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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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umkehren? Hier auf Juaren warten? Das war eine wenig erfolgversprechende Möglichkeit. Sicherlich würde sie seine Spur wiederentdecken, wenn sie in größerem Umkreis von seinem letzten erkennbaren Fußabdruck aus suchte. Jedenfalls sagte sie sich das. Und falls nicht, wäre sie zumindest nicht verlorener als jetzt.
    Entschlossen und ihre Bedenken unterdrückend, zog sie mit der Schuhspitze ein großes X auf den Boden. Von da aus schlug sie einen weiten Kreis und einen noch weiteren, wobei sie ständig auf den Boden sah.
    Sie fand nichts. Trotzdem setzte sie die Suche fort und weigerte sich lange, sich einzugestehen, daß ihr dritter und größter Kreis unregelmäßig und richtungslos ausgefallen war; daß sie ihr eigenes Merkmal ebenso verloren hatte wie die Spur Juarens.
    Endlich hielt sie inne und sah hoch, entmutigt und mit allmählich aufkommender Furcht. Der Himmel war gleichmäßig grau: keine Hilfe. Die Richtung und Länge der morgendlichen Schatten boten ihr ebenfalls keine Orientierungshilfe. Ohne Sonne oder Mond waren sie nur undeutlich umrissene graue Flecken unter den Bäumen. Als sie dort stand und sich gegen die ersten Anzeichen aufkommender Panik wappnete, stellte sie fest, daß die Bäume hier irgendwie anders waren. Sie waren einander sehr ähnlich. Reyna stand inmitten endloser Reihen gleichartiger, spärlich belaubter weißer Stämme.
    Sie befingerte die Kontrollen ihres Antischwebegerätes, sah sich in wachsender Angst um und versuchte, sich zu entscheiden, was sie als nächstes tun sollte. Den Schweber anzustellen und schnell auf einem Zufallskurs auf der Suche nach dem Fluß durch die Bäume zu gleiten, hieße zuzugeben, daß sie sich verirrt hatte.
    Und es nicht zu tun war dumm, falls sie sich tatsächlich verirrt hatte.
    Noch stolperte sie eigensinnig weiter und bemühte sich darum, ihren Kreis zu vollenden ... bis zu dem Augenblick, als sich Juaren lautlos aus den Schatten des frühen Morgens löste und sie vor Überraschung aufschrecken ließ. Er legte einen Finger an die Lippen und flüsterte: »Dort drüben.«
    Reyna seufzte vor Erleichterung, aber er schien es nicht wahrzunehmen. Dankbar folgte sie ihm.
    Er führte sie zum Fluß zurück zu einer Stelle, wo er zu einem dünnen Rinnsal geworden war, in einer engen Schleife
    floß und so eine schmale Halbinsel geschaffen hatte. Hier wuchsen weißstämmige Schößlinge und rosafarbige Geschöpf derselben Art, wie dasjenige, das vor ihnen fortgelaufen war, schwärmten die schlanken Bäume hinauf und hinab, wobei sie geräuschvoll schnatterten.
    »Sie nähren sich«, flüsterte Juaren. »An den Stämmen sind Blasen voll Saft, wie du siehst. Sie haben spröde Wände, und wenn man hineinsticht, sind sie voller Flüssigkeit. Hier ...« Er wandte sich um, betrachtete die Bäume hinter sich und wählte eine der bernsteinfarbenen Schwellungen aus. Er trieb die Spitze seines Messers durch die Wand; bernsteinfarbene Flüssigkeit trat aus und rann den Baumstamm hinab. Es ist klebrig«, sagte er. »Es erhärtet fast sofort. Soweit ich es bis jetzt beurteilen kann, lecken sie daran, bis sich die Wände auflösen, und dann füllen sie ihre Halsbeutel mit der Flüssigkeit.«
    »Können wir uns das näher ansehen? Ohne Furcht haben zu müssen?«
    »Wir können es versuchen. Hier ...«
    Sie schlichen vorsichtig weiter und hielten sich in den Schatten nahe dem Flußufer. Die Geschöpfe kletterten hurtig die glatten Baumstämme hinauf und hinunter, die sie mit den plumpen rosa Gliedern umklammerten. Sie nähmen Nahrung auf, bis ihre Beutel zum Platzen voll waren. Dann torkelten sie fort, schwatzten miteinander und stießen zuweilen kleine spitze Schreie aus.
    Erst als die kichernden Stimmen in den Bäumen erstarben, wurde sich Reyna bewußt, daß Juarens Schulter ihre berührte und daß ihre Hand den Weg in seine gefunden hatte. Sofort zog sie sich zurück, unerklärlicherweise verlegen, und er ließ ihre Hand mit überraschtem Stirnrunzeln los.
    »Ich ... ich dachte, du könntest dein Antischwereaggregat brauchen«, sagte sie rasch und wünschte sich, die heiße Woge zurückhalten zu können, die ihr Gesicht überflutete. Sie machte, daß Reyna sich linkisch vorkam, so, als hätte sie etwas zu verbergen. »Ich habe das Gerät mitgebracht.«
    Juaren fand seine Selbstsicherheit vor ihr wieder. »Gut. Ich möchte zu den Baumwipfeln hinauf. Kommst du mit?«
    Zweifelnd sah sie hinauf und fragte sich, ob er sie einlud, mit ihm den Wald zu erkunden, oder zu etwas

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