Sternenschweif 10 - Geheimnisvolles Fohlen
„Wer ist da?“, rief eine strenge Stimme.
„Das ist Mrs Wakefield!“, stammelte Jade.
Lauras Augen weiteten sich vor Schreck. „Das hat uns gerade noch gefehlt!“
10
Mrs Wakefield näherte sich dem Stall. Als das Licht der Taschenlampe Laura und Jade erfasste, blieb sie wie angewurzelt stehen. „Was macht ihr denn hier?“
„Ich … ähm … also …“, stotterte Jade mit puterrotem Kopf.
„Ich höre“, sagte Mrs Wakefield scharf.
„Ich wollte …“ Jade knetete den Handschuh in ihrer Hand hin und her und brach plötzlich ab.
„Jade hat mir bei der Suche nach meinenneuen Handschuh geholfen, den ich heute bei dem Turnier verloren habe“, kam Laura Jade zu Hilfe. Jade sah sie mit großen erstaunten Augen an.
„Ich habe sie angerufen“, fuhr Laura mit festerer Stimme fort, „und gefragt, ob sie ihn irgendwo gesehen habe. Jade meinte, er läge vielleicht in der Nähe des Fohlenstalls. Wir haben uns hier getroffen, um gemeinsam nachdem Handschuh zu suchen.“
„Stimmt genau“, pflichtete Jade ihr erleichtert bei. „Und wir haben ihn tatsächlich gefunden!“ Zum Beweis hielt sie den Handschuh hoch.
Mrs Wakefield schaute die beiden Mädchen forschend an. Die Geschichte schien sie nicht wirklich zu überzeugen. Doch zu Lauras großer Erleichterung stellte sie keine weiteren Fragen mehr. „Das ist für mich noch lange kein Grund, mitten in der Nacht hierher zu kommen!“, sagte sie entschieden.
„Es tut uns wirklich Leid“, entschuldigte Jade sich zerknirscht.
„Wir tun das bestimmt nie wieder“, versprach Laura.
„Wie es aussieht, habt ihr tatsächlich nichts weiter angerichtet“, fuhr Mrs Wakefield fort.„Ihr macht euch jetzt am besten unverzüglich auf den Heimweg. Traust du dich, mit Sternenschweif in der Dunkelheit heimzureiten, Laura?“
Laura nickte. „Sternenschweif kennt den Weg wie im Schlaf.“
„Und wie bist du hierher gekommen, Jade?“
„Mit dem Fahrrad.“
„Funktionieren die Lichter?“
„Na ja, nicht so richtig“, gab Jade kleinlaut zu.
„Dann werde ich dich nach Hause fahren“, verkündete Mrs Wakefield.
Sie ging zum Stall und öffnete leise die obere Türhälfte. „Zum Glück scheinen Apple und Nachtwind nichts mitbekommen zu haben.“ Sie kehrte zu den Mädchen zurück.„Kommst du, Jade?“
Jade warf Laura einen Blick zu. „Also tschüs.“
Zum ersten Mal schenkte sie Laura ein Lächeln, das nicht abfällig, sondern ernst gemeint war. „Danke. Für alles“, fügte sie leise noch hinzu.
Laura lächelte zurück. Jade und sie würden sicherlich niemals die besten Freundinnen werden. Aber vielleicht war jetzt die Zeit der Feindschaft vorbei? Zufrieden führte sie Sternenschweif zu dem kleinen Wäldchen.
Sobald sie die anderen nicht mehr sehen konnte, verwandelte sie ihn in ein Einhorn.
„Was sagst du dazu?“, platzte sie heraus.
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie tatsächlich deinen Handschuh im Stall verstecken wollte“, erwiderte Sternenschweif kopfschüttelnd. „Aber es war trotzdem richtig, dass du ihr geholfen hast.“ Er rieb seinen Kopf an ihrer Schulter. „Apple hat ihr einen tüchtigen Schrecken eingejagt. Vielleicht lernt sie etwas daraus.“
„Das hoffe ich auch.“ Laura runzelte die Stirn. „Die arme Apple ist viel zu ängstlich. Ich weiß, dass sie Nachtwind nur beschützen will. Aber sie macht sich wirklich zu viele Sorgen. Jemand müsste ihr begreiflich machen, dass niemand ihm etwas Böses will.“ Sie verstummte. Eine Idee schoss ihr durch den Kopf. „Vielleicht könntest du …“
„Ich könnte mit ihr reden“, fiel Sternenschweif ihr ins Wort.
Laura grinste. „Genau meine Idee!“
Als sie die Stalltür öffnete, schauten Apple und Nachtwind mit großen Augen auf. Nachtwind schnaubte erstaunt und stakste neugierig auf das Einhorn zu.
Laura blieb bewegungslos stehen. Gebannt wartete sie darauf, dass Apple Sternenschweif zurückscheuchen würde. Doch zu ihrer Überraschung begrüßte die Stute das Einhorn mit einem freudigen Wiehern.
„Was sagt sie?“, fragte Laura neugierig.
„Sie hat mich erwartet“, antwortete Sternenschweif erstaunt.
Apple wieherte erneut. „Ah, jetzt verstehe ich“, erklärte Sternenschweif. „Seit dem Tag, als Nachtwind geboren wurde, hat sie auf ein Einhorn gewartet. Sie glaubt, dass er ein Einhornfohlen ist.“
„Ist sie deshalb so misstrauisch?“
Sternenschweif nickte. „Sie hat Angst, dass jemand ihn verletzen könnte oder gar versuchen würde, ihr
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