Sternenschimmer
eine bestimmte Fähigkeit haben, die niemand sonst auf Loduun besitzt. Wir können mit dem Blick töten.«
»Euer Sinn ist es, eure Gegner auszulöschen ?«
»Ja. Nur müssen wir diesen Moment mit Bedacht wählen. Wenn wir alle im richtigen Moment handeln, wird das eines Tages das Ende des Krieges bedeuten.«
»Was ist das für ein Blick? Erkläre es mir.«
»Er nennt sich Schattenblick. Er ist wohl das Einzige, was mir in unserer Welt nicht logisch erscheint, was niemandem logisch erscheint, und dennoch gibt es ihn. Obwohl es vollkommen unserer Natur widerspricht. Aber wir Wächter bilden da wohl eine Ausnahme. Und wir müssen mit dem, was wir dann getan haben, auch nicht weiterleben, weil auch wir an unserem eigenen Schattenblick sterben. Mehr konnte uns der Seher dazu nicht sagen.«
»Heißt das, wenn der Krieg vorbei ist, dann … seid auch ihr Wächter nicht mehr?«
»Nun, das ist der Lauf der Dinge.«
Ein heftiger Druck pochte in meinem Kopf, und ich wiederholte seine Worte in der Hoffnung, sie würden mir dann vielleicht nicht mehr so schlimm vorkommen. »Ein ganz natürlicherKreislauf. Jeder Sinn bereitet die Welt auf einen neuen Sinn, also neues Leben vor.«
»Nur so kann es weitergehen.«
Wieder hatte er geredet, als ginge es lediglich darum, welche Lieblings-CD man heute mal hören könnte. Überhaupt, alles an ihm, seine Miene, die Haltung, schien so ungetrübt und leicht wie der Himmel, unter dem er stand. Aber mir … mir legte sich jedes seiner Worte wie ein bleiernes Gewicht auf die Brust. Auf meiner Seite des Himmels türmten sich die Wolken.
Schrilles Kreischen drang vom Heck aus zu uns.
»Verdammt, hatte ich euch nicht gesagt, ihr sollt die Angel in Ruhe lassen!?«, folgte Berts aufgeschreckter Ruf.
Iason und ich sahen uns kurz an. Ohne weiter zu zögern, jagten wir um die Kajüte herum und auf die andere Seite des Schiffes.
Tony lag mit weit aufgerissenen Augen am Boden, äußerlich schien er jedoch unversehrt.
Was mich aber wie von einem Rammbock getroffen stehen bleiben ließ, war sein von grellem Licht umhüllter Körper.
Bert kniete an Tonys Seite und drückte die Hände auf dessen Hals. Strahlende Impulse stießen durch sie hindurch, als wären seine Finger aus Glas! Glitzernd und schillernd. Ein Gewirr an Farben!
»Der Angelhaken hat sich im Halstuch verfangen!« Bert schien bis in die letzte Faser seines Körpers alarmiert.
Luna warf Ariel einen bestürzten Blick zu. »Bert hat euch doch gesagt, ihr sollt nicht Fischen spielen!«
Ariel ließ wie erstarrt die Angelrute fallen.
Iason sprang mit einem Satz zu Tony. »Ist er verletzt?«
»Er hat nur ein paar Kratzer an Fingern und Nacken. Aber das Halstuch ist hinüber. Ich musste es abnehmen.« Bert wies auf das weiße Tuch, das mit der Angelschnur verfangen an seiner Seite lag.
Finn hob sie auf und versuchte hastig, den Wust zu entknäulen. Doch damit verhedderte er ihn nur noch mehr. »Da ist nichts mehr zu machen«, sagte er schließlich bitter.
»Verdammt!«, fluchte Bert. Er presste die Hände fester auf Tonys Hals. Die Strahlen ließen sich nicht aufhalten.
Frank und ich standen völlig verstört da. Die Gesichter der anderen waren eher schockiert.
»Es wird schwächer!«, rief Bert panisch.
Tonys Augen rutschten weg.
In uns allen wuchs das Entsetzen.
»Tony!« Ich schlug die Hände auf den Mund. Ich kam mir so schrecklich hilflos vor. Was geschah hier gerade!!!?
Kurz entschlossen knöpfte Iason sein Hemd auf.
Finn fasste ihn am Arm. »Das hältst du nicht durch, bis wir wieder an Land sind.«
»Hast du eine bessere Idee?«, fragte Iason knapp.
»Und dein Sinn?« Finn war hin und her gerissen.
»Schnell, er wird bewusstlos!«, schrie Bert.
»Lass mich«, fuhr Iason Finn an.
Finns Blick hetzte von Iason zu Tony, ehe er einlenkte. »Wenn du nicht mehr kannst, tauschen wir.«
Als Iason sich das Hemd auszog sah ich für den Bruchteil einer Sekunde, wie ein blaues Strahlen aus seinem Hals stieß, dann hatte er auch schon die Hand daraufgelegt, durch die nun ebenfalls ein blaues Leuchten drang. »Gib es ihm«, sagte Iason und reichte Bert das Hemd.
»Finn, kümmere dich um Iason«, gab Bert Anweisungen. »Mia, Frank, stellt euch hinter mich. Ich brauche Schatten.«
Geschockt eilten wir herbei.
»Mia, halte den Hemdskragen auf«, befahl er weiter.
Ich nahm den weißen Leinenstoff in meine tauben Hände. Aber der Kragen fühlte sich gar nicht an wie Stoff. Er war viel fester und auch schwerer. Ähnlich
Weitere Kostenlose Bücher