Sternenschweif 10 - Geheimnisvolles Fohlen
sich sofort wieder anspannte.
„Halt die Klappe!“, zischte Laura Jade zu. „Ich versuche ja, dir zu helfen. Aber du musst still sein, sonst vermasselst du alles.“
Sie hörte Sternenschweifs aufmunterndes Wiehern von draußen und fühlte sich gleichein bisschen besser. Sternenschweif hätte ihr niemals vorgeschlagen, Apple zu beruhigen, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass sie es schaffen würde. Entschlossen biss sie die Zähne zusammen. Sie würde ihn auf keinen Fall enttäuschen!
Nachdenklich musterte sie die Stute. Sie musste irgendetwas finden, um Apple von Jade abzulenken. Sie wühlte in ihrer Hosentasche und ertastete eine Packung Pferdeleckerli.
Langsam zog sie eines heraus. „Schau mal, Apple, was ich hier für dich habe.“
Mit abgewandtem Blick streckte sie ihre Hand aus. Sie hatte in einer Ponyzeitschrift gelesen, dass man einem verängstigten Pferd niemals direkt in die Augen schauen durfte.
Die Zeit schien stillzustehen. LaurasArm wurde schwer. Dann endlich raschelte das Stroh. Apple machte einen Schritt auf Laura zu, ihr weiches Maul streifte Lauras Hand.
„Braves Mädchen“, lobte Laura, während Apple das Leckerli genüsslich zermalmte.
Sacht zog sie ein zweites aus der Packung. „Wenn ich es dir sage, Jade“, flüsterte Laura, „schleichst du dich ganz langsam und leise aus dem Stall.“
Jade nickte. Ihr Gesicht war kreidebleich. Schweißtropfen standen auf ihrer Stirn.
Laura lockte Apple mit dem zweiten Leckerli. Die Stute kam näher und nahm es mit weichen Lippen aus ihrer Hand.
„Jetzt!“, flüsterte Laura.
Jade presste sich an der Wand entlang Richtung Tür. Blitzschnell legte Apple die Ohren an und schnellte drohend herum. Jade erstarrte. Ihre Knie zitterten.
„Ist schon gut, Apple“, murmelte Laura beschwichtigend. Ihr Puls hämmerte, aber sie zwang sich, mit ruhiger Stimme weiterzusprechen. „Jade tut euch nichts. Schau mal, hier hab ich noch was Feines für dich …“
Sie raschelte leise mit der Packung. Apple senkte langsam ihren Kopf und drehtesich wieder zu Laura.
Jade seufzte erlöst, bevor sie geräuschlos nach draußen glitt.
Laura gab Apple das letzte Leckerli. Anschließend sprach sie noch ein paar beruhigende Worte und zog sich dann ebenfalls langsam zurück.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich einen Moment dagegen. Ihre Beine fühlten sich plötzlich an, als ob sie aus Wackelpudding wären. Sternenschweif kam ihr entgegen. Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und Laura schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie hatte es tatsächlich geschafft und Jade aus dem Stall befreit! Sternenschweif hatte Recht gehabt und sie hatte ihn nichtenttäuscht.
Jade lehnte etwas abseits an der Stallwand. Ihr Gesicht war gespenstisch blass.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte Laura sich besorgt. Jade nickte matt.
„Was hattest du da drin eigentlich zu suchen? Du weißt doch genau, dass wir nicht in den Stall dürfen! Und überhaupt – warum treibst du dich mitten in der Nacht hier herum?“
Jade war die Situation sichtlich unangenehm. Ihre Finger krampften sich um den schwarzen Gegenstand, den sie in der Hand hielt. Fassungslos erkannte Laura den weißen Schriftzug.
„Was ist denn das?“, fragte sie mit ungläubiger Stimme.
Jade schaute sie zerknirscht an. „Das … das ist dein Handschuh!“
„Mein Handschuh???“
Jade nickte. „Ich habe ihn mitgenommen. Ich … ich wollte ihn im Stall verstecken, damit Mrs Wakefield ihn findet. Sie sollte denken, dass du dich heimlich zu Nachtwind geschlichen hast.“
„Ich hör wohl nicht richtig!“, rief Laura erbost. Sternenschweif schnaubte und stampfte wütend mit dem Huf auf. Auch er war außer sich.
Jade senkte betreten den Kopf. „Ja, ich weiß, das war gemein von mir. Aber ich war so sauer auf dich nach dem Turnier. Es tut mir so Leid, ehrlich! Du hast mich gerettet, Laura! Ohne dich wäre ich niemals ausdem Stall gekommen!“
Laura konnte es einfach nicht glauben. Wie konnte Jade nur so etwas Niederträchtiges tun? Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Mrs Wakefield ihren Handschuh im Stall gefunden hätte.
„Aber was machst du eigentlich hier um diese Uhrzeit?“, fragte Jade.
„Ich wollte meinen Handschuh suchen“, erwiderte Laura. Plötzlich bemerkte sie, dass Sternenschweif mit dem Huf scharrte. Er schien ihr etwas sagen zu wollen. Dann hörte sie es auch. Jemand kam auf sie zu.
Ein Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit.
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