Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit
Feuer ab. »Ja, du bist bereit. Aber nicht heute nacht. Heute nacht gibt es ein Festmahl. Und dann möchte ich gern, daß du zur Vereinigung der Herden in die Ebene zurückkehrst. Deiner Großmutter geht es nicht gut; ich erfuhr es. Und wenn dies ihre letzte Vereinigung ist, möchte ich gerne, daß du bei ihr bist.
Dann magst du üben.«
Ja, sie würde Spieß und Zielscheibe gebrauchen. Sie würde mit Stöcken kämpfen. Sie würde laufen und alle Übungen absolvieren, die nötig waren, um ihren Körper aufzubauen. Aber ihr Herz brauchte nichts. Es war wieder heil. Sie ergriff des Jungen Hand und spürte die Kraft der Steine zwischen ihnen beiden.
Sie war heil.
15 Dunkeljunge
Kadura ging es nicht gut. Dunkeljunge sah es sofort, als sie ihr Kefri erreichten. Sie stand in der Nähe der Tür, trotz der Nachmittagshitze in ihren Nachtumhang gehüllt. Neue Linien hatten sich in das Gesicht eingegraben, als wäre sie magerer geworden, und über den Augen lag ein Schatten. Und was er verbergen mochte ...
Khira schien es nicht zu bemerken. Sie rannte ungestüm auf Kadura zu. »Wir haben die Vereinigung nicht verpaßt, oder?«
Die alte Frau umarmte Khira und studierte sie genau, sah tief in sie hinein. Khira trug das kastanienbraune Haar locker über einem Ohr geknotet, und die Haut hatte eine gesunde Sonnenbräune angenommen. Schwung und neues Selbstvertrauen waren nicht zu übersehen. »Die Herden haben sich noch nicht gesammelt. Du hast eine gute Reise gehabt, Tochter Tochter.«
»Ja, ich habe mit dem Training begonnen. Ich habe schon zehn Tage lang in den Bergen geübt.«
»Du hast gut angefangen. Ich sehe es in deinem Gesicht.« Kadura wandte sich an Dunkeljunge, der Schatten über ihren Augen vertiefte sich. »Und dein Freund – Dunkeljunge, hast du ihr geholfen?«
»Wenn ich konnte«, antwortete er, indem er die Frage rasch abtat. »Kadura «
Kadura, warum schaust du krank aus?
Aber sie schüttelte den Kopf vor dieser unausgesprochenen Frage und führte Khira ins Kefri. Dies war nicht der rechte Zeitpunkt, um über die Veränderung zu sprechen, die er in ihr sah.
Dies war der Zeitpunkt, eine neue Phase in Khiras Training einzuleiten: die Nachtpirsch. Die erste unternahmen sie in dieser Nacht; verließen das Lager bei Sonnenuntergang und nahmen nur ihre Spieße und ein paar Riegel getrockneter Früchte mit.
»Ich möchte zum Hain jenseits der Gipfel gehen«, erklärt Khira, als sie am verlassenen Unterrichtsplatz vorbeikamen »Im Sommer kommen manchmal Whispreys dorthin; und Nachtrufer. Und zuweilen kommt eine Weißmähne aus dem Wald jenseits der Ebene.«
»Eine Weißmähne?« antwortete Dunkeljunge zerstreut, der sich noch immer über die Veränderung in Kadura wunderte. Wenn sie ihm nicht sagen würde, was sie krank machte – und wenn das zutraf, was er über die Vereinigung gehört hatte ...
»Sie sind ...« Khira unterbrach sich und lauschte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nichts. Einige Leute nehmen an, daß sie eine Abart der Rotmähnen sind. Andere denken, daß sie von Tieren abstammen, die mit den Erstzeitern kamen; von Pferden. Wächterinnen gehen manchmal zum Wald und versuchen, ihre Lebensweise zu erkunden, aber keine hatte jemals ihre Unterrichtsplätze gefunden. So weiß niemand, wie sie leben. Wenn wir uns an eine heranpirschen und den Unterrichtsplatz finden könnten ...«
»Wir würden gar nichts lernen«, erinnerte er sie. Gewiß, keiner von ihnen hatte in diesem Sommer die Methoden der Rotmähnen erlernt. Er saß während des Unterrichts immer steif da, kalt und kritisch, während Khira schlief.
Sie seufzte; ihre momentane Begeisterung klang ab. »Eines Tages werde ich lernen, zuzuhören.«
Mit Ausnahme der grasenden Rotmähnen war nur wenig Leben auf der Ebene. Gelegentlich gluckten Bodenhühner verschlafen in ihren Nestern, tief versteckt in dichten Grasbüscheln. Khira hielt bei jedem Anzeichen eines Nestes inne und horchte gespannt. Dann studierte sie den Boden nach tierischem Kot und Kratzspuren, die die Hühner im Boden hinterlassen hatten.
Aber man konnte nicht viel Geschicklichkeit erlangen, wenn man Bodenhühner verfolgte. Bald gingen die Monde auf und fanden Khira und Dunkeljunge zügig den Gipfeln zustrebend. Gelegentlich kamen sie an einer einsamen Rotmähne oder einem Hengst und Stuten vorbei.
Mehrere Male umgingen sie Wächterinnenlager und kamen an Stellen vorbei, wo Gruppen von Rotmähnen und Wächterinnen um Teiche oder Bäche versammelt waren.
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