Sternenstaub (German Edition)
blickte zu Sandwa hinüber, der ebenfalls angriffsbereit sein Schwert vor sich hielt. Über den schwarzen Spinnenhaufen schoben sich neue lange Spinnenbeine.
„Nun ist es soweit, mein tapferer Spinnentö ter“, sagte der schwarze Ritter, „jetzt heißt es, mit dem Schwert zu kämp-fen.“ Er nickte Giesbert zu und drückte dem Rappen die Schenkel in die Seiten. Der Rappe schoss aufwiehernd nach vorn. Giesbert folgte ihm, ohne zu zögern. Gemeinsam tra-fen sie auf die angreifenden Spinnen. Tief drangen ihre Klingen in die haarigen Körper ein. Fauliger Atem flog ih-nen entgegen. Ein Quieken aus Dutzenden von Spinnen-mündern füllte die Luft.
Als das letzte Sonnenlicht erlosch und sich die Dunkel -heit wie ein mildtätiger Schleier über die toten Spinnen leg-te, standen Sandwa und Giesbert still da und lauschten der Ruhe.
„Wir haben es geschafft“, sagte Giesbert nach einer Weile leise. „Und wir leben tatsächlich noch.“
„Du lebst“, sagte Sandwa mit einer plötzlichen Trauer in der Stimme, die Giesbert tief traf.
Er drehte sich zu dem schwarzen Ritter um und blickte ihn lange an. Mit einmal Mal empfand er Mitleid für den schwarzen Ritter, der wie ein Mensch aussah und doch kei-ner war.
Sandwa hob sein Schwert, dessen Klinge no ch rot vom Blut der Spinnen war und wies mit der Spitze auf den Turm. Hinter dem Steinkoloss stieg fahl der volle Mond auf. Wie ein winkender Finger erschien Giesbert in diesem Licht das Gemäuer. Plötzlich zuckte Giesbert zusammen, dann hüpfte er erschrocken von einem Fuß auf den ande-ren. Unter ihm hob und senkte sich die Erde. Es war, als liefen Wellen durch den Boden.
„Was ist das!“, schrie er und blickte hilfesuchend Sandwa an. Doch der schwarze Ritter antwortete nicht. Wie ein stei-nernes Monument stand er da, die Augen starr auf den wankenden Turm gerichtet.
Giesbert sah ebenfalls zum Turm hinüber und schrie auf. Mit lautem Getöse schoss der Turm einige Meter in die Höhe, dann brach er auseinander. Steine und Staub regne -ten auf Giesbert und Sandwa herab. Giesbert duckte sich, sprang zur Seite, nach vorn und zurück. Um ihn herum prasselte es. Die Pferde wieherten laut. Giesbert hustete, riss die Hände hoch und drückte sie auf Mund und Nase, um sich vor dem Staub zu schützen. Dann, von einem Mo-ment auf den anderen, trat wieder Stille ein, und der Staub legte sich.
„Wer stört meinen Schlaf!“, erklang kurz darauf eine don -nernde Stimme. Im Mondeslicht blitzten die goldenen Schuppen eines Drachen auf, dessen Gestalt sich aus dem Boden erhob und an Höhe gewann. Die Reste einer Burg-mauer polterten von seinem Rücken.
„Wir haben dich geweckt, weil wir deine Hilfe brauchen!“, rief Sandwa. „Der Menschenjunge an meiner Seite hat dich gesucht und gefunden, denn Salina, die Herrin der Spinnen, hat das Tor zur Unterwelt aufgestoßen und die Höllenkrea -turen auf die Erde geholt, um die Menschen zu vernichten! Du musst die Dämonen mit deinem heißen Atem in die Hölle zurückjagen und das Tor mit der Macht deines Atems wieder verschließen!“
„Und Salina und ihre Spinnen töte mit deinem Hauch gleich mit, denn auch sie sind über uns Menschen hergefal -len!“, fügte Giesbert mit lauter, aber bebender Stimme hin-zu.
Der Drache senkte seinen gewaltigen Kopf und mus-terte Giesbert und Sandwa mit einem Auge. Das Auge glühte wie ein großes Stück glimmender Holzkohle.
„Gut, ich werde euch helfen“, donnerte der Drache schließ -lich. „Aber eines müsst ihr mir dafür versprechen. Wenn ich meine Aufgabe erledigt habe und zurückkomme, baut ihr eine neue Burg auf meinem Rücken. Ich erlaube euch auch, in ihr zu wohnen. Die Burg ist wie eine Decke für mich. Nur unter ihr kann ich gut schlafen. Versprecht ihr es?“
Sandwa stieß einen tie fen Seufzer aus. „Ich würde es euch gerne versprechen, aber ich kann es nicht. Mein Wille ist nicht frei, denn ich bin ein Geschöpf des großen alten Zau-berers. Ich kann nur das tun, was er mir aufgetragen hat.“
„Das soll fortan nicht meh r so sein“, donnerte der Drache. Er stieß durch eines seiner Nasenlöcher einen dünnen Rauchfaden aus und lachte dröhnend, als er das verwirrte Gesicht des schwarzen Ritters sah. Im nächsten Moment hüllte Sandwa eine silberne Wolke ein. Der schwarze Ritter hob einen Arm. „Ich… ich fühle etwas.“
„So ist es! So soll es sein!“, donnerte der Drache. „Und lass dich zukünftig nicht mehr durchstechen, denn denke
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