Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Typen?«
    »Nein.«
    Der Hauptmann nickte. Er spähte zum Ufer, woraufhin das Schiff rasant abdrehte und nun auf den Dschungel zuhielt. Die Bäume wuchsen hier direkt hinterm Sumpf, und überall wucherten die fahlen Wurzeln, zwischen denen etwas Winziges, etwas Lebendiges herumhuschte.
    »Die vermehren sich wie die Karnickel! Gegen die ist einfach kein Kraut gewachsen«, klagte der Hauptmann. »He, Pjotr, du trägst dein Herz nicht gerade auf der Zunge.«
    Ich zuckte mit den Achseln. Für die nächsten paar Tage war ich durchaus bereit, stumm zu werden – Hauptsache, ich erweckte keinen Verdacht.
    »Er sagt, er fliegt gern«, mischte sich Schnee ins Gespräch. »Ich nehme ihn unter meiner Fittiche, Hauptmann.«
    »Verdirb mir den Jungen nicht«, verlangte der Hauptmann in scharfem Ton. »Ein Draufgänger reicht mir völlig.«
    Ihre Beziehung irritierte mich. Anscheinend hatte Schnee einen niedrigeren Rang und hätte sich eigentlich unterordnen müssen.
    Er ließ jedoch nicht die geringsten Anzeichen von Unterwürfigkeit erkennen.
    »Womit bist du geflogen?«
    Auf eine Lüge wollte ich lieber verzichten. »Mit der Suchoi und der Spiral.«
    »Kenn ich nicht.« Der Hauptmann runzelte die Stirn. »Wir haben nur Deltas. Du wirst umlernen müssen.«
    Auch das war seltsam: Niemanden befremdete mein Wunsch, mich hinter den Steuerknüppel zu setzen und mich in den Kampf zu stürzen. Sie glaubten nicht einmal, dass ich damit nur ihre Befehle befolgte … nein, irgendwie hegten sie nicht die geringsten Zweifel daran, was hinter meinem Wunsch steckte.
    Mit einem Mal flog das Schiff über fast klares Wasser hinweg. Der Schlamm, Dreck und der feuchte Grasteppich blieben hinter uns, vor uns erstreckte sich eine kleine Bucht, in die ein Fluss mündete. Das blaue Band schlängelte sich durch den Dschungel, offensichtlich zu den Bergen hin.
    »Halten Sie an, Hauptmann, damit wir uns waschen können«, verlangte Schnee.
    »Darauf werdet ihr verzichten müssen! Du mit Sicherheit!«
    Das Schiff folgte im raschen Tempo dem Fluss. Wir mussten mindestens hundert Stundenkilometer draufhaben, zu beiden Seiten schoss das Ufer nur so ans vorbei. Selbst der durch das Kraftfeld eingedämmte Wind brannte nun in den Augen.
    »In zwei Stunden sind wir da«, teilte uns der Hauptmann mit. »Ihr könnt euch entspannen.«
    Schnee, der es sich ohnehin schon am Boden des Schiffs gemütlich gemacht hatte, forderte mich mit einem Nicken auf, mich ebenfalls zu setzen. Das tat ich.
    »Du gefällst mir, Junge«, bemerkte der Hauptmann, ohne sich zu uns umzudrehen. »Und dir schwirren jede Menge Fragen durch den Kopf, was?«
    »Ja«, gab ich zu.
    »Du weißt, wo du gelandet bist?«
    »Nein.«
    »Wie üblich.«
    Er sah mich an – und lächelte.
    »Galis. So heiße ich. Hauptmann Galis, zeitweiliger Kommandant des 13. Stützpunkts.«
    Das war offensichtlich das offizielle Begrüßungsritual.
    »Pjotr. So heiße ich. Ehemaliger Pilot.«
    »Flüge in der Atmosphäre? Im Raum?«
    »Erst in der Atmosphäre, später im Raum.«
    Galis blickte immer zufriedener drein.
    »Warum ehemaliger? Versteh das nicht falsch, es ist nicht die Neugier, die mich …«
    »Ich glaube, man hat mich inzwischen entlassen.«
    »Weshalb?«
    »Wegen Befehlsverweigerung.«
    Schnee lachte fröhlich.
    »Und welchen Befehl hast du verweigert?«
    Das wuchs sich ja zu einem regelrechten Verhör aus. Ich versuchte, die Antwort möglichst vage zu formulieren.
    »Ich habe entgegen meinem Befehl einen Flug unternommen, den ich für notwendig und richtig hielt.«
    »Und wie ist es ausgegangen? Wer hatte recht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ach ja, nicht umsonst heißt es, die Tore würden selten Leute zusammenführen, aber wenn doch, dann die richtigen«, bemerkte der Hauptmann kopfschüttelnd.
    Schnee klopfte mir auf die Schulter. »Das ist wirklich Schicksal«, versicherte er mir freundlich. »Wir werden in derselben Mannschaft sein …«
    Galis hockte sich vor uns hin. »Aber desertiert bist du hoffentlich nicht?«, erkundigte er sich mit einem Seufzer.
    »Die Entscheidung darüber liegt nicht bei mir. Wieso? Hat das irgendeine Bedeutung?«, fragte ich trotzig zurück.
    »Eigentlich nicht. Jetzt bist du hier …« Galis verengte die Augen zu Schlitzen, worauf die Luft zwischen uns anfing zu flimmern und sich zu einem Bild formte, einem Globus, der leicht schimmerte, als sei er aus trübem Glas. »Das ist unsere Welt.«
    Ich verstand alles. Und ich wunderte mich über nichts. Nicht darüber, wie er

Weitere Kostenlose Bücher