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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Hyxoiden gebracht. Mist. Diese Kultur war unserer einfach viel zu nah!
    Mit jedem Schritt wurde mir unbehaglicher. Und zwar nicht, weil mir die Ausstattung völlig fremd gewesen wäre – sondern weil gerade das Gegenteil der Fall war. Hier gab es nichts Außergewöhnliches. Von dem Kraftfeld vor dem leeren Posten vielleicht einmal abgesehen … Allerdings hätte mich eine solche Barriere nach den Paralysatoren, die sich die Schlauköpfe vom FSB hatten einfallen lassen, auch im Sternenstädtchen nicht sonderlich überrascht.
    Die Kulturen ähnelten sich?
    Das war noch milde ausgedrückt!
    Da waren ja die Unterschiede zum Alltag der Geometer noch größer gewesen. Dabei war der Schatten eine Zivilisation, die Hunderte von Planeten mit einem Netz aus Hyperraumtoren verband. Eine Zivilisation, die die kleinen, aber bissigen Geometer völlig nebenbei in die Flucht geschlagen hatte. Denn hätte es zwischen ihnen und den Geometern einen ernsten Konflikt gegeben, hätten sie mich nicht derart unbekümmert und sorglos aufgenommen.
    Da war ich also auf ihrem Planeten. In einer Welt, in der sich Papierschiffchen mit der Geschwindigkeit von Rennwagen bewegten. Auf einem Planeten, auf dem die Hälfte der Bevölkerung die Natur an sich anpasst, während die andere Hälfte sich an die Natur anpasst. Nicht einmal mehr Neugier weckte hier das Auftreten eines Fremden. Und besagter Fremder lernte die hiesige Sprache, ohne es selbst auch nur zu merken.
    Und nichts – absolut nichts – sprang ins Auge. Wände, Fenster, Türen. Übrigens Türen mit Angeln. Und die quietschten.
    Im ersten Stock gab es eine weitere Halle. Auch sie bot die genormte Gemütlichkeit mit Sesseln, kleinen Tischen und einem ausgeschalteten Bildschirm. Ich blieb stehen und wartete.
    »Kommt dir nicht alles bekannt vor?«, fragte Schnee.
    »Ja. Fast alles. Darauf … hatte ich gar nicht zu hoffen gewagt.«
    »Ich mag’s auch lieber, wenn’s immer gleich aussieht«, teilte Schnee mir mit.
    Anscheinend unterhielten wir uns, ohne uns zu verstehen. Etwas in ihrem Leben führte dazu, dass mein Auftauchen nicht nur ein alltägliches Vorkommnis war, sondern nahezu geplant wirkte. Und dass ich auf ihrer Seite kämpfen und mit der fremden Technik zurechtkommen würde, schien von vornherein außer Frage zu stehen.
    »Ich gebe dir Laids Zimmer«, sagte Schnee.
    »Hat er denn nichts dagegen?«
    »Nicht mehr. Er ist vor zwei Tagen über feindlichem Gebiet abgeschossen worden. Von den Satelliten aus wurde das Feuer gesichtet … Er ist zusammen mit seinem Schiff verbrannt, er ist nicht mehr rausgekommen. Nach einer solchen Sache kommst du nicht zurück.«
    Schnee sprach in beiläufigem, gelangweiltem Ton. »Ach ja, da hatte man Laid halt abgeschossen und er war verbrannt!«
    Ich sah ihn mit der schwachen Hoffnung an, es handle sich lediglich um eine Form von schwarzem Humor. Aber nein, damit macht man keine Scherze. Schnee meinte es völlig ernst.
    »Wenn du in feindlichem Gebiet geschnappt wirst, ist es besser, du machst Schluss«, riet er mir. »Die Grünen machen sowieso keine Gefangenen.«
    »Und ihr?«
    »Wir schon.« Schnee lächelte. Allerdings gefiel mir dieses Lächeln nicht. »Wir gehen später im Gefängnis vorbei. Da sitzt eine von diesen Kröten. Ein Anblick, der sich lohnt. Außerdem muss man den Feind von Angesicht zu Angesicht kennen.«
    Es war, als hätte ich es mit zwei verschiedenen Menschen zu tun. Der eine stritt sich mit dem Kommandanten und führte sich wie ein großspuriger Boy-Scout in einem Geländespiel auf. Der andere war kalt und blutdürstig.
    »Lass uns jetzt erst mal dein Zimmer anschauen.«
    Die Tür zu dem Zimmer, in dem früher der mir unbekannte Laid gelebt hatte, stand halb offen. Zeremonien mit fremden Räumlichkeiten, wie sie bei den Geometern üblich waren, gab es hier nicht. Schnee trat als Erster ein und sah sich um, als wohne er hier.
    »Seine Sachen kannst du rausschmeißen. Oder behalten, wenn sie dir gefallen.«
    Ich sah mich wortlos in dem mir zugewiesenen Raum um. Was für ein Chaos. Auch hier war die Einrichtung völlig normal, die Wände von neutralem Hellgrau, an der Decke Standardlampen, Holzschränke, zwei Sessel, ein breites Bett, das mich unwillkürlich an Champagner, Frauen und billige deutsche Pornofilme denken ließ. Vielleicht wegen der Photographien an den Wänden, halb nackte Schönheiten, meist rotblond. Unter ihnen befand sich auch ein Mann, in einem schneeweißen Anzug, der seine gewaltigen Muskeln jedoch nicht

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