Sternenspiel
ging jedenfalls.
Nachdem ich mich mit dem weichen, alten Handtuch abgerubbelt hatte, nahm ich den Föhn vom Regal und trocknete mein Haar an. Mascha hatte sich entweder nicht getraut, ihn zu benutzen, oder sie hatte ihn übersehen. Wahrscheinlich Letzteres. Ich hätte sie darauf hinweisen sollen. Diese seltsame Frau …
Ob ich ihr gefiel? Nicht als Enkel des vergötterten Andrej Chrumow, sondern einfach so, als Mensch.
Ich lugte hinaus, ob sich jemand in meinem Zimmer aufhielt, und verließ das Bad. Mascha war eine Frau, die keine großen Umstände machte, ihr war zuzutrauen, dass sie unaufgefordert hereinplatzte. An dergleichen war ich nicht gewöhnt. Etwa mit fünf Jahren hatte ich begriffen: In meinem Zimmer war ich mein eigener Herr. Wenn ich nicht wollte, betrat mein Großvater es nicht. Später hatte ich in einem der Bücher meines Großvaters gelesen, der Verlust des »persönlichen Territoriums« zöge eine anormale Entwicklung sowohl des einzelnen Individuums als auch einer ganzen Nation oder Rasse nach sich. Mein Großvater hatte dabei an die Menschheit gedacht, die nicht mehr das Recht hatte, über die Erde zu bestimmen. Er hatte prognostiziert, wohin das führen würde, indem er einige ausgesprochen kühne Vergleiche zur Geschichte unterschiedlicher Völker gezogen hatte. Vermutlich hatte er seine Überzeugung jedoch auch mir gegenüber walten lassen.
An der Tür klopfte es leise.
»Petja«, rief mein Großvater. »Wenn du dich frisch gemacht hast, dann hilf uns doch, den Tisch zu decken.«
Ich mag diese häuslichen Bankette nicht. Ich sehe keinen Sinn darin. Es ist eine Sache, wenn Gäste kommen und man ihnen eine wahre Festtafel präsentieren will. Mit dem feinen Porzellan des Geschirrs, dem Kristall der Weinkelche, mit Kalbsbraten, in Minzsauce geschmort, und rotem Beaujolais, frisch aus Frankreich importiert … Denn es ist schön, anderen Menschen ein Vergnügen zu bereiten.
Oder wenn du dir selbst etwas Besonderes gönnen willst, in ein kleines, gemütliches Restaurant gehst … und dich bei frisch gezapftem Bier über ein Schaschlik aus Hammelfleisch hermachst.
Etwas ganz anderes ist es jedoch, wenn du selbst alles vorbereiten musst, kochen, raffinierte Salate anrichten, ein Tischtuch auflegen, das Besteck verteilen … nur damit du ein paar Stunden später, sobald alles aufgegessen und ausgetrunken ist, das Geschirr abwäschst und alle Spuren der Feier beseitigst.
Ist dergleichen nicht dumm?
Man könnte doch ebenso gut in der Küche sitzen, eine Pizza in der Mikrowelle aufbacken und für jeden eine Flasche tschechisches Bier aufmachen. Und sich das ganze Brimborium sparen. Sogar eine Kerze, in ein leeres Glas gesteckt, könnte man anzünden und in der Mitte auf den Tisch stellen …
Während ich zwischen Küche und Esszimmer hin und her schwirrte, registrierte ich, wie sich der Tisch unter Maschas Bemühungen in eine Festtafel verwandelte. Sie hatte sogar irgendwo einen Kerzenhalter aufgetrieben, Servietten mit einem fröhlichen Muster und einen alten Eiskübel aus Neusilber … Ich wusste nicht mal, dass wir derart viele überflüssige Dinge besaßen. Den Ehrenplatz nahm eine Platte mit dem paralysierten Lachs ein.
Natürlich hatte Mascha auch die Empfangsstation der Alarmanlage nicht vergessen, die einen Platz neben ihrem Teller gefunden hatte. Mascha war halt allzeit auf Posten.
»Wie gefällt’s dir?«, fragte sie mich, als ich stehen blieb und durchatmete. Mit ihrem langen bordeauxfarbenen Kleid und dem hochgesteckten Haar sah sie schon wesentlich hübscher aus.
Oder hatte ich mich inzwischen einfach an ihren Anblick gewöhnt?
»Also …« Ich traute mich nicht recht, mit der Sprache rauszurücken, und fragte stattdessen: »Kommt noch jemand?«
»Nein. Wieso?«
»Na ja …«
Am liebsten hätte ich die Nachbardatschen abgeklappert, einen der alten Schriftsteller oder ihrer lausigen Enkel angeschleppt und an die Tafel gesetzt. Sie hätten diese Pracht vermutlich zu schätzen gewusst.
Denn so stimmte das doch hinten und vorn nicht. Als ob wir Geschäftsverhandlungen führen wollten.
Erst eine halbe Stunde später setzten wir uns zu Tisch. Für das Mittagessen war es bereits zu spät, für das Abendbrot noch zu früh. Verstohlen blickte ich zu meinem Großvater hinüber, der reichlich komisch aussah. Er hatte seine Trainingshose und seinen Pullover gegen einen altmodischen Anzug, ein weißes Hemd und eine schmale Krawatte – bestimmt war sie irgendwann mal modern gewesen –
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