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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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früher. Diese Vorstellung war unbegreiflich. Beinahe absurd kam sie mir vor. Dass sich heute auf der Erde überhaupt noch Leben regte, schien mir jetzt nicht mehr nur großes Glück, sondern das reinste Wunder zu sein.
    »Wir Loduuner haben selbst noch nie Waffen entwickelt«, durchbrach er meine Gedanken. »Deshalb konnten wir unsauch in keiner Weise gegen Lokondras Angriffe wehren.« Er sah zu einer Tanne hinauf und blieb stehen. Eine Amsel zwitscherte munter vor sich hin, während die Schatten der Vergangenheit durch sein Gesicht zogen.
    »Auf der Erde hattet ihr eure Waffen schon abgeschafft, bevor wir euch kennenlernten. Wir hatten keine Ahnung, dass so etwas Bestialisches in euren Kellern verborgen liegt.«
    Iason stand mir direkt gegenüber, und doch schien er innerlich so weit fort, dass ich Sorge bekam, ihn bald nicht mehr erreichen zu können.
    »Ihr seid jetzt hier. Hier in Sicherheit«, sagte ich vorsichtig.
    Er wandte den Blick von der Tanne ab und kam zurück. Ein schwaches Lächeln durchbrach die Dunkelheit seiner Gedanken. »Ja, und für die Kinder ist es das Beste so.«
    Für die Kinder – das war eine klare Aussage, und sie wog schwer in meiner Brust.
    »Und für dich nicht?«
    Schweigen.
    »Ihr habt wirklich noch nie irgendeine Waffe entwickelt?«, versuchte ich ihn weiter bei mir zu halten.
    Er blieb. »Nicht, dass wir dazu nicht in der Lage wären«, sagte er. »Aber uns kam nie der Gedanke, etwas zu schaffen, das zu Mord und Blutvergießen führt. Ein wahrer Loduuner tötet nicht mal Tiere, um sie zu essen.«
    »Was meinst du mit: ein wahrer Loduuner? Ist Lokondra denn keiner?«
    Und da war es wieder, dieses Flimmern, das mehr gefährlich als traurig aussah. Nur für einen winzigen Augenblick. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    Mit einer höflichen Geste wies er mir den Weg und führte mich zu einem seitlich gelegenen Ausgang. Als wir ein vermeintlich gusseisernes Tor erreichten, blieb er stehen. »Du zuerst.«
    Ich ging durch die täuschend echte Kunststoffattrappe. »Dann ist eure Vernunft weiter entwickelt als unsere.«
    Wir bogen auf einer breiten Lindenallee nach rechts ab. Die Schatten der Bäume warfen ein gekreuztes Muster auf seine schimmernden Unterarme. Vorsichtig sah ich seine Schulter hinauf. Er trug gar kein Tuch wie die Kinder. Merkwürdig. Lediglich der Kragen seines Hemdes verdeckte seinen Hals.
    »Unsere Vernunft steht mit unserer Intelligenz auf einer Ebene«, pflichtete er mir bei.
    »Aber Lokondras Vernunft ist nicht so weit entwickelt«, schlussfolgerte ich.
    »Er ist gefährlich intelligent. Allerdings unterliegt seine Vernunft dem Wahnsinn.«
    Ich konnte nur noch nicken, da ich die erschütternde Tragweite des Konfliktes zu begreifen begann. Die Loduuner waren nicht zum Töten geschaffen. Nein, sie verabscheuten es sogar aus tiefster Seele. Und nun zwang sie der Wahnsinn eines Einzelnen, sich entweder über ihre Vernunft hinwegzusetzen, indem sie sich ihm anschlossen und gemeinsam mit ihm töteten, oder aber Lokondras Mordzüge über sich ergehen zu lassen, da ihnen die Mittel fehlten, sich dagegen zu wehren.
    »Die Vereinten Nationen Erde haben euch ihre Unterstützung zugesagt«, wollte ich ihm Hoffnung machen.
    Er lachte hart auf. »Die Sanktionen treffen uns , nicht Lokondra.«
    »Sie wollen ihre Maßnahmen nötigenfalls verschärfen.«
    »Wem, glaubst du, wird das wohl am meisten schaden?«
    Ich seufzte, da mir die Ausweglosigkeit der Situation immer klarer wurde.
    »Was ist mit Telekinese? Könnt ihr euch so nicht wehren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es gibt nur einen Weg. Leider.«
    Willkommen in der Verwirrung. Was sollten diese verschlüsselten Sätze? Vielleicht fiel es ihm einfach nur schwer, darüber zu sprechen. Aus Rücksicht beschloss ich, meine Neugier hintanzustellen und das Thema zu wechseln.
    Etwas verzögert sagte ich: »Übermorgen werden die nächstenFlüchtlingsschiffe erwartet. Bei uns sind noch zwei Plätze frei. Vielleicht bekommen wir Zuwachs.«
    Iason nickte. »Einer meiner Freunde ist an Bord. Er wird mit in mein Zimmer einziehen.«
    »Wirklich? Das freut mich für dich.«
    Er schnalzte mit der Zunge, so, als würde er das Für und Wider abwägen. »Die Ursache seiner Anreise ist nicht gerade erfreulich. Finn musste fliehen. Er hat versucht, ein Attentat auf Lokondra zu verüben, und ist gescheitert. Deshalb hat man auf ihn ein …«, er suchte kurz nach den passenden Worten, »… bei euch spricht man, glaube ich, in diesem Fall

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