Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
Vom Netzwerk:
Fell dampfte, ihre Pupillen waren schmal und zitterten. Sie leckte sich nervös die Lippen. »Zurück ... sie ging zurück. Sie wollte nicht hierher mitkommen.«
    »Aber du mußtest kommen. Ich habe dich ermahnt, daß du es nicht tun solltest; aber du hast es trotzdem getan. Obwohl du weißt, daß du keine Seide besitzen kannst.« Plötzlich erkannte Tsuuka, daß sie diesmal einen Vorteil vor dieser dickköpfigen Tochter hatte: Dariim hatte Angst – und sie nicht.
    »Meine Seide ... es ist meine Seide!« Die Worte kamen leise, aber widerborstig und waren von einem Aufglimmen in Dariims gelben Augen begleitet.
    »Es ist eine Meisterseide. Kein Sithi kann eine Meisterseide halten. Sie werden im Verborgenen gehalten, außer, wenn sie benötigt werden, um einer Singseide Stimme zu verleihen.« Tsuuka langte aus, um Dariim einen Schlag aufs Ohr zu geben, aber sie wich zurück; sie zitterte steif. »Weißt du das denn nicht?«
    »Es ist meine Seide«, beharrte Dariim. Die Muskeln auf ihrem Rücken und den Schultern hatten zu zucken begonnen. Sie schüttelte sich in ärgerlicher Ungeduld. »Meine.«
    Tsuuka starrte sie an; allmählich kam sie hinter das, was sie sah; verstand sie die Steifheit und den Schrecken ihres Jungen. »Du bist wegen der Seide gekommen, aber du hast die Nachtmahre gefunden, mein Junges«, sagte sie sanft.
    Tsuuka wußte inzwischen über die Nachtmahre Bescheid. Sie hatte erfahren, daß sie sich hier unbeschadet im Schlaf treiben lassen konnte, wenn sie sich ihnen ohne Widerstand überließ. Aber Dariim fühlte heute nacht, wie die Finsternis nach ihr griff, und sie verstand nichts.
    »Hier ... sie sind hier«, sagte Dariim und schüttelte sich erneut. Ihr Fell war glanzlos, ihr Blick verschleiert. »Ich kann sie sehen. Ich kann sehen, wie sie sich in den Schatten bewegen. Aber ich kann sie nicht greifen. Du bist die beste Jägerin im Wald, und ich bin deine Tochter; aber ich kann sie nicht fangen. «
    Tsuuka knurrte. Es sah Dariim ähnlich zu versuchen, einen Nachtalp zu fangen. Ein andermal konnte sie ihr von ihnen erzählen; was sie waren und weshalb sie hier so unter den Bäumen lasteten. Aber heute nacht würde Dariim nichts von alledem begreifen, egal, wie geduldig sie es ihr zu erklären versuchen würde. Soviel ersah Tsuuka aus ihren schmalen Pupillen und aus ihrem krampfartigen Erschauern.
    Heute nacht mußte sie sich entweder dem vollen Schrecken des Nachtmahrs hingeben, oder Singträume annehmen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
    Aber es gab keine Seide, die ihr Singträume hätte eingeben können. Sie hatte die rote Seide erwählt; die aber verbarg sich in den Bäumen. Und eine andere zu finden, den Rapport zu einer Seide herzustellen, die weder ihr Temperament noch ihre Mentalität kannte, wenn die Nachtmahre sie bereits in ihrem Grauen gefangen hielten ...
    Dennoch gab es eine Seide, die es vermocht hätte. Tsuuka knurrte leise, als ihr dieser Einfall kam. Die azurblaue Seide kannte Dariim – durch sie. Die azurblaue Seide hatte flüchtige Blicke auf Dariim erhascht, seit ihrer Geburt. Die azurblaue Seide hatte die Entwicklung ihres Charakters verfolgt, die Eigenart ihres Wesens mitbekommen. Und die azurblaue Seide kannte Tsuukas Sorge um ihr Zweitgeborenes.
    Wenn sie die Eindringlinge ausfindig machen könnte; wenn sie ihre Himmelsseide von ihnen zurückbekommen könnte ...
    Das war eine Möglichkeit, die Tsuukas Augen aufleuchten und ihre Ohren sich starr aufrichten ließ. Sie hatte zuvor die Witterung der Eindringlinge aufgenommen. Wenn sie ihr bis zu ihnen folgen könnte ...
    Diesmal ließ Tsuuka nicht zu, daß Dariim ihr weglief. Sie hielt sie fest bei den Schultern gepackt und redete ihr mit der ganzen Überzeugungskraft zu, die sie aufbringen konnte: »Du bist inzwischen für deine ersten Singträume reif, mein Junges. Aber hier kannst du sie nicht nehmen. Deine Seide
    hat sich verborgen, und du kannst sie nicht finden. Also mußt du mit mir kommen. Du mußt mir helfen, meine Himmelsseide wiederzufinden; und wenn ich sie gefunden habe, wird sie dir Singträume geben.«
    Dariim versuchte zu entwischen und schüttelte eigensinnig den Kopf. »Meine eigene Seide ...« wiederholte sie.
    »Du wirst deine Seide niemals fangen, wenn du nicht stark bist. Und wie kannst du stark sein, wenn die Nachtmahre mit ihren Krallen nach dir schlagen; wenn deine Muskeln sich vor Angst verkrampfen und beben? Du mußt erst Singträume nehmen. Dann wirst du fähig sein, wieder deiner Seide

Weitere Kostenlose Bücher