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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ist es gefährlich, zu tief zu graben. Vor allem, wenn man anschließend über das spricht, was man ausgegraben hat.«
    Ich wartete auf eine Konkretisierung dieser Worte, doch Agard hatte nichts dergleichen vor. Grinsend schaute er ins Nichts, als bereite ihm das Wissen, das ihn in den Frischen Wind gebracht hatte, selbst heute noch Vergnügen.
    »Verstehe. Wenn du willst, erzähl – wenn nicht, dann nicht«, sagte ich.
    »Wer bist du, Nik?«
    »Ein Regressor. Ein Pilot der Fernaufklärung.«
    »Ich habe von dir in den Nachrichten gehört«, bemerkte Tarai nachdenklich. »Vor langer Zeit allerdings … Wir müssen uns täglich die Abendnachrichten angucken … Ich glaube, du warst einer der Aufklärer, die den Raum vor dem Aufbruch ausgekundschaftet haben?«
    »Vielleicht. Aber ich erinnere mich nicht daran. Ich leide wirklich unter Amnesie, Agard.«
    »Dann werde ich es dir erzählen«, ereiferte sich Tarai. »Mein Gedächtnis funktioniert noch … so überraschend das auch klingt … Du warst einer von drei Aufklärern, die als erste in dieses Raumgebiet aufgebrochen sind.«
    Der schwarze Abgrund des Kosmos. Lichtblitze, dann Schiffe, die aus dem unendlichen Nichts kommen …
    »Ich weiß nicht, was für mich gilt, aber mein Schiff war mit Sicherheit unter diesen drei«, räumte ich ein.
    »Spaßvogel.«
    Tarai genoss seine neue Stellung fraglos. Ein voller Becher mit Fusel in der Hand, eine Unterhaltung, die Deklassierung des bisherigen Barackenbosses …
    Und wer war ich denn, den einstigen Historiker zu verurteilen? Wenn man Jahr um Jahr hier lebt, stellt vermutlich jede Änderung des gewohnten Trotts einen Segen dar.
    »Du schläfst besser hier«, erklärte Agard, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Sonst wäre diese Nacht deine letzte. Entweder würde Kley dich umbringen oder seine Freunde.«
    »Und du?«
    »Man würde es erst wagen, mich umzubringen, wenn du schon tot bist«, behauptete Tarai. »Du hast heute eine Vorstellung geliefert, die alle ins Grübeln bringen wird. Alle, bis auf Kley. Zwei Anführer kann es nicht geben. Selbst in einem Rattenschwarm kommandieren nicht zwei Nager, und wir … wir sind nur wenig besser als Ratten.«
    Cualcua?
    Deine Sicherheit wird ständig überwacht. Ich brauche keinen Schlaf.
    »Ich werde in der Baracke schlafen«, stellte ich klar. »Mach dir keine Sorgen deswegen. Demjenigen, der es wagen sollte, mich heute Nacht anzugreifen, wird das nicht gut bekommen.«
    Tarai sah mich zweifelnd an. »Du musst es ja wissen, Regressor. Ich kenne schließlich nicht alle eure Tricks. Ich könnte dir höchstens sagen, wie ein Regressor vor hundert Jahren gewesen ist. Von denen heute …«
    »Erzähl mir, was es mit dem Aufbruch auf sich hat.«
    »Was?«
    »Was es mit dem Aufbruch auf sich hat.«
    »Du weißt das wirklich nicht?«
    »Ich leide an Amnesie«, wiederholte ich müde. »Einiges konnte ich rekonstruieren. Sehr vieles jedoch nicht.«
    »Bei den Göttern der Alten!«, rief Tarai begeistert aus. »Ich, seit zehn Jahren ein Patient des Sanatoriums, kann jemandem etwas Neues mitteilen!«
    »So ist es, Agard. Und ich werde dir sehr dankbar sein.«
    »Du wirst dich doch noch daran erinnern, dass Das Mütterchen früher in einem anderen Himmel geleuchtet hat? Dass es früher so viele Sterne gab, dass sich die Nacht kaum von einem bedeckten Tag unterschied?«
    »Gehen wir davon aus, dass ich mich daran erinnere. Obwohl ich es eigentlich gelesen habe.«
    »Das ist doch nicht möglich!« Tarai fuchtelte mit der Hand, die den Becher hielt, so dass der wertvolle Schnaps überschwappte. Traurig betrachtete er die betropfte Wattejacke und fuhr fort: »Ihr seid schwer auf die Nase gefallen! Ihr, unsere geliebten Regressoren! Indem ihr sie, eure Nase, vor zwölf Jahren dorthin gesteckt habt, wohin ihr sie nie hättet stecken dürfen! Ihr wolltet Freundschaft herstellen – und habt eins auf die Finger gekriegt!«
    »Und das freut dich?«, fragte ich erstaunt.
    »Ja!«, antwortete Tarai in provokantem Ton. »Freilich, die Jungen, die gestorben sind, tun mir leid. Natürlich. Aber früher oder später musste so etwas passieren! Man kann nicht ohne Ende die eigene Ethik ins Universum hinaustragen, selbst wenn sie absolut richtig ist. Die Sterne brauchen unsere Liebe nämlich nicht, Nik!«
    »Und was brauchen sie dann? Wenn nicht Liebe?«
    Es war nicht so, dass ich nicht mit ihm übereinstimmte. Im Gegenteil, sein leiser Aufstand gefiel mir … mir, dem Weltraumfuhrmann Chrumow, nicht dem

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