Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
früher gewesen war. In seinem Menschenkörper. Mein Großvater hätte nur ironisch gekichert, denn er hätte eine Antwort gewusst. Er hatte bereits auf dem Planeten ohne Sonne alles begriffen. Doch obwohl die Antwort ihm nicht gefallen hatte, wollte er unbedingt durch das Tor gehen.
    Ich stand auf und ging zum Fenster. Ich versuchte, meine Augen zu entspannen, gleichgültig, und ohne etwas zu fixieren, in die Gegend zu schauen. Es funktionierte, fast auf Anhieb machte ich die Tore aus. Eins befand sich direkt hinter dem Zaun des Stützpunkts, ein zweites weiter weg, nahe der Stadt.
    Aber warum funktionierte das Transportsystem nicht mehr? Es hatte mich anstandslos auf diesen Planeten gebracht … Warum eigentlich ausgerechnet hierher? Und wohin hatte es die anderen verschlagen? Zu den Grünen? Zu einem anderen Stützpunkt? Oder auf einen anderen Planeten?
    Auf keine dieser Fragen hatte mir der Film eine Antwort gegeben. Mit ihnen würde ich mich an lebende Menschen wenden müssen. Selbst wenn ich es damit riskierte, wie jemand dazustehen, der fragte, warum wir eigentlich atmen und mit welcher Körperöffnung man Nahrung aufnehmen soll. Trotzdem musste ich danach fragen.
    »Pjotr.«
    In der Tür stand Galis.
    »Hast du dich schon eingelebt?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Du hast dir die Gefangene angesehen«, konstatierte der Hauptmann. »Was denkst du jetzt? Dass wir grausame Sadisten sind?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich ehrlich. »Euer Krieg …«
    »Jetzt ist es auch deiner.«
    Ich schwieg.
    »Es stimmt, wir setzen Gefangene den … für sie … unangenehmsten Bedingungen aus.« Galis seufzte und fing an, durchs Zimmer zu tigern. Er linste zum eingeschalteten Fernseher hinüber. »Du hast dich mit Geschichte beschäftigt … tüchtig … Pass auf, Pjotr, mir gefällt es auch nicht, dass diese unglückselige Idiotin verhungert, wenn das Essen direkt neben ihr steht. Dass sie auf Zehenspitzen dasteht, weil sie Angst hat, einen absolut harmlosen Teppich zu berühren. Aber was sollen wir denn machen? Kannst du mir das mal verraten? Dank dem Schatten haben wir uns ein für alle Mal von der Logik übereilter Schritte befreit. Wir haben diese verlockende Möglichkeit verloren … auch wenn ich mir noch so sehr wünschen würde … du ahnst gar nicht, wie sehr …«
    Er biss sich auf die Lippe.
    »Was meinst du denn, warum ich nicht fliege? Ich würde das einfach nicht aushalten. Ich würde mich nicht auf Patrouillenflüge beschränken. Ich würde ihren ganzen Kontinent in Schutt und Asche legen.«
    Galis sprach in vollem Ernst. Und ich glaubte ihm sofort, dass seine Vision nicht aus der Luft gegriffen war.
    Ein einziger Pilot, in einem einzigen Flugzeug … könnte tatsächlich einen ganzen Kontinent niederbrennen. Mir wurde unbehaglich zumute. Gleichzeitig wuchs meine Sympathie für Galis.
    »Und sie wissen das …«, sagte Galis gedankenversunken. »Es ist natürlich beschämend, dass sich all die Verrückten hier bei uns versammeln. Aber was soll man machen? Hier ist mein Zuhause. Und es gefällt mir hier. Ich bin nicht Schnee … Er hat mit Sicherheit keine Wurzeln und wird sie auch nie mehr irgendwo schlagen. Er kämpft, isst und stolziert mit hocherhobenem Kopf an den hingerissenen Frauen vorbei …«
    »Das Gleiche hat er von Laid gesagt«, verpfiff ich Schnee zu meiner eigenen Überraschung.
    »Laid war ein ganz und gar klinischer Fall«, gab Galis offen zu. »Ich habe gleich gewusst, dass er es nicht lange bei uns aushalten würde. Wir sind viel zu harmlos für seinen Geschmack. Bei seiner Delta habe ich vor dem Start die schweren Geschütze blockiert.«
    Galis setzte sich in den Sessel und sah mich forschend an. Er wirkte etwas verlegen.
    »Und was haben Sie nun vor?«, fragte ich rasch.
    »Durchhalten«, antwortete Galis so beiläufig, als habe er genau diese Frage erwartet. »Früher oder später werden die Grünen aufgeben. Sie werden begreifen, dass sich ihr Traum hier nicht verwirklichen lässt. Und die Hälfte der Welt ist ihnen nicht genug. Von mir aus sollen sie ruhig weiterziehen und ihr Glück woanders suchen. Es gibt ja schließlich genug Planeten, oder etwa nicht?«
    Ich nickte unsicher.
    »Und was suchst du hier bei uns?«, fragte Galis plötzlich. »Na, Pjotr? Irgendwie scheinst du nicht sonderlich erpicht aufs Kämpfen … Und dass du in die Stadt willst, kann ich mir erst recht nicht vorstellen. Also, mein Junge, erklär mir das mal. Wovon träumst du?«
    Danach wird er mir dann

Weitere Kostenlose Bücher