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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Gruppe kämpfen, punktum. Keine Fragen, keine Papiere.
    Ich betrachtete seinen Rücken und war versucht, die Komödie zu beenden. Erklärungen zu verlangen. Ihm zu sagen, wer ich war und woher ich kam, ihm klipp und klar zu sagen, dass ich alles durchschaue und dass das, was hier vor sich ging, nur ein Experiment war.
    Aber jene Chance, die eins zu tausend stand, dass ich tatsächlich in ein hiesiges Kriegsgebiet gelangt war, hielt mich von einem übereilten Schritt ab.
    »Glück gehabt!«, rief Schnee. Er drehte sich um und winkte mir zu. »He, Pjotr, wir haben Glück gehabt!«
    Ich ging zu ihm und spähte nach vorn.
    Über dem Sumpf bewegte sich was. Etwas, das eher an einen lecken Kahn erinnerte als an ein Raumschiff. Weder Aufbauten noch Triebwerke waren zu erkennen. Es war einfach ein Schiff, das über dem Modder schwebte.
    Am Bug dieses profanen Transportmittels stand ein Mann. Er trug die gleiche Uniform wie Schnee. Sollte er das Schiff lenken, brauchte er dafür keinerlei Armaturen.
    »Jetzt beginnt das Verhör.« Schnee sprach absichtlich laut. Trotzdem ließ eine bestimmte Anspannung in seiner Stimme mich daran zweifeln, dass ihm das tatsächlich nicht das Geringste ausmachte.
    Am Rand des Ufers hielt der Kahn an, wobei er nach wie vor über der Erde schwebte. Der Mann in Uniform sprang herunter und kam auf uns zu. Mich befand er nur eines flüchtigen Blicks für würdig.
    »Du lebst.«
    »Ja«, bestätigte Schnee.
    »Verdient hast du’s nicht.«
    In der Stimme des Soldaten lag Verachtung. Er erinnerte mich ein wenig an Danilow, sowohl äußerlich – die kräftige Statur, das kurze Haar, die extrem gleichmäßigen Gesichtszüge – als auch von seinem Auftreten her. Selbstsicher, autoritär … eben genau wie der Oberst vor all unseren Abenteuern.
    »Wer bist du?«
    Diese Frage galt mir.
    »Pjotr. Ich bin noch nicht lange hier.«
    »Mir klar, dass du noch nicht lange hier bist …«
    Der Mann warf einen Blick zur Seite – und ich begriff, dass er das Tor hervorragend sah. Und keinerlei weitere Erklärungen brauchte.
    »Steig ins Schiff.«
    Ich gehorchte. Aus der Nähe wirkte das Ding wie aus Papier zusammengeklebt. Mein Gewicht verkraftete es trotzdem problemlos, ja, es schwankte nicht einmal. Armaturen oder Triebwerke entdeckte ich genauso wenig wie Sitze. Ich baute mich an »Deck« auf und beobachtete das Geschehen.
    Schnee musste Rede und Antwort stehen.
    »Du hast dich aus der Zone, in der du Patrouille fliegen solltest, entfernt«, stauchte ihn der Neuankömmling zusammen. »Was hast du dir dabei gedacht? Du hast den Konvoi verlassen! Du hast dein Schiff verloren!«
    »Ich habe einen von denen abgeschossen, Hauptmann.«
    »Das rechtfertigt dich nicht! Wenn du danach heil zurückgekommen wärst …«
    Der Mann drehte sich um und kam zum Schiff. Schnee blieb wie angewurzelt stehen.
    »Ich sollte ihn hierlassen, diesen gottverdammten Kerl, damit er sich zu Fuß durchschlägt …«, sagte der Hauptmann versonnen. »Was meinst du dazu?«
    »Ich glaube, das würde nichts nützen«, antwortete ich rasch.
    Der Hauptmann warf einen Blick über die Schulter zurück zu Schnee. »Und was sagst du dazu?«
    »Sie können’s ja mal versuchen«, schlug Schnee in einem Ton vor, in dem eine für mich nicht nachvollziehbare Drohung lag. »Das Recht dazu haben Sie …«
    Einen Moment zögerte der Offizier. Auf seinem Gesicht spiegelten sich klar alle Gefühle wider, und ich war mir schon fast sicher, dass Schnee sich zu Fuß durch den Dschungel würde durchschlagen müssen.
    »Ins Schiff mit dir! Du kannst von Glück sagen, dass der Alarm abgeblasen wurde …«
    Schnee entspannte sich merklich. Und man musste ihm das nicht zweimal sagen. Sobald wir alle drei in dem fragilen Kahn waren, setzte sich dieser in Bewegung. Nicht tiefer in den Sumpf hinein, sondern am Ufer entlang. Obwohl die Beschleunigung eindeutig zu spüren war, ließ sich kaum eine Luftbewegung wahrnehmen. Bestimmt hatte das Schiff ein Kraftfeld generiert, das uns gegen den Wind abschirmte.
    »Du scheinst mir der Verantwortungsvollere von euch beiden zu sein«, wandte sich der Hauptmann an mich. »Du bist also Pjotr?«
    »Ja.« Ich überließ es ihm, zu entscheiden, welche Frage ich damit beantwortete.
    »Ich kannte mal einen Pjotr. Oder hieß der doch anders?« Der Hauptmann dachte kurz nach. »Ein Albino, ein großer Mann mit roten Augen … Er sah leicht dämonisch aus, aber als Pilot war er einfach … Sind unter deinen Verwandten solche

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