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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Was interessiert dich denn? Wirtschaftsberichte, politische Kommentare oder eine historische Show?«
    »Alles.« Ich zögerte. »Schnee, ich weiß einfach nicht, wie ich mit dem Bildschirm umgehen muss!«
    »Aah …« Er nickte. »Entschuldige. Ich bin ein Idiot, bei uns auf den Regenbogen-Brücken gab es nämlich auch ein System der stimmlosen Bedienung. Also, wie willst du den Apparat bedienen? Mit der Stimme? Oder mit einem manuellen Interface?«
    »Mit der Stimme.«
    »Gib mal einen Befehl!«
    »Hast du es etwa schon eingerichtet?«
    Unwillkürlich trat ich näher an den Bildschirm heran. Im Stadion rannten die Leute immer noch umher. Aber jetzt konnte ich bereits drei Ströme in der Menge unterscheiden, drei Mannschaften, die aus ihren Körpern Figuren formten und gleichzeitig versuchten, den Gegner daran zu hindern, ihnen den Raum streitig zu machen.
    »Politische Kommentare«, bat ich.
    Der Fernseher gehorchte mir. Es baute sich das Bild von einem Saal auf, in dessen Mitte um einen Tisch eine Gruppe von Menschen saß. Unter ihnen auch …
    »Hab ich’s mir doch gedacht!«, rief Schnee aus. »Vergrößere den Grünen!«
    »Den Grünen vergrößern!«, wiederholte ich gehorsam. Das Bild wackelte, als mache sich der Kameramann hastig daran, meinen Befehl zu befolgen.
    Das Gesicht des Mannes war in der Tat grün. Ein zartes Salatgrün, nicht unangenehm, trotzdem ließ es an einen Ertrunkenen denken. Eine platte Nase, ein extrem kleiner Mund, dazu aber riesige Augen. Kurze und sehr feine Haare, fast wie das Fell eines kleinen Tiers. Der Grüne saß nicht wie die anderen in einem Sessel, sondern auf einem hohen Holzhocker, was gar nicht zu der streng gehaltenen, offiziellen Szenerie passte.
    Der Grüne stieß eine Reihe von Quieklauten aus.
    »Diese miesen Kröten! Selbst bei Verhandlungen weigern sie sich, wie Menschen zu sprechen«, ereiferte sich Schnee.
    Unverzüglich folgte die Übersetzung: »Der nicht-bevollmächtigte Vertreter ist betrübt und empört über die neuerlichen Verletzungen des Waffenstillstands. Der Angriff auf einen friedlichen Konvoi kappt die Wurzeln des Vertrauen zwischen unseren Rassen …«
    »Zwischen den Rassen?«, hakte ich nach.
    »Hmm, sie halten sich selbst nicht für Menschen«, bemerkte Schnee beiläufig. »Aber hör lieber zu! Die reden von mir!«
    Er strahlte vor Begeisterung.
    »Die Opfer innerhalb der Zivilbevölkerung …«
    »Diesen friedlichen Konvoi hättest du mal sehen sollen!« Jetzt geriet Schnee ziemlich in Wut. »Zehn Panzer, die direkt an der Frontlinie am Meer ihre Saat ausstreuten! Denen reicht es einfach noch nicht, dass schon alles zugeschlammt ist! Schalte diese Missgeburten ab!«
    Ich gehorchte widerwillig, und der Bildschirm schaltete sich aus.
    »Wenn ich diese Kröte jetzt zwischen die Finger kriegen würde! Gehen wir, Pjotr! Ich will dir was zeigen!«
    In Schnees Schlepptau verließ ich die Kaserne. Wir gingen über den Platz, der noch immer menschenleer und still dalag. Schnees exquisite Schimpftiraden dürften im ganzen Stützpunkt zu hören gewesen sein.
    »Nun sag mal selbst, sind das nicht Mistkerle?«
    Mir behagte das nicht. Über das Theater nachzudenken, das meinetwegen, wegen eines unbekannten Außerirdischen, inszeniert worden war, hatte mir ja durchaus gefallen. Aber selbst darin eine Rolle zu spielen …
    »Hier lang!«
    Wir kamen zu einem einzeln stehenden Gebäude und stiegen die Treppe runter in den Keller. Es gab ein paar Türen, vor denen wir jeweils ganz kurz stockten, was mir klarmachte, dass Schnee sie mit einem mentalen Befehl öffnete.
    »Jetzt kriegst du echt was zu sehen«, kündigte Schnee mir finster an.
    Hinter der letzten Tür lag ein Zimmer, in dessen Mitte ein funkelndes Kraftfeld verlief. Ein sehr gemütliches Zimmer. Obwohl ich geahnt hatte, wohin Schnee mich brachte, hätte ich nicht mit einem derart prachtvollen Gefängnis gerechnet. Natürlich handelte es sich bei den Fenstern nicht um solche, sondern um Bildschirme, die sich jedoch nicht von normalen Fenstern unterscheiden ließen. Die Möbel, der Teppich auf dem Fußboden und eine Tür, hinter der das Bad liegen dürfte. Auf dem Tisch ein Tablett mit Essen.
    In der Mitte des Zimmers stand reglos eine Frau. Absolut nackt. Mit hellgrüner Haut. Sie war mager, alle Rippen zu sehen. Ihre Haltung hatte etwas Angespanntes, wie bei einem Menschen, der sich ekelt, weil er bis zu den Knien in Scheiße steht.
    »Darf ich dir eine Pilotin der Grünen vorstellen, Pjotr? Die

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