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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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mir unter der Kuppel vorzog? Ich meine, hätten die beiden gravierende Eheprobleme oder dergleichen gehabt, wäre das wenigstens ein Anhaltspunkt. Aber immer, wenn ich meine Mum nach dem Warum fragte, beteuerte sie, dass sie sich nicht besser oder schlechter verstanden hätten als andere Paare. Und damit galt also bis heute die Erklärung, die mein Vater uns vor seinem Auszug geliefert hatte, nämlich dass er es einfach nicht mehr ausgehalten habe, unter der Kuppel eingesperrt zu sein. Er wollte unter freiem Himmel leben.
    Hier? Ich schaute mich um.
    In diesem Moment erschien er in Jeans und beigem Leinenhemd auf der oberen Stufe eines braunen Caravans. Das dunkle Haar hatte er im Nacken zusammengebunden. Die Jahre und sein Leben in der rauen Natur hatten Linien in seine früher so feinen Gesichtszüge gezeichnet, was ihn zwar deutlich ernster, aber auf angenehme Weise auch väterlicher wirken ließ.
    »Mia!« Er kam die Stufen hinab. Sein Lächeln war mir aus meiner Kindheit so vertraut, dass es etwas in mir löste. Ich lief quer über den Platz zu ihm und fiel ihm in die Arme. Wir drückten uns.
    »Schön, dass du hier bist«, wisperte er in mein Haar.
    Iason, der inzwischen auch näher gekommen war, räusperte sich hinter vorgehaltener Hand.
    »Es freut mich, Sie wiederzusehen, Herr Wiedemann.« Erst da hob mein Vater den Kopf. Iasons Tonfall war von ausgesuchter Höflichkeit. Mein Vater hingegen begrüßte ihn lediglich mit einem angedeuteten Nicken. Obwohl Iason keine Miene verzog, schickten mir seine Gefühle ein scharfes Brennen in die Brust, das verriet, wie viel ihm die Ablehnung meines Vaters ausmachte, gerade er legte doch so viel Wert auf Tradition und Familie. Und mir wurde wieder einmal bewusst, wie geschickt Iason es verstand, seine Gefühle zu verstecken. Denn auch, wenn er meinem Vater mit geradem Rücken gegenüberstand, wünschte er sich doch andere Voraussetzungen für diese Begegnung. Von wegen, Loduuner dachten ausnahmslos rational. Das glaubten sie vielleicht. Ich fühlte Iasons Hass auf sich selbst und hielt es kaum aus.
    »Ich sollte dann mal gehen«, sagte er, bemüht um ein Lächeln. Und als er sich, ohne großes Aufsehen zu erregen, einfach so davonstehlen wollte, griff ich nach seiner Hand.
    »Nicht so«, flüsterte ich und er drehte sich noch einmal zu mir um.
    Iason betrachtete mich mit ungewohnt defensivem Blick. Sein Schmerz und seine Zuneigung glitzerten in seinen sturmgrauen Augen – wie ein Meer voller Diamanten – und er verabschiedete sich mit einem Kuss, nicht auf meinen Mund, sondern auf meine Wange. Er wollte wohl nicht noch Öl ins Feuer gießen. Mein Vater verfolgte unsere Berührung mit einem Stirnrunzeln.
    Ich fühlte mich wie zerrissen, denn ich konnte sie irgendwie beide verstehen. Dann verschwand Iason zwischen den Caravans. Und mit ihm ging auch mein Gefühl von Sicherheit. Absurd, aber genau so war es.
    Ich zog die Ärmel über meine Hände und schlug verlegen mit den Handballen gegeneinander, so wie ich es immer tat, wenn ich nicht genau wusste, wie es jetzt weiterging. Komisches Gefühl, wenn jemand, der dir eigentlich am vertrautesten sein sollte, dir irgendwie fremd vorkommt.
    In diesem Moment erschien ein Mädchen, das vielleicht Anfang zwanzig war. Sie mühte sich mit einem Kinderwagen ab, dessen Räder blockierten, weil sie so tief in den Sand eingesunken waren. Im Wagen lag ein schreiender Säugling. Mein Dad – oder sollte ich ihn lieber David nennen? – kam ihr zu Hilfe.
    Was sie redeten, hörte ich wegen der im Wind flatternden Sonnensegel nicht, aber das Mädchen nickte dankbar, streifte den heruntergerutschten Träger ihres pinken Tops zurück auf die Schulter und nahm das Baby aus dem Wagen, damit David diesen bis zum benachbarten Caravan tragen konnte, wo er ihn dann auch gleich die Stiegen hinaufhievte.
    Er sagte mit erhobener Hand »Auf Wiedersehen«. Beim Vorbeigehen gab sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, was mich doch ein bisschen wunderte. Dann schloss sich die Tür des Caravans und er kam zu mir zurück. Die Sonne blendete so sehr, dass ich meine Augen beschatten musste, um zu ihm hochzuschauen.
    »Ähm, weiß ich da vielleicht was nicht?«
    »Was sollst du nicht wissen?«
    Irritation breitete sich zwischen uns aus – wie eine kleine Wolke an diesem sonnigen Frühlingstag. Dann begriff er und eine verlegene Lachsalve brach aus ihm heraus.
    »Ach so, du dachtest …« Er deutete flüchtig über seine Schulter zu dem Wagen des

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