Sternenschweif 22 - Im Land der Einhoerner
aus? Braucht ihr eine Pause oder haltet ihr noch durch?“
„Ich fühle mich zwar ein bisschen erschöpft, aber es geht schon“, erklärte Silberregen.
„Ich brauche auch keine Pause, ich habe nur ein wenig Hunger und mir ist kalt“, fügte Zoe hinzu.
„Keine Sorge, ich habe Tee und etwas zu Essen eingepackt“, entgegnete Laura. „Wir sind bald da.“
Und tatsächlich erschien bereits einige Minuten später vor ihnen ein schwaches Leuchten in der Dunkelheit. Je näher sie kamen, desto stärker wurde es. Es ging von einem weiten Feld unterhalb einer Bergspitze aus. Auf dem dünnen Gras befand sich ein großer Kreis aus lauter Steinen, von denen einer heller leuchtete als der andere. In der Mitte standen dutzende von schneeweißen Einhörnern, deren Fell seidig glänzte und deren Hörner im Mondlicht schimmerten. Laura und Zoe waren angekommen. Vor ihnen lag die Ebene des Lichts.
9
Laura hörte, wie Zoe neben ihr nach Luft schnappte. „Ich habe noch nie so viele Einhörner auf einmal gesehen“, flüsterte sie. „Sie sehen wunderschön aus.“
„Ja, für sie alle ist heute ein ganz besonderer Moment gekommen“, antwortete Laura und schaute sich um. „Lass uns da drüben landen.“ Sie deutete auf eine abseits der Versammlung gelegene Stelle. Als sie festen Boden unter den Füßen hatten, stiegen sie ab und näherten sich den anderen Einhörnern.Sie blickten alle auf einen großen Stein, der in der Mitte des Kreises lag. Dahinter standen drei Einhörner.
„Das sind die drei Ältesten, Sidra, Rohan und Ira“, erklärte Laura. „Sie entscheiden, wer mit nach Arkadia darf, und begleiten die Auserwählten dorthin.“
Da trat Sidra vor und sprach: „Wir begrüßen euch alle zu diesem großen Augenblick. Wir werden nun jeden Einzelnen von euch ein letztes Mal prüfen, ob er bereit ist, die Reise in das Land eurer Mütter und Väter anzutreten. Fangen wir an.“
„Da sind wir gerade noch rechtzeitig gekommen“, flüsterte Zoe Laura aufgeregt zu.
Und schon trat das erste Einhorn vor den großen Stein und senkte den Kopf. Die drei Ältesten berührten es feierlich mit ihren Hörnern, die in magischem Glanz erstrahlten. Das war das Zeichen dafür, dass das Einhorn nach Arkadia zurückkehren durfte.
Silberregen drehte den Kopf zu Zoe und schaute sie fragend an. Sie legte ihm die Hand auf die Stirn und sagte zärtlich: „Geh nur.“
Da trat Silberregen zu den anderen Einhörnern und mischte sich unter die Wartenden. Als er schließlich an der Reihe war, fing Lauras Herz wild an zu klopfen. Wie würde es dann erst Zoe gehen? Sie warf ihrer Freundin einen verstohlenen Blick zu und sah, dass sie ein paar Mal schwer schluckte. Laura tastete nach ihrer Hand und drückte sie.
Silberregen senkte den Kopf und Sidra berührte ihn mit ihrem silbernen Horn.
„Wir dachten, du hättest deine Meinung geändert“, sagte sie.
„Nein, ich bin bereit“, antwortete das Einhorn. Da berührten ihn auch Ira und Rohan mit ihren Hörnern. Sie fingen sofort an zu leuchten.
„Ja, deine Zeit ist gekommen“, bestätigte Sidra. „Wir sind stolz auf den Mut, den ihr beide bewiesen habt, und auf eure guten Taten. Damit hast du dich als würdig erwiesen, mit uns nach Arkadia zu kommen.“
„Ich danke euch“, murmelte Silberregen und trat zur Seite. Mit gesenktem Kopf kam er auf Zoe zu. Laura und Sternenschweif traten ein bisschen zurück, um die beiden nicht zu stören. Zoe schlang die Arme um Silberregens Hals und Laura sah, wie ihre Schulternbebten. Sie spürte, wie auch ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sternenschweif legte den Kopf auf ihre Schulter, sodass die Haare seiner weichen Nase sie am Ohr kitzelten. Laura wusste, dass auch er hoffte, dass sie diesen Moment niemals zusammen erleben mussten. Sternenschweif war ihr bester Freund, er verstand sie ohne viele Worte und sie vertrauten sich blind – was wäre sie ohne ihn?
Silberregen und Zoe hatten sich unterdessen voneinander gelöst und schauten sich tief in die Augen. Silberregen kullerte eine Träne die Nase herunter. Laura hatte gar nicht gewusst, dass Einhörner weinen konnten. Zoe wischte sie weg und gab Silberregen einen letzten Kuss auf die Stirn. Dann wandte er sich ab und trat auf Laura und Sternenschweif zu.
„Meine Zeit ist gekommen. Danke, dass ihr uns hierhergebracht habt“, sagte er.
„Wir wünschen dir alles Gute“, brachte Laura stockend hervor. Ihre Stimme zitterte.
„Sei glücklich im Land unserer Vorfahren“, fügte
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