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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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war ausgeschlossen. Der Lenkende beherrschte die Kontrolle über die motorischen Muskeln des Jungen, aber es gab keine Maßnahme, das Empfindungsbewußtsein zu kappen, ohne ihn in den Tranceraum zu locken.
    Wenigstens kannte der Lenkende keine solchen Maßnahmen. Er tobte. Warum war der Vertrag so ungeschickt aufgesetzt? Man hatte ihm gesagt, die Aufgabe wäre einfach, der Junge sei völlig ergeben. Man hatte ihm gesagt, er brauche nur den grundlegenden Richtlinien zu folgen. Statt dessen war die Aufgabe zu einem komplizierten Alptraum geworden.
    Da gab es noch einen anderen Betrug. Man hatte ihm gesagt, daß er die vernunftbegabte, leitende Kraft sein würde, daß er seinen Pflichten nachgehen könnte, ohne Gefühle erdulden zu müssen. Was waren dann Furcht, Wut und Verwirrung, wenn nicht Gefühle?
    Beide, die Arnimifrau und Khira, starrten ihn an. Der Junge wollte mit ihnen reden. Der Lenkende rang mit ihm, machte seine Lippen starr. Und zur selben Zeit hinderte der Junge den Lenkenden am Sprechen. Der Lenkende griff nach seiner Kehle und würgte. Er mußte den Jungen von der Arnimi fortschaffen, bevor sie ihm weitere schädliche Informationen geben konnte. Mit einem trockenen Krächzen zwang er den Jungen dazu, sich umzudrehen und fortzutaumeln.
    Er lief mühsam, unbeholfen, die Muskeln verknotet und widerstrebend verkrampft. Der Lenkende konnte spüren, wie der Junge darum kämpfte, ihn zurückzuhalten und die Kontrolle über seinen Körper zu gewinnen. Einmal wandte sich der Junge um und schaute flehend zu Khira und der Arnimi.
    Der Lenkende wollte sich nicht geschlagen geben. Er zerrte den widerstrebenden Jungen aus dem Thronsaal und den Flur hinunter zu den Treppen des Wachturms. Er schwankte gefährlich die Stufen hinauf, tastete nach einem Halt an der Wand. Als er den Turm erreichte, warf er den Körper des Jungen gegen die Wand in die Hocke und zwang seinen Kopf auf die hochgezogenen Knie, ungeachtet der Kälte. Das verzweifelte Heben und Senken des Brustkorbes war sein eigenes, schmerzhaft verkrampft.
    Verbissen arbeitete der Lenkende daran, die Atmung des Jungen zu verlangsamen und das hämmernde Blut von seinem Kopf abzuziehen. Allmählich wurde das Aufbäume des Jungen schwächer; er saß da mit kaltem und ruhige Gesicht, sein Atem ging langsam und regelmäßig.
    Wenn die Brüder des Jungen Illusionen waren, so war der Lenkende der Meister der Illusion. Er löste die Stimme der Brüder im Bewußtsein des Jungen aus, vom Geschrei des jüngsten Säuglingsbruders bis zum beruhigenden Murmeln der älteren Brüder. Als die Aufmerksamkeit des Jungen gebannt war, machte der Lenkende langsam die Tür zum Tranceraum sichtbar. Licht ging von ihr aus, und drinnen schwebten die Gesichter seiner Brüder, hell leuchtend. Dennoch war die Luft des Tranceraums eigenartig wirbelnd, nebelig, und verwischte die Einzelheiten. Die Brüder des Jungen lächelten ihm zu, winkten, ihre Gesichtszüge waren strahlend, aber verschwommen.
    Auf einer Ebene kämpfte der Junge noch. Ein Stöhnen entrang sich ihm. Der Lenkende beachtete es nicht, sondern spann seine Illusion weiter, spielte sie aus gegen das gefangene Bewußtsein des Jungen.
    Dann, ohne Vorwarnung, bebte sein eigenes Bewußtsein. Er spürte, daß der Junge seinen Kopf heftig gegen die Wand warf, fühlte Schmerz in der Schulter, verzagte unter dem zornigen Peitschen der Stimme Khiras. Seine Augen flogen  auf. Sie beugte sich über ihn, schüttelte ihn ungehalten. Ihre Lippen waren gespannte Schlitze, ihre Wangen heiß überflutet. Ihre Augen brannten.
    Wut.
Er war abhängig von Khira, und sie war wütend. Hastig beendete der Lenkende die Illusion des Tranceraumes und ließ die Stimme der Brüder ersterben. Mühsam bewegte er die Lippen des Jungen. »Khira ...«
    Ihr Name kam schwach. Der Junge kämpfte ebenfalls darum, ihn auszusprechen.
    Sie war nicht beschwichtigt. Adar brannte aus ihren Augen, hell vor Angriffslust. »Weißt du, wie oft ich dir Fragen stellte und du vorgabst, du könntest mir nichts sagen? Und dann marschiert eine Arnimi mit einem Instrument in der Hand in den Thronsaal, und du redest mit ihr. Jetzt wirst du auch mit mir sprechen!«
    »Nein!« Der Lenkende und der Junge rangen darum, dasselbe Wort hervorzubringen. Es kam trocken und heiser heraus. »Nein! Ich – ich kann nicht. Ich kann nicht ...«
    »Doch, du kannst es«, erwiderte Khira sofort. Ihre Finger gruben sich tiefer in seine Schultern. »Du hast mit Techni-Verra gesprochen. Du hast ihr

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