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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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mir so unglaublich erschien. »Du meinst, du könntest dich wirklich einfach hier raussleiten und morgen früh mit einem warmen Tee für mich wiederkommen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das geht nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Erstens vermuten wir, dass es zum Sleiten viel zu warm auf der Erde ist, und zweitens, selbst wenn es möglich wäre, würde ich dich nie hier zurücklassen.«
    »Zu warm?«, überging ich Argument zwei.
    »Wenn wir uns in Atome auflösen, setzt das eine Menge Energie frei. Und Energie bedeutet …«
    »Hitze«, schlussfolgerte ich.
    Er nickte. »Unsere Körpertemperatur steigt gefährlich an. Auf einem so temperierten Planeten wie der Erde könnten wir vielleicht nicht schnell genug abkühlen. Deshalb hat es auch noch niemand versucht.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Gefahr bestünde, in kürzester Zeit innerlich zu verglühen, und wir wären mausetot.«
    »Na, dann lass das mal lieber«, sagte ich überzeugt. »Wie macht man das – sleiten?«
    Er tippte sich gegen die Stirn. »Pure Konzentration.«
    »Ich vergaß. Ihr seid ja höhere Wesen«, sagte ich eifersüchtig.
    Iason schloss den Finger um einen Eisenstab. »Dafür könnt ihr Geschichten erfinden.«
    »Ha. Ha.« Ich bedachte ihn mit einer Grimasse. Mit seinen Katzenaugen würde er es bestimmt erkennen.
    »Nein, das meine ich ernst«, beteuerte er. »Ihr könnt Dinge in der Fantasie zum Leben erwecken. Hast du nicht gemerkt, wie glücklich du die Kinder damit machst? Es ist wie … wie ein Zauber, der uns Loduunern bisher immer verborgen war.«
    »Dafür seht und hört ihr Dinge, die wir nicht mal in Ansätzen wahrnehmen.«
    »All unsere Fähigkeiten sind erklärbar und logisch. Unsere Sinne sind in dieser Hinsicht nur geschärfter als eure. Das ist aber keine Kunst so wie eure Musik oder Geschichten.« Er lehnte den Kopf zurück. »Kunst.« Genießerisch ließ er sich das Wort noch einmal auf der Zunge zergehen. »Allein dieser Ausdruck, Mia. Ich habe ihn zunächst gar nicht verstanden, als ich eure Sprache lernte. Einen Begriff in dieser Art gibt es bei uns gar nicht. Wie reich er macht, habe ich erst bei euch erfahren.«
    Aus dem Blickwinkel hatte ich das Ganze noch nie betrachtet. Weil es mir so absurd vorkam.
    »Für die Kinder sind deine Geschichten wahrer Seelenbalsam. Nicht zuletzt, weil sie immer mit Hoffnung enden.«
    Ich spürte, wie seine Gedanken fort von mir wanderten, mehr und mehr, und bald schon schienen sie auf etwas gerichtet, das nur er in seiner Erinnerung sehen konnte. Und doch bildete ich mir ein zu wissen, was es war – Loduun.
    Ich ließ ihm Zeit.
    Irgendwann kehrte er aus seiner Vergangenheit zurück.
    »Zu Hause habe ich mit ein paar Freunden immer Wettsleiten gemacht«, erzählte er.
    »Und? Wer hat gewonnen?«
    Er fuhr die Schramme an einer Gitterstange nach.
    »Lass mich raten: du?«
    Sein Finger glitt das Eisen hinauf.
    Ich hatte also recht. Wer sonst? »Warum zierst du dich denn so? Du bist vom Clan des Stolzes. Du darfst angeben.«
    »Stolz sein ist nicht gleich arrogant sein, Mia.«
    Ich seufzte. »Musst du so perfekt sein?«
    Er rückte ein Stück von mir fort, um in mein Gesicht sehen zu können. »Du denkst, ich bin perfekt?«, fragte er ungläubig.
    Ich beschäftigte mich mit einem Steinchen, das am Boden lag.
    Dass ich nichts sagte, schien ihn richtig zu ärgern. »Sag mal, waren wir zwei heute Nacht nicht zusammen? Haben wir vielleicht eine unterschiedliche Wahrnehmung?« Fordernd sah er mich an, bis ich ebenfalls zu ihm aufschaute. »Meinetwegen wären wir beide vorhin fast draufgegangen!«
    »Abgesehen von diesem kleinen Zwischenfall«, relativierte ich.
    Mit einer einzigen fließenden Bewegung stand er auf den Beinen. » Zwischenfall?«, schlich es scharf durch seine zusammengebissenen Zähne. » Du glaubst, das heute Nacht war ein bloßes Versehen und ich wüsste ansonsten alles zu meistern?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber du denkst es, oder?«
    Der kleine Stein in meiner Hand löste sich langsam zu Staub auf.
    »Sieh genauer hin«, zischte er, und in seinen Augen regte sich ein unheimliches Funkeln.
    »Das hab ich.«
    »Und wie kommst du dann bitte schön auf so einen Schwachsinn?« Das Funkeln gewann an Macht.
    Verängstigt rückte ich ein Stück vom Gitter fort. »Du … du hast auf alles eine Antwort und scheinst immer genau zu wissen, was du tust. Fast immer jedenfalls.«
    Ein kalter Zug huschte über sein schönes Gesicht. Anschließend setzte er ein hartes Lachen auf.

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