Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide
der Co-Signatorenschiffe an, seit Tathem die Konventionen unterzeichnet hat – vor drei Jahrhunderten. Und sie geben Vorstellungen. Du kannst sie später in den Gesellschaftsräumen tanzen sehen, wenn du möchtest. Aber zuerst müssen wir uns eintragen und unsere Kabinen zuweisen lassen.«
Die Prozedur der Eintragung in das Logbuch wurde in einer Sprache abgehalten, die Reyna nicht verstand, und schloß Formalitäten ohne erkennbaren Sinn ein. Reyna erfuhr bei dieser Gelegenheit verschiedene Dinge. Einmal, daß sie sich für die Dauer des Aufenthaltes an Bord des Frachters mittels ihres rechten Daumenabdrucks ausweisen mußte. Dann, daß in gewissen Abteilungen des Schiffes, wo nur selten Menschen hinkamen oder sich aufhielten, mittels einer unsichtbaren Einrichtung sämtliche natürlichen Gerüche aus der Luft getilgt wurden, so daß nichts als fröstelnde Leere übrigblieb. Schließlich, daß sich Juaren an Bord der
Narsid
nicht wohler fühlte als sie auch. Sie erkannte es an der gespannten Haltung seiner Schultern und daran, daß trotz der sterilen Kühle der Luft Schweiß auf seiner Oberlippe stand, auch an der Entrücktheit seines Blicks, als sie den Verwaltungssektor verließen und wieder durch das Schiff gingen.
Jedermann auf den wimmelnden Korridoren schien seine Aufgabe zu haben. Jedermann schien die knappen Worte zu verstehen, die aus den Wänden prasselten. Jedermann schien lebhaft und genau zu wissen, wohin er ging; selten nur hielt jemand an, nickte einem anderen zu oder sprach ihn an.
Als ihr blaugekleideter Führer sie zu ihren Kabinen geleitet und dort alleingelassen hatte, schwirrte Reyna der Kopf in verwirrter Benommenheit; Juaren hatte die Lippen fest zusammengepreßt, und Verras Lächeln war angestrengt geworden. Man hatte ihnen eine Suite von Räumen zugewiesen; drei kleine Kammern mit Betten und Naßzellen, die sich zu einem größeren Raum öffneten, der mit winkligen Stühlen und Tischen aus Metall eingerichtet war.
Reyna sah umher und erblickte ihren Packen, der halbverborgen unter einem der wenig bequem aussehenden Stühle lag; Verras Koffer und Juarens Packen standen dagegengelehnt.
Es gab kein Fenster. Eine Wand war mit einem Gewirr grüner Stengel bemalt; eine bösartig aussehende orangefarbene Sonne ging in einer Ecke auf. Reyna trat zurück und deckte sich angewidert über die Lippen. War diese künstlerische Darstellung dazu gedacht, den Raum weitläufiger erscheinen zu lassen? Bei ihr erweckte sie nur den Eindruck, daß sie verschlungen werden sollte; entweder von den grünen Stengeln oder von der orangefarbenen Sonne.
»Verra, die Leute, die wir in den Korridoren gesehen haben ... die Leute, die in diesem Schiff arbeiten ...«
»Die Crew setzt sich ausschließlich aus Menschen von den Welten des Co-Signatoriums zusammen«, erklärte Verra. »Wir versuchen, ständige Vertretungen aus jeder Welt auf allen Schiffen dieser Klasse einzurichten. Es hilft uns, uns gegenseitig zu verstehen. Wir benutzen die
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und ihre Schwesterschiffe ausschließlich zum kulturellen Austausch.« Verras Blick fiel unversehens auf die ärgerliche gemalte Sonne, sie strich sich irritiert mit der Hand durchs Haar, und ihre Mundwinkel verzogen sich in vager Abscheu. »Wenn du möchtest, erzähle ich dir später, welche Menschen von welchen Welten abstammen. Außerdem gibt es Bänder, aus denen du alles über ihre Kulturen lernen kannst, wenn du Interesse hast, sie anzuschauen. Aber vielleicht ziehst du es vor, dir technische Bänder anzusehen, oder unterhaltende. Du kannst über die Völker beinah ebensoviel erfahren, wenn du ihre Kunst und Technik studierst, wie durch eine mehr formale Annäherung.«
Woher sie kamen, wie sie Handelsgüter herstellten ... Reyna schüttelte ungeduldig den Kopf. Das war es nicht, was sie über die Leute zu erfahren wünschte, die sie gesehen hatte, obwohl es möglicherweise das war, was ein Arnimi für typisch hielt. Sie wollte wissen, wie sie sich an die nüchterne Atmosphäre des Frachters gewöhnten, an die falschen Farben an den Wänden und an das ständige Geprassel körperloser Stimmen.
»Wie lange müssen sie hier auf dem Schiff bleiben?«
Die Frage schien einen wunden Punkt zu berühren. Verras Gesichtsausdruck verfinsterte sich noch mehr. »Viele von ihnen verbringen ihr ganzes Erwachsenenleben hier. Sie gründen Familien, die in kulturellen Sub-Enklaven in den privaten Zimmerfluchten des Schiffes leben.« Abrupt wandte sie sich von der bemalten Wand ab.
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