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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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dunkler. Im Gegensatz dazu waren seine Nägel rosa. Seine Haut war nur etwas gröber als ihre und dunkel gebräunt. Er hatte zwei sichtbare Verletzungen; eine lange, rosafarbene Schramme am Kiefer und einen Fingernagel, der aussah, als wäre er vor kurzem eingerissen.
    Sie fühlte sich vor Aberglauben erbeben. Wie war er, im Tod des Winters, zum Turm gekommen? Und die gebräunte Haut; hatte er sie erworben, oder war es einfach seine natürliche Färbung? Sie schob einen Ärmel hinauf und schaute auf ihre milchweiße Haut. Das dunkle Kind ahmte stumm ihre Bewegung nach und hielt seinen Arm an ihren. Er betrachtete die unterschiedliche Färbung ohne Interesse. Sie verschwendete keinen Gedanken an das, was ihr die Arnimi über die Bewohner anderer Welten berichtet hatten, und konnte nur mit bestürzter Scheu auf seinen dunklen Arm blicken. Auf Brakrath bräunten Männer nie. Die Linie der Barohnas ging ausschließlich von der Mutter auf die Tochter über. Tatsächlich war eine Barohna unfähig, Söhne bis zur Beendigung der Schwangerschaft auszutragen; Tiahna hatte fünf Fehlgeburten gehabt, alle männlich. Und die Kinder, die Khiras Vater möglicherweise in den Steinhallen gezeugt haben mochte – sie wußte nicht, ob sie Halbgeschwister hatte; keine Palasttochter fragte nach der Identität ihres Vaters, und keine Barohnamutter gab diese Information freiwillig –, würden niemals verhärten. Sie waren Kinder der Steinhallen, so wie sie und ihre Schwestern barohnial waren.
    Und dennoch stand dieser Junge neben ihr, gebräunt, und prüfte sie mit Augen, so schwarz wie der Stein am Thron ihrer Mutter. Bedroht durch das Geheimnis um ihn strich sie ihren Ärmel hinunter. »Ich weiß, daß du mit einem Schiff gekommen bist«, sagte sie scharf. »Ich habe schon früher Schiffe gehört.«
    Seine Pupillen verengten sich geringfügig bei dem Verdruß in ihrem Ton. Ein Mundwinkel zuckte.
    Er war mit einem Schiff angekommen, aber jetzt war kein Schiff mehr da. Und wie groß mußte es gewesen sein, um einen derartigen metallischen Schrei zu erzeugen, der sie entsetzt hatte? Sie erinnerte sich wütend an ihre Angst. »Das kannst du nicht«, sagte sie plötzlich herausfordernd, streckte eine Hand aus und schloß sie um die gezackten Glasscherben. Als sie die Hand wieder öffnete, waren Handfläche und Finger blutig.
    Ein Zucken seiner dunklen Brauen verriet seine Gemütsbewegung. Er befeuchtete die Lippen und schloß bedächtig die Finger seiner rechten Hand. Sie waren noch weiß vor Kälte. Und auch noch taub, dachte sie verächtlich. Aber ein rascher Schmerz lief über sein Gesicht, und seine Hand öffnete sich ruckartig und ließ die Steine fallen. Er blickte argwöhnisch zu Khira, um ihre Reaktion zu sehen.
    »So, du möchtest Verstreu-Hüpfen spielen«, verspottete sie ihn sanft. Es nagte an ihr, daß er so hartnäckig an die Turmtür geklopft hatte, während sie auf der anderen Seite gehockt hatte und zu ängstlich gewesen war, um den Riegel zu lösen. Es fraß in ihr, daß er nicht vor Kälte bibberte, die noch immer um ihn war. Sie warf rasch ihre eigenen Scherben quer über den Fußboden und bückte sich, um ihre Stiefel auszuziehen. »Es gibt zwei Arten, wie man Verstreu-Hüpfen spielen kann: die Art der Kinder, mit Stiefeln an den Füßen, und die übliche Methode. Bist du noch ein Kind?«
    Er zögerte kurz, dann ließ er die zweite Handvoll Scherben los. Indem er ihre Bewegungen nachmachte, öffnete er seine Stiefel – wie glatt sie waren und seltsam geschnürt –und streifte die dünnen Strümpfe von den schmalen Füßen. Sie waren so dunkel wie Hände und Gesicht, aber schwieliger. Dann blickte er zu Khira, auf weitere Anweisungen wartend.
    Ihre Augen sprühten vor Bosheit. Sie nahm ihr Haar zurück und machte einen lockeren Knoten hinein. »Schau!« Dann hüpfte sie barfuß quer über das Scherbenfeld und bemühte sich, die herumliegenden Steine weder zu verstreuen noch sich den Fuß an ihnen zu verletzen. Die Steine waren zu dicht gefallen, aber als sie ihre scharfen Kanten fühlte, die ihr in den Fuß schnitten, biß sie sich von innen in die Wange und machte weiter, bis sie den Fußboden überquert hatte. Dann rannte sie in einem Viertelkreis um die ausgebreiteten Scherben herum und hüpfte erneut hindurch, auf dem anderen Bein. Als sie ihr Spiel beendet hatte, hatten beide Füße blutige Spuren auf dem Boden hinterlassen. Sie zählte befriedigt die dunklen Flecken.
    »Nun?«
    Er blickte auf ihre blutenden

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