Sternenschatten
Aussehen her mit einem Puma zu vergleichen. Ich glaube, der Mann sah das genauso, denn er fuchtelte mit der Keule und stieß einen drohenden Schrei aus. Doch plötzlich sprang ihn von hinten ein zweites Tier an. Der Schrei riss ab, Blut spritzte.
»Ende der ersten Kolonisation.«
Sollte mein Großvater doch recht gehabt haben? War eine Kolonisation in dieser Form – nur mit einzelnen Schiffen, ohne enge Verbindung zur Metropole – zum Scheitern verurteilt? Oder präsentierte man mir lediglich die Bilder, mit denen ich rechnete und die ich akzeptierte?
»Die zweite Kolonisation. Vor viertausend Jahren. Eine Rekonstruktion und Aufzeichnungen aus den Militärarchiven.«
Vielleicht war die Landschaft noch immer dieselbe. Nur war sie nicht mehr wiederzuerkennen. Bis zum Horizont erstreckte sich eine glasig funkelnde Oberfläche, aus der die Spitzen von Metallkuppeln herausragten.
»Eine Militärbasis des Zweiten Imperiums. Eine Rekonstruktion. Archivaufzeichnungen von geringerer Zuverlässigkeit.«
Oho!
Der Himmel stand in Flammen. Der Himmel loderte. Über der Ebene glühten Kraftfelder. Wie aus dem Nichts tauchten die sich entschlossen vorwärtsbewegenden Silhouetten von Schiffen auf.
So musste eine Schlacht aussehen! Die ersten Pharaonen und König Hammurabi erklärten ihren Untergebenen, niemand anderes als sie herrsche über das Universum. Sie fuhren auf Streitwagen, überließen sich der Liebe und der Völlerei, beteten überstürzt und stumpfsinnig zu ihren zahllosen Göttern.
Die echten Götter jedoch fochten unterdessen ihre kleinen Sternenkriege aus.
»Die Militärbasis der Entwicklungsunion. Vor viertausend Jahren. Eine Rekonstruktion. Archivaufzeichnungen sind nicht zugänglich.«
Das wurde ja immer interessanter!
Äußerlich hatte sich nichts verändert. Die Ebene. Glas, Metall, Stein. Schiffe und Feuer.
Es folgte die Geschichte des Kriegs zwischen dem Zweiten Imperium und der Entwicklungsunion am Beispiel eines einzelnen Planeten. Anscheinend fiel er alle fünfzig oder hundert Jahren in neue Hände, wobei sich aber im Grunde nicht viel änderte. Es gab eine kurze Spielfilmszene, die jedoch hauptsächlich von der Liebe eines Offiziers der Spionageabwehr des Imperiums zu einem jungen Agenten der Entwicklungsunion handelte. Ja, richtig, von ihrer Liebe. Von der ganz normalen Liebe – denn der Offizier war eine Frau. Schon älter und, ehrlich gesagt, eine ziemliche Schreckschraube, dabei aber höchst charmant. Der fünfminütige Clip fesselte mich regelrecht, und ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich den Film gern zu Ende sehen würde.
Die dritte Kolonisation erfolgte vor zweitausend Jahren. Ihr Ergebnis hatte ich inzwischen kennengelernt …
»Die dritte Kolonisation. Vor zweitausend Jahren. Eine Rekonstruktion und Archivaufzeichnungen.«
Schiffe wurden diesmal nicht gezeigt, sondern ausschließlich Städte, obendrein schon ziemlich viele. Die Natur befand sich in einem Prozess der Veränderung, man konnte förmlich zusehen, wie der Dschungel verdorrte und recht freundlichen Wäldern wich. Die schlammigen Meere wurden sauber, die ersten Schiffe und Jachten befuhren sie. Diese Prozesse faszinierten mich, ob ich wollte oder nicht. Der Planet verwandelte sich nicht einfach im Handumdrehen in einen freundlichen Ort – sondern in das reinste Paradies. Und deswegen zettelte man einen Krieg an? Sie mussten den Verstand verloren haben, diese grünärschigen Ökos!
»Eintritt in den Schatten. Vor eintausendfünfhundert Jahren. Archivaufzeichnungen.«
Ich erschauderte.
Es schien alles unverändert. Ich kriegte genau dieselbe Landschaft vorgeführt … nein, halt!
Die Tore!
Ich spürte sie wie eine Kompassnadel den Magnetpol. Jene »Bereiche, die Energie absorbieren«, von denen das Schiff der Geometer gesprochen hatte. Die Flecken waren über den ganzen Planeten verstreut.
Ansonsten war jedoch alles gleich geblieben.
»Vor eintausendzweihundertundsechs Jahren. Entstehung der grünen Bewegung. Eine Rekonstruktion, Archivaufzeichnungen und Spielfilmszenen.«
Auf den Schatten wurde nicht mehr eingegangen. Als ob es völlig ausreichte, ihn zu erwähnen und nur ein ausgemachter Idiot danach noch Fragen haben könnte. Begriffsstutzig glotzte ich auf die auftretenden Ökologen, hörte mir ihr Lamento zum Tod der »ursprünglichen endemischen Umwelt« an, verfolgte die Experimente zur Schaffung von Naturschutzgebieten für Reliktenformen. Ihnen folgten Experimente zur Anpassung des menschlichen
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