Sternenschatten
sehen, was passiert, wenn ich mich der Sache auf einem Umweg nähere …
»Einführungskurs zu anderen Planeten des Schattens!«
»Darüber liegen keine Informationen vor.«
»Hast du denn nur Informationen zu diesem Planeten?«
»Ja.«
Hervorragend. Alle Informationen über die Welt jenseits dieses Planeten waren nur indirekt. Damit schottete sich dieser Planet nicht nur ab, sondern legte eine Gleichgültigkeit an den Tag, die … Aber Schnee stammte doch von einem anderen Planeten! Von diesen … Regenbogen-Brücken … Also musste es doch eine Verbindung zur Außenwelt geben! Wie konnte man da auf jegliche Informationen über sie verzichten?!
Das warf mich um. Wenigstens elementare Neugier musste es doch geben! Wie leben unsere Artgenossen im Sternenimperium? Selbst wenn sie nicht auf Handel angewiesen waren, auf den Austausch von Wissen – aber sie mussten doch neugierig sein!
»Was ist der Schatten?«, fragte ich leise.
»Ein gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Verband, der die Grundlage der modernen Zivilisation bildet.«
Das war immerhin etwas. Mit dieser Definition dürfte ich doch weiterkommen. Feudalismus, Kapitalismus, Kommunismus und Technokratie. Der Schatten.
»Wann ist der Schatten entstanden?«
»Vor etwa eintausendfünfhundert Jahren.«
»Wodurch unterscheidet sich der Schatten von früheren Zivilisationsformen?«
»Der Schatten garantiert uneingeschränkte Freiheit und das Glück jeder einzelnen Persönlichkeit. Der Schatten bietet unbegrenzte Möglichkeiten zur Entwicklung und Vervollkommnung jedes Individuums.«
Aber sicher. Da brauchte man ja nur mal an die vor Hunger und Durst sterbende grünhäutige Frau in ihrer komfortablen Gefängniszelle zu denken. Oder an den Krieg, der sich schon tausend Jahre hinzog!
Ich stellte noch ein paar Fragen, aber entweder formulierte ich sie nicht gut oder dem Informationssystem standen tatsächlich keine konkreten Antworten zur Verfügung. Blieb zu hoffen, dass die Bücher, die mir Schnee versprochen hatte, mehr hergaben. Eine schwache Hoffnung, zugegeben. Wenn mir das Informationsnetz schon keine Antwort geben konnte, was versprach ich mir dann von Büchern?
Was befremdete mich sonst noch an der Geschichte des Planeten, so wie sie mir gerade präsentiert worden war?
Nun, vor allem der seltsame Verlauf der Entwicklung. Während die Anfangsphase ganz den Vorstellungen der Menschen von einer stellaren Expansion entsprach, geschah im Folgenden etwas Unbegreifliches. Gut, in der Periode der Sternenkriege konnte die Wissenschaft durchaus gebremst worden sein. Der ständige Abzug von Ressourcen, die massenhafte Vernichtung der Bevölkerung, Perioden des Niedergangs der Zivilisation … All das war zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Aber was dann kam! Vor zweitausend Jahren war der Planet erschlossen gewesen, auf ihm hatte sich eine lebensfähige Gesellschaft herausgebildet. Dann war er in den Schatten eingetreten – und alle Entwicklungswege schienen gekappt. Der heutige Krieg wurde auf einem technischen Niveau geführt, das dem bei uns auf der Erde entsprach. Auch der Alltag ließ sich mit unserem vergleichen. Die Bevölkerung war nicht mehr gewachsen. Wie viele Kilometer Dschungel hatten wir passiert – wilden, verlassenen Dschungel, den bis auf ein paar Tiere niemand brauchte? Die kleine Stadt in der Nähe des Stützpunkts wirkte wie eine völlig normale Provinzstadt ohne jedes Hochhaus. Ob in dieser Stadt auch alle Energie für diese längst überholten Auseinandersetzungen mit den Grünen, Sportwettkämpfe und das Musizieren draufging?
Das konnte ich einfach nicht glauben! Gut, einem Teil der Bewohner mochte ein solches Leben gefallen. Wer auf einen Kick aus war wie Schnee, kam hier bestimmt auf seine Kosten. Aber es gab doch auch noch andere. Kinder wuchsen heran, die von interstellaren Flügen träumten – schließlich träumt jedes Kind irgendwann von den Sternen. Unter all den Laienkünstlern musste irgendwann eine Stimme von wahrer Kraft und Schönheit auftauchen, auch wenn sie ebenso fehl am Platze wäre wie eine Perle im Scheißhaufen. Den Wissenschaftlern hier musste es doch irgendwann reichen, pausenlos neue Waffen und Mittel zur biologischen Kriegsführung zu entwickeln.
Diese Welt hätte in ihre Bestandteile zerfallen müssen, und zwar innerhalb von zehn Jahren. Stattdessen hielt sie sich nun schon ein ganzes Jahrtausend!
Vor meinem inneren Auge sah ich klar und deutlich meinen Großvater. So, wie er
Weitere Kostenlose Bücher