Sternenstaub (German Edition)
etwas dunkel und Nil-bria erklärte auf dem Weg, dass man ein Realm nur zur Morgen- oder Abenddämmerung betreten konnte. Zwi-schenzeitlich war es nur unter sehr schweren Bedingungen möglich und wurde kaum von den Elben praktiziert.
„Es gibt bestimmte Punkte an denen man ein Realm be -treten kann. Du musst nur Ausschau halten, bis du ein Tor sehen kannst. Wenn du es siehst, stelle dich hinein und ver-ändere deinen Geist.“
„Ein Tor? Wo soll hier ein Tor sein? Wir sind im Wald!“
„In einem Wald wie diesem kannst du sehr viele Tore fin-den. Es können zwei Bäume sein, die sich wie Zwillinge gegenüberstehen oder ein gebogener Baum, der wie ein Torbogen aussieht. Für euch ist das nicht auffällig, uns aber springt eine Pforte ins Realm schnell ins Auge.“
Walldor schaute sich um, doch in den nächsten zwanzig Minuten konnte er einfach kein solches Tor entdecken.
„Ich sehe immer noch keins“, gab Walldor deprimiert an.
„Nicht?“, antwortete Nilbria lächelnd mit einer Gegenfrage. „Wir sind doch schon an zwei Toren vorbeigekommen.“
„Und wieso hast du nichts gesagt?“
„Ich wollte einfach nur mal sehen, ob es dir gelingt ein Tor auszumachen.“
Er schaute weiter, bis er nach weiteren zehn Minuten tat -sächlich zwei Bäume ausmachen konnte, die kerzengerade in den Himmel wiesen, aber aufgrund ihrer dünnen Er-scheinung eher wie Stäbe wirkten.
„Das könnte ein Tor sein…“ , rief er begeistert aus.
Nilbria lächelte und Walldor war sicher, dass sie nun dach -te, wenn er dieses Tor übersehen hätte, wäre ihm vermut-lich überhaupt nicht mehr zu helfen, jemals in den Genuss zu kommen ein Realm zu betreten und ein elbisches Pferd zu ergattern. Doch wirklich sicher konnte man sich bei dieser hellen Elbin nicht sein. Sie galten als sehr sanftmütig, auch wenn es einige dunkle Geschichten über sie gab. So wurde behauptet, dass manche Elben magische Kreise an-legten, um unschuldige Menschen in ihr Reich zu locken. Sie wurden dann in der Zeit verschoben und derart ver-flucht, dass ihre eigenen Kinder zu Greisen geworden wa-ren und ihren verschollenen Elternteil nur selten wieder-erkannten.
Dies war stets eine der gruseligsten Geschichten aus der Kindheit gewesen, von denen ihm je erzählt wurden. Sein Vater wusste, wie man einen Krieger heranzieht. Entweder ließ man sich durch die Furcht besiegen oder man wurde eines Tages ein Krieger, der sich den Herausforderungen des Lebens stellt. Trotzdem warf Walldorf immer wieder kurz einen misstrauischen Blick zu ihr herüber.
Nun stellten sich die beiden zwischen die zwei Bäume und Nilbria machte eine seltsame Bewegung, als öffnete sie eine Tür, die es gar nicht gab. Nun spürte Walldor einen scharfen Windzug. Er konnte es kaum glauben! Dieses un-sichtbare Tor schien es wirklich zu geben.
„Was hast du da gemacht?“, fragte er mit leiser Stimme, als wollte er niemanden stören.
„Dies ist eine magische Bewegung. Mit ihr kannst du ver-borgene Tore öffnen. Also, folge mir, mein Freund oder verbleibe in der Welt der Menschen.“
Walldor zögerte noch, denn eigentlich liebte er die mensch -liche Welt. Und vor allem, wenn diese dunklen Geschichten doch stimmten, dass es Elben gab, die Menschen in ihr Reich lockten, nur um sie aus Spaß zu verfluchen.
„Nun komm schon!“, sagte sie und er nahm deutlich wahr, wie sie zur Hälfte ins Nichts verschwand.
„Denk dran, du hast nur eine kurze Zeitspanne, sonst schließt sich das Tor wieder. Und tritt genau in meine Fuß -stapfen, sonst bleibst du draußen und musst nach Katania laufen.“ Das letzte Wort hallte noch ein wenig nach und dann war sie gänzlich verschwunden.
Gleichzeitig kämpfte Walldor mit sich selbst, denn seit ihn das Misstrauen überfallen hatte, war er seiner kommenden Schritte wegen ziemlich unsicher. Eigentlich wollte er doch nur nach Katania. Dort gab es Sicherheit und Reichtum für alle Ankömmlinge und die schönsten Frauen, so hieß es, aber auch einige seiner alten Freunde könnte er dort gewiss wiedertreffen.
Plötzlich vernahm er Nilbrias Stimme nah an seinem linken Ohr: „Hab keine Angst! Sei ein Krieger!“
Walldor fasste sich ein Herz und schritt durch das Tor…
Erstaunt schaute er sich um. Es hatte sich in der Umge -bung eigentlich nichts weiter verändert.
Die Bäume standen noch immer dort und der Weg, den sie gegangen waren, war ebenfalls noch deutlich sichtbar. Nur eine Kleinigkeit fiel ihm auf, dass alles um ihn
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