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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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schüttelte heftig den Kopf und spürte, wie sich meine Hände verkrampften. »Da ist noch etwas anderes. Finn hat gesagt, du hättest dich wehren können.«
    »Das wollte ich zunächst auch.«
    »Aber?«
    »Aber dann kam mir der Gedanke, so könnte alles gut werden.«
    Was sollte das denn heißen? Was verdammt noch mal sollte das heißen?
    Ich wartete, aber als ich begriff, dass er nichts weiter sagen würde, senkte ich die Lider, um Kraft für die Frage zu sammeln, vor deren Antwort ich am meisten Angst hatte.
    »Das grüne Leuchten … war das einer von Lokondras Leuten?«, tastete ich mich heran.
    Seine Augen bekamen einen seltsamen Glanz.
    »Du wusstest, dass er da war?«, fragte ich.
    »Ich habe es geahnt.« Auch seine Stimme klag rau und angesengt.
    »Hätte er dich … umgebracht?«, kämpfte ich mich weiter.
    Er schwieg und das bestätigte meine schlimmste Befürchtung.
    Eine Wolke schob sich vor den Mond.
    »Es gibt auf Loduun drei Brüder. Sie nennen sich Die Stimme, Das Auge und Die Hand. Ihre Namen tragen sie, weil sie Lokondra auf diese Weise vertreten. Ihn selbst hat noch nie jemand zu Gesicht bekommen. Sie agieren und funktionieren für Lokondra, als wären sie ein Teil von ihm. Dieser Mann mit den grünen Augen«, seine nächsten Worte sprach er ganz leise, »war Die Hand.«
    Ich wollte etwas erwidern, aber meine Stimme fand den Weg nicht mehr.
    »Ich habe mich nicht gewehrt, weil ich ihn herausfordern wollte. Ich wollte, dass er mir Auge in Auge gegenübertritt – denn so könnte ich ihn vernichten.«
    Fassungslos sah ich ihn an. Von was redete er da? »Du meinst doch nicht etwa deinen Schattenblick!?«
    »Erinnerst du dich?«, fragte er vorsichtig. »Wenn unser Sinn erfüllt ist, erlischt unser Leben ohnehin, denn wir sind mit ihm verwoben.« Er machte eine Pause, ehe er weitersprach: »Ich dachte, dies wäre der richtige Moment.« Jetzt sah er zu mir hin. »Ich lag so falsch, Mia.«
    Ja, das war es: falsch. Ganz und gar falsch .
    Wieder versanken wir in Stille.
    »Du hast allen Grund, mich zu hassen«, sagte er dann.
    Mir bot sich keine Gelegenheit, nach dem Sinn seiner Worte zu suchen, denn in meinem Kopf überschlugen sich jetzt die Bilder. Eine grausige Vorstellung jagte die andere …
    Ich weiß nicht, welche Reaktion nach so einer Offenbarung »normal« gewesen wäre. Vor Schreck wie gelähmt zu sein oder in Tränen auszubrechen? Ich jedenfalls wurde wütend, fuchsteufelswild.
    »Tu das nie wieder!« Mein Ton wackelte. »Hörst du! Nie wieder!« Aufgewühlt tigerte ich in der Zelle herum, warf die Hände über den Kopf und trat gegen die Wand. »Wenn du das noch mal versuchst, bringe ich dich um! Und zwar bevor du selber dazu kommst, das schwör ich dir!« Ich fuhr mir durchs Haar und tigerte weiter.
    Damit hatte Iason eindeutig nicht gerechnet. »Mia, was du da gerade von dir gibst, ist komplett absurd.«
    »Du und deine Logik, ihr könnt mich mal!«, schrie ich.
    Er musterte mich besorgt. »Drehst du gerade durch?«
    »JA!« HERRGOTT, ER GAB MIR AUCH ALLEN GRUND DAZU! Dann sackten meine Beine weg. Ich kauerte mich in das Hintere der Zelle, um so weit wie möglich von ihm entfernt zu sein. Mit umklammerten Knien wiegte ich mich hin und her. »Es … es muss einen anderen Weg geben.« Ich kam mir so jämmerlich vor.
    Alles wird gut. Das hatte er also damit gemeint. Nichts wäregut geworden, gar nichts . Ja, ich hatte Grund, ihn zu hassen, und ich hasste ihn auch – für diese Denkweise. Nie zuvor war er mir so fremd gewesen.
    »Hast du …«, ein heftiger Druck pochte hinter meinen Augen, »als du dich ihm ausliefern wolltest, hast du da denn gar nicht an Hope oder mich gedacht?«
    »An dich?«, fragte er.
    Ich warf ihm einen kurzen, tränenverschleierten Blick zu. Sollte er doch wissen, was ich für ihn empfand!
    »Aber das ist es ja gerade, Mia. Ich habe heute Nacht an kaum etwas anderes als an dich gedacht. Selbst in der Sekunde, als Die Hand auf uns zukam, warst nur du in meinen Gedanken.«
    Und während diese Worte in mir sackten, hielt ich inne. Ich brauchte eine Weile, um sie wirklich zu verstehen … und brauchte … und brauchte. Dann wischte ich mir mit dem Saum meines Ärmels über die Wangen und sah zu ihm hinüber.
    Iason schloss die Hand um eine Eisenstange. In das Mondlicht getaucht, schimmerte er in bläulichem Silber. »Es tut mir leid.« Er sah zur Decke. »Wie das immer wieder klingt. So oft habe ich mich noch bei keinem entschuldigt.« Er schüttelte den Kopf.

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