Sternenschweif 29 - Die goldene Muschel
verlieren. Für Sternenschweif zählte jede Minute!
Im Inneren war es stockfinster. Laura ging einen schmalen Weg entlang. Das Licht ihrer Taschenlampe flackerte, kurz darauf erlosch es ganz. Hätte sie doch bloß die Batterien vorher ausgetauscht! Im ersten Moment sah Laura gar nichts mehr. Ihr war mulmig zumute. Dann gewöhnten sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit. Wo sollte denn bloß Licht in die Höhle fallen, um die Muschel erstrahlen zu lassen?, fragte sich Laura. Lediglich denEingangsbereich hatte der Mond erhellt. Aber dort hatte sie nichts entdecken können. Sie beschloss, trotzdem weiterzugehen. Es wurde zunehmend anstrengender, die Füße aus dem Sand zu ziehen, denn das langsam hereinfließende Wasser machte ihn schwerer und schwerer. Der Gang, dem Laura gefolgt war, weitete sich. Sie betrat einen kreisrunden Raum, in dessen Mitte sich ein kleiner See befand. Er schien von Minute zu Minute größer zu werden und sich zu den Felsen auszustrecken. Laura ging langsam um den See herum und starrte auf den Boden. Doch sie sah nur Sand und zermahlene Muscheln. Wenn es doch nur irgendwo in dieser grauen Masse ein goldenes Funkeln gäbe! Sie spürte einen Luftzug. Wo kam dennhier mitten in einer Höhle Wind her? Sie blickte nach oben. Und tatsächlich gab es dort, ganz oben in der Decke der Höhle, eine kleine Öffnung. Während Laura noch nach oben blickte, erschien plötzlich der Mond darin. Sein strahlend helles Licht fiel in das Innere der Höhle und traf auf die dunkle Oberfläche des Sees. Hatte dort im Wasser nicht etwas aufgeblitzt? Laura trat einen Schritt vor und streckte eine Hand aus. Ihre Finger tauchten in das eisige Wasser und befühlten den Sandboden. Sie tastete sich weiter, an großen und kleinen Kieselsteinen entlang. Und plötzlich spürte sie die geriffelte Oberfläche einer Muschel. Sie umschloss sie mit ihren Fingern und zog die Hand aus dem Wasser. Vorsichtig öffnete sie sie. Ihr Herz machte einenSprung. Die magische Muschel! Das Mondlicht tauchte sie in ein golden schimmerndes Licht. Sie hatte sie gefunden!
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Laura hätte am liebsten laut gejubelt. Sie hatte es geschafft! Nun musste sie so rasch wie möglich zu Sternenschweif. Der kleine See war in der Zwischenzeit rasend schnell gewachsen. Sie musste sich beeilen, aber auf dem schlüpfrigen Sandboden kam sie nur mühsam voran. Sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen. Ihr war kalt und sie hatte Angst. Wenn doch nur Sternenschweif hier wäre. Da hörte sie einen seltsamen Laut. Es klang fast wie ein Wiehern.Hatte sie sich verhört? Nein, da war es wieder. Konnte das sein? Es klang wie Sternenschweif. Und tatsächlich! Er war es!
Im Gegenlicht des hereinfallenden Mondes zeichnete sich sein Körper als dunkle Silhouette ab. Er musste seine letzte Kraft zusammengenommen haben, um es bis hierher zu schaffen. Mühsam kämpfte sichLaura zu ihm und schlang ganz fest die Arme um seinen Hals.
„Sternenschweif“, flüsterte sie. „Du bist es!“ Eine Weile verharrten sie schweigend. Laura war so froh, Sternenschweifs warmen Körper und sein seidiges Fell zu spüren. Dann löste sie sich von ihm und streckte ihm die Hand hin. „Hier, sieh mal, was ich für dich habe.“ Der goldene Schein der Muschel spiegelte sich in Sternenschweifs dunklen Augen wider.
„Ja, ich habe es geschafft“, sagte Laura stolz. „Ich habe die Muschel gefunden.“
Sternenschweif blickte sie voller Dankbarkeit an. Dann stupste er sie in die Seite und wieherte sanft. Laura griff in seine Mähne. Nur mit Mühe konnte sie sich hochziehen. Ihre Reitstiefel waren vollgelaufen und schwer vom eiskalten Wasser. Mit schleppenden Schritten trug Sternenschweif sie nach draußen. Und dann erreichten sie endlich den Strand.
Laura stieg ab, kippte das Wasser aus ihren Stiefeln und suchte sich zwei große Steine. Erschöpft gingen sie zurück zum Stall. Zum Glück entdeckte sie niemand. Laura hätte nur schwer erklären können, warum sie mitten in der Nacht ins eiskalte Wasser gegangen war. Ihre Hose klebte an ihren Beinen und ihr war bitterkalt, aber das war egal.
Kaum waren sie im Stall, ergriff Laura einen Eimer und lief wieder hinunter ans Meer. Sie füllte ihn mit Wasser und ging, so schnell sie konnte, zurück. Dann breitete sie eine alte Zeitung auf dem Stallbodenaus und zermahlte die Muschel zwischen den beiden dunklen Steinen. Danach ließ sie das Muschelpulver aus der Zeitung ins Wasser rieseln.
„Hier, mein Freund, trink und werde gesund“, flüsterte
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