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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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zurückgebracht werden konnten. Er zögerte noch.
Den Jungen zu fremden Orten
zu
führen; seinen Körper zu schützen und ernähren …
Diese Pflichten lasteten schwer auf ihm. Außerhalb des Palastes gab es wilde Tiere und Gefahren.
    Doch im Palast war Tiahna. Der Lenkende erschauerte, erinnerte sich an ihre tiefen Augen und die Kraft, die in ihnen war. Sie schlief heute nacht, aber morgen würde sie nach Dunkeljunge schicken und ihm Fragen stellen.
    Unbewußt hob der Lenkende die Hand an die Kehle. Dunkeljunge konnte nicht lügen, und der Lenkende wußte, wenn er Tiahna an Dunkeljunges Stelle gegenüberstünde, wäre er überhaupt nicht fähig zu reden. Seine Luftröhre zöge sich zusammen, und er würde ohnmächtig. Panik beschleunigte seinen Herzschlag. Warum
hatten
die Benderzic ihn nicht mit dem Schutz der Fähigkeit zu lügen ausgestattet? Es schien so einfach, sich zu verteidigen, indem er Tiahna eine glaubhaft vorgebrachte Geschichte von einem abstürzenden Schiff und verlorenen Menschen erzählte.
    Angespannt trat er aus dem Schatten. »Ich muß noch meine Schuhe anziehen. Ich treff dich in der Küche.«
    Khira betrachtete ihn einen Moment lang stirnrunzelnd, dann eilte sie fort.
    Der Lenkende merkte nicht, daß seine Hände zitterten, bis er versuchte, die Stiefel zu schließen. Er ballte die Fäuste und starrte mit einem aufsteigenden Gefühl von Hilflosigkeit auf sie. All die Dinge, die man ihm versprochen hat daß er nicht von Angst, von Unsicherheit belästigt werd würde – nicht nur, daß es nicht zutraf; als er sich an die Person zu erinnern versuchte, die es ihm versprochen hatte, fiel ein Schatten über seine Erinnerung, und er konnte sie nicht erkennen. Wenn er den Arnimi Glauben schenkte, waren die Benderzic seine Meister, aber er konnte sich nicht an ihre Gesichter erinnern.
    Und er
war
durch Furcht und Ungewißheit beunruhigt. Seit dem Tag, da Khira ihn im Turm eingesperrt hatte, waren sie seine ständigen Gefährten. Es war schwer, an seine frühere Zuversicht zu denken. Jetzt sah er in jeder Ecke Gefahren, hörte aus jedem Ton eine Bedrohung. Sogar Khira erschreckte ihn, wenn sie die Stirn runzelte, wenn sie scharf sprach – erschreckte ihn so, daß er zu eingeschüchtert war, ihr Antwort zu geben. Das überließ er Dunkeljunge, weil Dunkeljunge wenigstens wußte, wie man sie zufriedenste lenken konnte.
    Jetzt aber, als er auf der Bettkante saß, erkannte der Lenkende, daß er sich zu sehr auf Dunkeljunge verlassen hatte. Seit Händen von Tagen – ohne Entsetzen, ohne Angst hatte er es Dunkeljunge erlaubt, zu gehen, wohin es ihm beliebte, zu berühren, sammeln und fragen, was immer wollte. Er hatte sich nur in Momenten äußerster Panik eingemischt. Er hatte alle Verantwortung abgelegt und weniger dem Vertrag gehorcht und seiner Verpflichtung, ihn zu führen, als vielmehr seiner persönlichen Furcht.
    Der Lenkende zwang sich aufzustehen. Wenn er Furcht als ein Instrument, eine Warnung, auffassen könnt vermochte er sie gewiß zu beherrschen. Und in diesem Sinne war auch Unsicherheit ein Werkzeug, ein Zeichen, laß er mehr Gedanken an seine Tätigkeiten verwenden mußte, daß er nicht zulassen konnte, daß ihn die Ereignisse mitrissen. Daß er seine Verpflichtungen erfüllen mußte.
    Jetzt, heute nacht, ertönte Donner, und Donner brachte Dunkeljunge dazu, nach Bildern zu greifen, die knapp außer Reichweite seines bewußten Denkens lagen. Der Lenkende mußte verhindern, daß Dunkeljunge diese Bilder fand, selbst wenn das bedeutete, daß er ihn überwältigen und selbst mit Khira fliehen mußte. Selbst wenn es bedeutete, Ihrer Wut und Verachtung gegenüberzutreten. Weil sie in diesen Tagen deutlich gezeigt hatte, daß sie ihn verachtete.
    Rasch, bevor er in seinem Entschluß wieder schwankend werden konnte, verließ der Lenkende das Zimmer und eilte den Flur hinunter zur Küche. Alles, was er zu tun hatte – sagte er sich über das ängstliche Schlagen seines Herzens  – war, mit ihr zu gehen, so, wie Dunkeljunge ginge, und ihr so zu antworten, wie Dunkeljunge ihr antworten würde. Wenn er vorsichtig wäre, würde sie es im Dunklen vielleicht nicht einmal bemerken.
    Dennoch, als er die Küche betrat und Khira sich umwandte und scharf in seine Richtung blickte, schwankte er einen Moment. Sie würde ihn sofort an seiner steifen Haltung erkennen, an dem Timbre seiner Stimme, an einem Dutzend anderer Anhaltspunkte.
    Trotzdem, besser Khiras Wut als Tiahnas Feuer. »Ich hatte Schwierigkeiten,

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