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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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das Flüstern steigerte sich zu einem hellen Winseln. Rasch riß der Whisprey den Riegel in zwei Teile und schloß je eine Hand um die Stücke.
    Einen Augenblick später öffneten sich die Hände, und er begann sich wieder von einem Fuß auf den anderen zu wiegen, flüsterte erneut, dieses Mal mit einem fordernden Unterton. Dunkeljunge trat näher. An den Handflächen des Wesens haftete nur noch eine klebrige Masse. Und die geflüsterte Bitte dauerte an, wurde zu einem wütenden Brummen, als Khira keinen zweiten Riegel anbot. »Es gibt nichts mehr«, sagte sie und verschloß ihren Packen.
    Sofort erschienen Häutchen auf den gebüschelten Augen des Whispreys. Es stand völlig still, preßte die kleinen Hände, bis selbst der klebrige Rest aufgenommen worden war. Dann stand es jäh auf und lief fett, watschelnd und komisch davon.
    Doch wie ulkig dieses Geschöpf auch wirken mochte, es war dieses Mal viel schwerer, ihm zu folgen. Es hinterließ nur spärliche Spuren auf dem mit dürrem Laub bedeckten Boden, gelegentlich ein ausgerissenes Haar, einen Speichel tropfen, eine kaum wahrnehmbare Verwerfung im Laub, das den Boden bedeckte. Es erforderte Khiras ganze Konzentration und Geschicklichkeit, seiner Spur zu folgen.
    Dann hockte das feiste Wesen wartend und wie zum Spott unter einem anderen Baum. Wieder blickte es mit schnell blinkenden Augen auf, wieder erbettelte es einen Fruchtriegel und nahm ihn auf. Wieder zog es sich entrüstet zurück, als weitere Angebote verweigert wurden.
    Beim dritten Mal war es noch schwieriger, dem Whisprey nachzuspüren. Dunkeljunge und Khira gingen zwischen den Bäumen hindurch, fanden noch weniger Spuren, bis sich das Tier ihnen selbst zeigte und brummend seine Belohnung forderte.
    Das vierte Mal, als sie das Tier fanden, waren die Spuren, die durch den Hain führten, so dürftig, daß sich Dunkeljunge nicht sicher war, ob das Tier, das sie entdeckt hatten, dasselbe war, dem sie nachgespürt hatten. Aber das Tier machte sich beinahe sogleich wieder bemerkbar, um gefüttert zu werden; und dieses Mal verschwand es, ohne daß man ihm einen zweiten Leckerbissen mündlich verweigert hätte.
    »Ich glaube nicht, daß wir es wiederfinden werden«, sagte Khira.
    Sie suchten überall, prüften sorgfältig den Erdboden auf Spuren hin. Mehrere Male kreuzten sie ihre eigene Spur und folgten ihr eine Weile, bevor sie sich wieder von ihr entfernten.
    Sie waren bereits dreimal unter demselben hohlen Baum vorbeigekommen, dessen fedrige Blätter ihr Haar streiften, als Dunkeljunge aufblickte und in der Ferne eine schwach schimmernde Gestalt sah. Ihn fröstelte, als die schattenhafte Gestalt außer Sicht glitt; er wußte, daß es im Hain schwarze und graue Schatten gab, aber keinen in der Farbe des Mondlichts. »Khira – dort ...«
    Sie blickte eben rechtzeitig auf, um den Schatten wieder auftauchen zu sehen. Er stand gelassen zwischen den Bäumen; eine taufeuchte weiße Gestalt mit anmutig geschwungenem Nacken und schmalen Beinen. Sie schien sie zu beobachten, schweigend in der andächtigen Stille, die sie zu umgeben schien. »Eine Weißmähne«, flüsterte Khira und bewegte sich langsam vorwärts. »Wenn wir uns nicht zu rasch bewegen ...«
    Das Tier beobachtete mit zitternder Wachsamkeit, wie sie ihm entgegenschlichen. Mit jedem vorsichtigen Schritt konnte Dunkeljunge mehr Einzelheiten unterscheiden; einen langen schmalen Kopf mit aufgerichteten Ohren und geblähten Nüstern; Augen, die rosa im Mondlicht glitzerten; eine seidige weiße Mähne; mächtigen Schultern und Hinterbacken, getragen von feingeformten Beinen. Die Weißmähne blickte zu ihnen her über den schattigen Hain, ein Wesen voller Anmut und Kraft.
    Aber auch ein sehr schreckhaftes Geschöpf. Es schüttelte nervös die Mähne, als sie sich ihm näherten, und tänzelte zwischen die Bäume zurück. Sie blieben stehen, bis das Tier seinen Schrecken vergessen hatte; dann bewegten sie sich erneut langsam vorwärts. Dieses Mal stieg das Tier auf die Hinterbeine und warf die furchteinflößenden Hufe in die Luft. Dunkeljunge hielt den Atem an, aus Angst, das Tier würde hintüberfallen. Aber es sank wieder auf alle vier Beine herab, tänzelte durch die Bäume davon und stieß ein schrilles Wiehern aus; die Hufe trafen fast lautlos auf dem dicht belaubten Boden auf.
    Der Spur der Weißmähne war nicht schwer zu folgen. Sie führte zur entfernten Grenze des Haines und weiter in nördliche Richtung. Dunkeljunge und Khira standen an der

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