Sternenschweif 21 - Magische Kraefte
Kann dir denn nicht Max zur Hand gehen?“
„Nein, das kann er nicht“, erwiderte Mrs Foster bestimmt. „Max hat gestern und vorgestern wirklich viel gemacht. Jetzt räumt er gerade sein Zimmer auf, weil Jamie übers Wochenende zu Besuch kommt.“
Laura biss sich auf die Unterlippe. Aus Erfahrung wusste sie, dass es keinen Sinn hatte, mit ihrer Mutter weiter zu diskutieren. Dabei brannte sie förmlich darauf, bei Sternenschweif zu sein. Vielleicht könnten sie sogar noch eine Runde fliegen, bevor die Gäste kamen? Das wäre großartig! Für Laura und Sternenschweif gab es nämlich nichts Schöneres, als im Galopp durch die Luft zu jagen. Sie würde niemals vergessen, wie sie bei ihrem ersten Flug die Hände in seiner seidigen Mähne vergraben hatte und wie ihr der Wind ins Gesicht geweht war. Auch heute noch fiel es ihr manchmal schwer zu glauben, dass sie ihr graues, unscheinbares Pony mit einem Zauberspruch tatsächlich in ein strahlendes Einhorn verwandeln konnte.
Das Beste daran war jedoch, dass sie sich mit ihm unterhalten konnte, solange er ein Einhorn war. Sie konnte mit ihm reden wie mit einem Freund. Er verstand sie wie niemand sonst, ihm konnte sie alles anvertrauen.
Laura machte auf dem Absatz kehrt und begab sich mit einem tiefen Seufzer in die Küche. Dort schnitt sie das Brot auf und füllte es in Körbe. Anschließend brachte sie von oben aus dem Kleiderschrank ihrer Eltern ein paar Kleiderbügel zur Garderobe.
„So, ich habe alles erledigt. Kann ich jetzt vielleicht doch noch kurz zu Sternenschweif?“, fragte sie ihre Mutter.
Mrs Foster warf einen Blick auf die Uhr. „Nur noch eine Stunde, bis die Gäste kommen. Umziehen musst du dich auch noch. Wenn du also unbedingt willst, dann wirklich nur kurz.“
„In Ordnung“, antwortete Laura rasch, schnappte sich ihre Jacke und schlug die Tür hinter sich zu, bevor ihre Mutter es sich anders überlegte.
Mit großen Schritten lief sie den Weg zu Sternenschweifs Stall hinunter. Er stand in der Nähe der Bäume, die sich am Rand der Koppel befanden. Als er sie kommen hörte, spitzte er die Ohren und drehte den Kopf zu ihr. Laura schlüpfte durch die Balken des Koppelzauns und lief zu ihm hinüber.
„Hallo, mein Freund“, flüsterte sie und schlang die Arme um seinen Hals. Sternenschweif rieb seinen Kopf an ihr und schnaubte sanft.
„Hast du schon gedacht, ich käme gar nicht mehr?“, fragte Laura. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel ich meiner Mutter wegen dieser Party helfen musste. Ich dachte schon, das nimmt gar kein Ende mehr. Sie hat mir auch nur erlaubt, ganz kurz bei dir vorbeizuschauen, weil die Gäste bald kommen. Aber ich wollte unbedingt zu dir, nachdem ich die letzten Tage sowieso so wenig Zeit hatte.“
Sternenschweif nickte heftig. Auch er schien zu bedauern, dass sie sich nicht häufiger gesehen hatten.
„Komm noch ein bisschen weiter unter die Bäume“, bat Laura. „Dann sind wir besser vor fremden Blicken geschützt.“
Sie begab sich mit Sternenschweif in den Schutz der Zweige und murmelte die magischen Verse des Verwandlungszaubers:
Silberstern, Silberstern,
hoch am Himmel, bist so fern.
Funkelst hell und voller Macht,
brichst den Bann noch heute Nacht.
Lass dies Pony grau und klein
endlich doch ein Einhorn sein.
Kaum war das letzte Wort verklungen, zuckte ein violetter Blitz durch die Dämmerung und aus Sternenschweif war ein strahlend schönes Einhorn geworden. Sein silbernes Horn leuchtete und sein seidiges Fell glänzte wie der Abendstern, der funkelnd am Himmel aufging.
„Hallo, Laura“, sagte Sternenschweif und legte zur Begrüßung seine samtweichen Nüstern an ihre Wange. „Wie schön, dass du noch kommst.“
„Du kannst mir glauben, dass ich tausendmal lieber meine Zeit mit dir verbracht hätte, als mit meiner Mutter den Tisch zu decken oder stundenlang Salat zu putzen.“
„Das klingt richtig nach Arbeit“, meinte Sternenschweif mitfühlend. „Mir scheint, ein bisschen Abwechslung würde dir guttun. Wie wäre es mit einer kleinen Runde in der Luft? Es ist schon fast dunkel.“
Laura war hin und her gerissen. „Du weißt, dass es für mich nichts Schöneres gibt, aber ich müsste eigentlich bald schon wieder im Haus sein.“
„Ach komm, nur eine kleine Runde“, bettelte Sternenschweif. „Du wirst sicher noch rechtzeitig kommen.“
Neugierig geworden?
Lies weiter in Sternenschweif Band 22, Im Land der Einhörner
ISBN 978-3-440-14015-4 / 5,99 Euro
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