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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ich.
    »Andrej Valentinowitsch!« Ich hörte, wie Danilow sich bewegte und versuchte, das Kästchen mit den Notfallmitteln zu öffnen. Aber ich hatte überhaupt keine Kraft mehr.
    »Ich hab’s überlebt …«, antwortete Chrumow leicht erstaunt. »Das … das ist so seltsam …«
    »Maria!«
    »Auf Posten …« Ihre Stimme zitterte, aber sie riss sich zusammen. Alle Achtung, nach dem ersten Jump musste man manchen Leuten sogar ein paar Ohrfeigen verabreichen …
    »Karel?«
    »Was für eine widerliche Angelegenheit euer Jump doch ist«, zischelte der Zähler.
    Mein Ex-Opa hustete, um sein Lachen zu kaschieren. Er weidete sich eben doch an den Qualen eines Aliens.
    Schließlich holte Danilow das chemische Leuchtröhrchen heraus. Mit einem Knacken knickte er die Plastikröhre. Ein blasses hellblaues Licht ergoss sich in die Kabine.
    Unsere Gesichter wirkten tot, halb erstickt. Mascha hatte die Gurte bereits geöffnet und sich zu Chrumow rübergebeugt. Gerade musterte sie besorgt sein Gesicht. Aber er hatte den Jump recht gut verkraftet.
    Woran ich übrigens nicht gezweifelt hatte. Früher hatte ich gewusst, dass mein Großvater sein Ziel immer erreicht. Heute wusste ich, dass Andrej Valentinowitsch sein Ziel immer erreicht.
    Ein geringfügiger Unterschied.
    »Ich überprüfe die Fracht …«, teilte Danilow mit, nachdem er sich von seinem Sitz abgeschnallt hatte. Was war nur mit ihm los? Machte er sich wirklich solche Sorgen um die alten Büsten? »Wir überprüfen sie … Mascha, Karel, folgt mir!«
    »Aber Andrej Valentinowitsch …«, protestierte Mascha.
    »Pjotr wird sich um seinen Großvater kümmern!«, fiel Danilow ihr ins Wort. »Halt dich an mir fest!«
    Er sprang durch die Kabine und packte Mascha um die Taille. Die schlang gehorsam die Arme um den Oberst. Zu zweit arbeiteten sie sich zur Schleusenkammer vor. Karel beäugte mich kurz, dann sprang er den beiden hinterher.
    »Er ist eben doch ein Mann mit Taktgefühl …«, flüsterte mein Ex-Opa, sobald wir allein waren. »Geschlagen, gebeutelt, vom Leben geschubst und getreten … aber mit Taktgefühl.«
    Schweigend half ich ihm, die Gurte zu lösen. Der Alte stieg unbeholfen überm Sitz in die Luft auf und krallte sich mit einer Hand an der hohen Lehne fest. Er drehte sich um und betrachtete voller Interesse die Sterne in den Fenstern. Ja, sie sind schön, die Sterne, so aus der Ferne betrachtet …
    »Wie hast du es herausgefunden?«, wollte Chrumow wissen.
    »In dem Photoalbum steckte unter einer der Aufnahmen ein Zeitungsartikel. In dem hieß es, der bekannte Politologe und Publizist Andrej Chrumow habe bei dem Unglück seine gesamte Familie verloren. Seinen Sohn, seine Schwiegertochter und seinen Enkel.«
    »Verdammt …« Chrumow rieb sich übers Gesicht. »Ja … das Gedächtnis … Anfangs verlangt es nach Symbolen … nach Texten und Bildern … aber später stolperst du genau darüber …«
    »Ich bin nicht dein Enkel.«
    »Ja! Ich habe dich adoptiert! An Enkels Statt angenommen! Alle Papiere weisen dich als meinen Enkel aus! Was also wirfst du mir vor?«
    »Andrej Valentinowitsch …«
    Er zuckte, als hätte ich ihm eins mit der Peitsche übergezogen, als ich ihn mit Vor- und Vatersnamen ansprach.
    »Es geht gar nicht darum, dass du meinen Vater nicht gezeugt hast. Und schon gar nicht darum, dass du mich aufgezogen hast. Dafür danke ich dir. Was ich wissen will, ist, wozu du mich brauchst. Wozu?«
    Der Alte fiel in sich zusammen und senkte den Blick.
    »In deinem Buch, im Vorwort … Da gibt es einen Satz über Menschen, die ein Kind adoptieren und aufziehen, nicht weil sie es lieben, sondern weil sie sich in der Zukunft Vorteile von ihm versprechen. Du hast mir immer beigebracht: Assoziationen sagen ausschließlich etwas über den Autor aus. Über mehr nicht.«
    »Ein Arzt kann sich nur schlecht selbst heilen …«, flüsterte der alte Mann.
    »Wozu brauchst du mich?«
    »Damit in dem Moment, da ich einen Verbündeten brauche, einen starken, klugen und treuen Mann, tatsächlich einer da ist.«
    Immerhin war er ehrlich.
    »Ich belüge dich nicht. Ich werde dich nie wieder anlügen. Also frag, was du wissen willst.«
    O nein, Andrej Chrumow hatte die Lorbeeren, eine Gefahr für Regierungen zu sein, nicht grundlos fast ein halbes Jahrhundert lang getragen. Er hatte sich vorbereitet und nahm den Kampf auf. Nur dass diesmal sein Gegner ich war.
    Dann zeig, was du kannst, alter Mann!
    »Gibt es Tests, mit denen das intellektuelle Potenzial eines

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