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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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unverkennbarer Verachtung.
    Wir sind aber stolz!
    »Das Einführungsmaterial ist zusammengestellt.«
    »Dann los!«
    Im Zimmer wurde es dunkel. Jäh wurde mir klar, dass das Bild aus dem Apparat herausfloss und sich im ganzen Raum ausbreitete.
    »Es folgt ein Bildungsprogramm«, informierte mich der Schirm.
    Ich fand mich mitten im Kosmos wider. Allerdings nicht in dem, den ich kannte, den ich aus den Fenstern meines Schiffs sah. Sondern mitten im Kosmos vom Kern, in jenem Sternenreichen Wahnsinn, inmitten jener pulsierenden Lichter. Die Scheibe des Planeten lag unter mir, weshalb ich automatisch die Beine hochzog. Der Sessel war das letzte noch real wahrnehmbare Stück.
    »Die Entdeckung des Planeten. Eine Rekonstruktion.«
    Der Planet bewegte sich. Inzwischen befand ich mich in der Atmosphäre, stürmte über seine Oberfläche. Die Landschaft kannte ich nur zu gut – sumpfige Meere und Dschungel.
    »Die erste Kolonisation. Vor zehntausenddreihundertundsechs Jahren.«
    Ich schluckte einen Kloß hinunter.
    Wie bitte?!
    Fünftausend Jahre vor der Entstehung der Stadtstaaten in Mesopotamien, vor dem Alten Reich in Ägypten?
    Da sollte die Zivilisation des Schattens bereits bestanden und das Universum bevölkert haben?
    »Ein Kolonisationsschiff der Ur-Erde. Eine Rekonstruktion.«
    Das sollten die Starken Rassen einmal sehen …
    Im tiefsten Dschungel stand in einem Kreis aus verbrannter Erde ein riesiger Metallkörper, der bestimmt vierhundert Meter hoch war. Und ein solches Monstrum hatte auf diesem Planeten landen können?
    »Die erste Stadt. Archivaufzeichnungen der Ur-Erde.«
    Das würde meinem Großvater gefallen. Häuser, Straßen und Felder. Maschinen – übrigens mit Rädern – fuhren herum. In der Ferne schimmerte der halb zerstörte – oder genauer gesagt: der halb auseinandergenommene – kegelförmige Rumpf des Schiffs. Ja, genauso musste es gewesen sein. Als ich als kleiner Junge mit meinem Großvater die möglichen Varianten zur Kolonisation durchgegangen war, schien uns diese am überzeugendsten. Das Schiff musste der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Industrie gewesen sein. Es lieferte Metall, das bereits zur Weiterverarbeitung aufbereitet war, Mechanismen, die vielfältig eingesetzt werden konnten, und Triebwerke, um den Dschungel abzubrennen. Es konnte als Gewächshaus für die Aussaat dienen, die Kajüten als provisorische Unterkünfte genutzt werden.
    »Die erste Stadt. Ausgrabungen.«
    O nein, das sollte mein Großvater besser nicht sehen. Verrostetes Metall, die Umrisse von Mauern, die im verwitterten Stein kaum noch zu erkennen waren, ein Denkmal – das jedoch ganz hervorragend erhalten geblieben war. Es stellte einen Mann mit siegesgewissem Gesichtsausdruck und einer imponierenden Waffe in der Hand sowie eine sich an ihn schmiegende Frau – der Inbegriff von Zärtlichkeit und Liebe – mit einem neugierig nach vorn schauenden Kind auf dem Arm dar. Ein solides Denkmal. Gutes Metall. Ich hatte nicht die geringste Idee, wie es diese zehntausend Jahre hatte überstehen können.
    »Die erste Stadt, dreihundert Jahre nach dem Beginn der Kolonisation. Eine Rekonstruktion.«
    Winzige, gotterbärmliche Hütten. Ein paar Steinbauten mit Dächern aus Metall. An mir ging ein Mann im Harnisch und mit einer Lanze in der Hand vorbei. Eine Frau, geradezu eine Karikatur jener, die das Denkmal verewigt hatte, verbeugte sich tief vor einem Wachtposten. Anstelle des Schiffs erhob sich nun eine aus Erde aufgeschüttete Pyramide, ein von Menschenhand angelegter Berg, über dessen Hang Punkte krochen. Auf dem Gipfel stand ein mit Metall verkleideter Tempel. Die Darstellung bewegte sich, ich schoss auf den Tempel zu. Ein Mann in prachtvoller Kleidung stand mit erhobener Waffe – die kannte ich inzwischen – da. Vor ihm hatten sich Pilger zu Boden geworfen.
    »Die erste Stadt. Tausend Jahre nach dem Beginn der Kolonisation. Eine Szene aus dem Spielfilm Die Verdammten.«
    Dschungel. Nichts als Dschungel. Die Umrisse des Berges ließen sich erahnen, aber nichts an ihm verriet noch seinen künstlichen Ursprung. Vor mir stand ein Mann, ein dreckiger, behaarter, nackter Mann mit einer groben Keule in der Hand. Es hätte gar keiner Ankündigung gebraucht, dass es sich hier um eine Spielfilmszene handelte. Alles wirkte fürchterlich übertrieben, ganz in den schlechtesten Traditionen Hollywoods. Die Büsche wogten und teilten sich. Ein Tier tauchte auf. Nicht sonderlich furchteinflößend, von der Größe und dem

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