Sternenschimmer
angelehnte Wohnzimmertür und Iason kam mit einer Müslischale herein. »Na, ihr zwei.« Sein Blick ließ mich aus.
»Hallo!«, begrüßten ihn die Kinder freudig.
Ich wusste nicht, wo ich hinschauen sollte. Zum Glück ging der Film weiter.
Beim Vorbeigehen wuschelte Iason Hope durchs Haar und pflanzte sich in den Sessel zu ihrer Rechten. »Was seht ihr da?«
»Buck, der Kater aus dem All«, setzte ihn seine Schwester ins Bild.
Lässig löffelte Iason sein Müsli und schaute mit.
Also für mich war es definitiv Zeit zu gehen. Ich klopfte auf den Couchtisch. »Mach mich dann mal auf den Heimweg.«
Iasons Blick verweilte auf dem papierdünnen Hologrammbildschirm. »Genug sozial engagiert für heute?«
Treffer und versenkt. Ich erhob mich von der Couch.
»Na dann, wir sehen uns«, sagte er gleichgültig.
»Tschüss, Mia.« Hopes blonde Locken tanzten um ihre Schultern, als sie mir auf meinem Weg zur Tür nachwinkte.
Mühsam um Fassung ringend hob ich zum Abschied die Hand.
Ich konnte jetzt nicht mit dem Flugschiff fahren, musste erst mal laufen. Also folgte ich dem breiten Fußweg, ging an der mit Neonlicht gekennzeichneten Haltestelle vorbei und auf den Stadtkern zu. Je näher ich ihm kam, desto höher wurden die Häuser. Meine Schritte waren schnell, die Bewegungen hastig. Menschen, überall Menschen. Stimmengewirr zog an mir vorbei. Ich stand so neben mir, dass ich gar nicht merkte, wie ich an einer Backfabrik in den Außenaufzug stieg. Der süßliche Geruch, der aus dem Laden drang, haftete noch im Inneren des kunststoffverglasten Kastens. Ich drückte auf den Knopf zum dreiundzwanzigsten Stock und fuhr los, höher und höher. Sollte ich die ganze Sache hinschmeißen? War es das, was ich wollte? Auf der Dachterrasse angekommen, war ich endlich allein. Ich ging auf den Rand des ovalen Hauses zu, stützte mich an der Brüstung ab und schaute hinunter auf das Lichtermeer der Stadt. Wieder und wieder schüttelte ich fassungslos den Kopf, und als mir die Haare ins Gesicht wehten und ich sie mir aus den Augen schieben wollte, fühlte ich so etwas wie Tränen.
7
A ls ich drei Tage später das Schulschiff verließ und die breite Außentreppe zum Chemiesaal betrat, wusste ich, was ich wollte. Ich wollte Mirjams Sekundenkleber unters Haargel mischen, und Iason als Putz-Boy in eine Hausgemeinschaft radikaler Emanzen stecken. Aber je höher ich die Stufen hinaufstieg, desto klarer meldete sich eine traurige Stimme in mir. Meine Wut hatte ihr bisher keine Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Eigentlich wollte ich doch nur, dass er nicht so über mich dachte.
Meine letzten Dienste im Tulpenweg waren nahezu unerträglich gewesen. Mit Iason kein Wort zu sprechen, aber ihm immer wieder zu begegnen, war einfach … ich atmete tief durch …
… als ich wieder Schritte hinter mir vernahm. Unverkennbare Schritte, ich hätte sie aus hunderttausend anderen heraushören können. Aber sie waren nicht langsam und schwer wie meine. Nein, sie schienen es eilig zu haben. Als sie mich eingeholt hatten, blieb ich unbewegt stehen.
»Mia.« Seine Stimme erreichte mich so behutsam, ich konnte nicht anders und drehte mich um.
Vorsicht, mahnte ich mich im Stillen selbst. Schau ihm nicht in die Augen!
Also stierte ich an ihm vorbei. Mann, wenn er jetzt nicht dachte, dass ich voller Komplexe war, dann wusste ich auch nicht. Ich musste einen Blick riskieren. Das hier war einfach zu blöd. Also kratzte ich meinen Mut zusammen und sah langsam zu ihm hin.
Iason jedoch schien völlig auf sich selbst konzentriert. Es war,als ringe er nach Worten, und das nicht, weil er die Stufen zu schnell hinaufgehechtet war.
»Es tut mir leid«, brach es schließlich aus ihm heraus. »Ich hätte nicht …« Er stockte. »Was ich gesagt habe …« Wieder nur ein halber Satz. »Hach, ich habe mich dir gegenüber einfach unmöglich benommen.«
Meine Arme entspannten sich spürbar.
Er sah vorsichtig zu mir hinüber. »Und?«
»Kommt drauf an, wie dieser doofe Spruch letztens gemeint war.«
»Nichts als bescheuerter Sarkasmus.« Er hob erklärend die Hände. »Die Situation schrie förmlich danach.«
»Das fandest du vielleicht.«
»Ich sagte doch bereits, dass es mir leidtut.«
Eigentlich sollte ich es ihm jetzt schwerer machen.
»Ist schon okay«, sagte ich schließlich.
Der blaue Schein, der daraufhin aus seinen Augen trat, strahlte wie Eis in der Sonne. Mein Gott, war er schön. Ich atmete langsam und unauffällig durch.
»Darf ich
Weitere Kostenlose Bücher