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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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enthielt eine Unmenge mir unbekannter Gerätschaften.
    »Dann schauen wir mal …«, flüsterte mein Großvater und betätigte einen der Schalter.
    Das Display leuchtete rot auf.
    »Würde dein Zähler in den Aktenkoffer passen?«, fragte mein Großvater beiläufig.
    Alles in mir drin erkaltete. »Nein … Ich weiß nicht …«
    »Niemand weiß das«, räumte mein Großvater ein. Den Blick fest auf den Aktenkoffer gerichtet, wich er rückwärts zum Bett rüber und entnahm dem Koffer etwas, das verdammt nach einer Waffe aussah: Griff, Abzug und konischer Lauf. Allerdings schien die Waffe nicht mit Kugeln geladen zu werden, denn der Lauf erinnerte eher an eine Antenne.
    »Das ist nicht nötig!«, schrie ich. Genau in dem Moment betätigte mein Großvater den Abzug. Daraufhin geschah rein gar nichts, nur in meinen Ohren vernahm ich ein leises Geräusch, das irgendwie keine Quelle hatte.
    »Das ist der Prototyp eines Lähmungsstrahlers«, erklärte mir mein Großvater, während er die Waffe beiseitelegte. »Ein Einweggerät. Es funktioniert bei allen terrestrischen Lebensformen.«
    »Und was ist mit außerirdischen?«
    »Das werden wir gleich sehen.«
    Mein Großvater trat an den Tisch heran und öffnete den Aktenkoffer. In ihm fand er mehrere kleine Beutel mit meinen Sachen und mit Souvenirs. Und eine große Tüte.
    Vorsichtig und höchst penibel lugte mein Großvater in diese Tüte hinein.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er sich in den Sessel plumpsen und nahm den transparenten Helm ab.
    »Sascha hat nicht vergessen, wie gern ich roten Fisch esse …«, sagte er. »Möchtest du etwas, Pjotr? Das ist guter, eingesalzener … und inzwischen auch paralysierter Lachs.«
    Ich polkte ein Stück ab und kostete es.
    Ganz normaler Fisch. Den Geschmack hatte die geheimnisvolle Waffe nicht beeinflusst.
    »Ein guter Lachs, Großpapa …«, bemerkte ich. »Was hast du denn?«
    Mein Großvater saß da, den Kopf in beide Hände gestützt, und starrte auf den Aktenkoffer.
    »Glaubst du etwa, ich hätte keine Angst, Petja?«, fragte er mich mit traurigem Blick. »Glaubst du, ich hätte nachts keine Albträume? Glaubst du, meine Nerven würden nicht blank liegen, Petja … Ich habe schon nicht mehr damit gerechnet, diesen Tag zu erleben … ich habe gefürchtet, nicht durchzuhalten …«
    Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Mein Großvater riss sich wieder zusammen.
    »Geh dich waschen. Mascha und ich müssen uns unterhalten.«
    Ich schlängelte mich an der Frau vorbei, die in der Türfüllung stand. Sie trug nur einen Bademantel und hatte sich ein Handtuch um den Kopf gewickelt.
    »Hier hat es ein kleines Gefecht gegeben«, teilte ich ihr freundlich mit.
    Ich duschte lange und mit Genuss. Als könnte ich alle Probleme und unangenehmen Überraschungen der letzten Tage von meinem Körper schrubben. Und wieder zu meiner ruhigen und unbeschwerten Gemütsverfassung zurückfinden.
    Letzten Endes hatte ich mich daran gewöhnt, an dieses Vertrauen in mich selbst und in den morgigen Tag. Von klein auf wusste ich: Ich war nicht allein, ich hatte meinen Großvater, dessen giftige Formulierungen die Zeitungen auf den Titelseiten abdruckten, meinen Großvater, bei dem sich Abgeordnete und Geschäftsleute Rat holten. Er beschützte mich vor allem und jedem. Nie hatte er mich zu etwas gezwungen. Ich selbst hatte die Kurse gewählt, die ich in der Schule belegte, den Sport, den ich treiben wollte, ich selbst hatte entschieden, Militärpilot zu werden und dann in die Raumfahrt überzuwechseln … Mein Großvater war jedoch stets bereit gewesen, mir bei allem zu helfen.
    Ob es in der Galaktischen Familie auch Enkel gab?
    Ich grinste und fing an zu pfeifen, bis mir der schiefe Gesang von Mascha einfiel und ich verstummte.
    Mein Großvater hatte in seinem Buch einen anschaulichen Vergleich gefunden, als er von Kindern und Stiefkindern sprach. Einen Vergleich, der kein gutes Licht auf die Menschheit warf. Wenn wir nur endlich lernen würden, solche Kränkungen auch zu empfinden!
    Andererseits sind natürlich alle Vergleiche falsch …
    Etwas bedrückte mich. Ein kalter Klumpen lauerte in mir und zerrte mit dünnen Spinnenbeinen an meinen Nerven. Und diese Kälte vertrieb ich nicht mit einer heißen Dusche.
    Es war, als hätte ich etwas Wichtiges übersehen. Als hätte ich mich weggedreht, um es nicht zu sehen …
    Halt! Was sollte das? Ich führte mich ja wie der reinste Neurastheniker auf! Dabei war mit mir alles in Ordnung. So weit es

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