Sternenschweif 26 - Im Zeichen des Lichts
„Lasstuns nicht so hier herumstehen. Die Ponys haben einen langen Nachmittag hinter sich. Wir führen sie auf die Koppel, wo sie sich ausruhen können.“
„Ich hole ein paar Kekse aus dem Haus“, meinte Julia knapp und drückte Laura Mysterys Zügel in die Hand.
Laura brachte Sternenschweif und Mystery auf die Koppel, Teresa folgte ihr mit etwas Abstand. Auch beim Absatteln der Ponys schaute sie nur zu, als traute sie sich nicht, Mystery zu berühren.
Endlich kam Julia aus dem Haus zurück. Sie trug ein Tablett, auf dem sich Gläser, Saft und Kekse befanden. In einer Ecke der Koppel standen einige Strohballen. Auf einem davon stellte Julia das Tablett ab und deutete dann mit einer Hand aufdie anderen. „Setzt euch doch und bedient euch“, sagte sie.
Die Mädchen griffen nach den Keksen, doch weder Julia noch Teresa wagten es, das erste Wort zu sprechen.
Bevor das Schweigen zu frostig wurde, nahm sich Laura ein Herz und fragte: „Du bist also hergekommen, um Mystery zu besuchen?“
Teresa nickte und schluckte ein paar trockene Krümel herunter. „Mystery und ich … wir haben so viel miteinander erlebt. Wir haben Turniere geritten, wir haben Pokale gewonnen. Wir hatten jede Menge Spaß im Wald …“
„… und in der Luft, wenn ihr nachts über die Wolken geflogen seid“, hakte Laura ein.
Teresas Augen weiteten sich. „Dann wisst ihr also von Mysterys Geheimnis?“, flüsterte sie.
„Ja“, sagte Laura. „Sternenschweif ist ebenfalls ein Einhorn. Und ich bin eine Hüterin. Ich konnte Julia helfen, sich mit Mystery anzufreunden und sein Geheimnis zu entdecken.“
Teresa sah Laura anerkennend an. „Du bist jung für eine Hüterin. Und, ja, du hast recht, am schönsten war es natürlich, mit Mystery durch die Nacht zu reiten.“ Sie seufzte. „Dann bin ich ins Internat gekommen. Ich wollte ja dorthin, es ist eine tolle Schule mit einem richtig guten Angebot. Nur Pferde darf man dort natürlich nicht haben. Ich wollte damals einfach nicht wahrhaben, wie sehr mir Mystery fehlenwürde.“ Sie erschauerte. „Es war furchtbar ohne ihn. Ich wollte ihn immerzu sehen. Das ging aber nicht. Die Schule war zu weit weg, ich hatte keine Möglichkeit, hierherzukommen.“
Laura sah Teresa von der Seite an. Teresas war in Gedanken weit weg, in einer anderen Zeit. Sie tat Laura furchtbar leid. Also hatte sie ihr Einhorn tatsächlich nicht leichtfertig zurückgelassen.
„Und in den Ferien? Da hättest du doch mal kommen können, oder?“, fragte Laura behutsam.
Teresa lächelte traurig. „Das hätte ich. Aber ich habe mich nicht getraut.“ Sie seufzte schwer. „Mein Abschied von Mystery war so überstürzt. Ich konnte ihm nicht erklären, was in mir vorging, weil ichso vieles selbst nicht verstanden habe. Außerdem war kaum Zeit, die Schule fing ja an. Ich konnte Mystery nur versprechen, ihn so oft wie möglich zu besuchen. Aber dieses Versprechen konnte ich nicht halten.“ Teresa schwieg eine Weile und blickte beschämt zu Boden. „Ich dachte, er müsse so enttäuscht von mir sein, dass er mich in den Ferien sicher auch nicht sehen will“, fuhr sie schließlich mit leiser Stimme fort. „Erst, als mein Vater in die Nähe zog und mir von Mystery erzählte, wurde es etwas besser. Und dann schlug er vor, dass wir gemeinsam zu Förster Cooper reisen. Ich … Ich hatte mir fest vorgenommen, nicht hierherzukommen, um nicht alte Wunden aufzureißen. Aber dann habe ich Mysterys Foto gesehen …“
„Und die Sehnsucht hat dich übermannt“, vollendete Laura den Satz. „Das können wir gut verstehen. Und ich verstehe jetzt auch, warum Mystery heute so schwindelig war. Sicher hat er gespürt, dass du hier bist, Teresa. Das hat ihn furchtbar durcheinandergebracht.“
Die Mädchen blickten zu Mystery und Sternenschweif. Sie standen am anderen Ende der Koppel. Sternenschweif stupste Mystery immer wieder aufmunternd in die Seite, als wollte er ihn auffordern, nicht länger den Kopf hängen zu lassen.
„Ich weiß, dass er es hier gut hat“, sagte Teresa leise. „Aber wenn ich ihn so sehe … Wie gern würde ich wieder jede freie Minute mit ihm verbringen. Am liebsten würde ich ihn sofort mitnehmen, damit wir wieder wie früher endlos ausreiten können. Wenn er mir nur verzeihen würde!“ Sie stand auf, um auf Mystery zuzugehen.
Auch Julia erhob sich und warf Laura einen verzweifelten Blick zu. „Aber“, sagte sie mit erstickter Stimme, „aber das kann sie doch nicht machen! Sie kann doch nicht
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