
    Ich linste in den Tunnel, doch es kam niemand mehr.
    »Wo ist mein Großvater?«, fragte ich irritiert.
    »Er schläft«, antwortete Danilow rasch. »Er schläft gerade.«
    Die Alari mischten sich nicht in unser Gespräch ein. Die Zottelwesen hatten einen Ring um uns gebildet und beobachteten unsere Begegnung voller Neugier. Ich hielt nach dem Kommandanten Ausschau. »Als ich geflohen bin …«, setzte ich an, »da habe ich …«
    »Du hast drei Alari getötet«, fiel mir der Kommandant ins Wort.
    Was hatte ich denn erwartet? Ich konnte ja noch froh sein, dass es nur drei waren. Schließlich hatten mich damals Nicht-Freunde umgeben , und der gefangene Regressor Nik Rimer fackelte nicht lange …
    Danilow drückte mir sanft den Arm.
    »Kommandant …«, setzte ich noch einmal an.
    Es war dumm, sich zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten. Worte tilgen diese Schuld nicht. Aber was konnte ich sonst tun?
    »Pjotr Chrumow, als Repräsentant der Rasse der Alari bitte ich dich um Verzeihung«, sagte der Kommandant nun.
    Ich starrte in die funkelnden schwarzen Augen. Nein, er machte sich nicht über mich lustig.
    »Wir mussten dich zwingen, gegen die Gesetze deiner Zivilisation zu verstoßen«, fuhr der Kommandant fort. »Du musstest deine Verbündeten töten. Unsere

Weitere Kostenlose Bücher