Sternenstaub
warum er einem Gespräch aus dem Weg ging. Er schämte sich.
Um ihn bei mir zu halten, entschied ich mich, keine Vorwürfe mehr auszupacken. »Und für Vatergefühle ist es nie zu spät«, schob ich ihm meine nächsten Worte behutsam über den Tisch. Seine leicht gewölbte Hand strich über die Tischplatte und säuberte sie so von Krümeln, die gar nicht da waren.
Die nächsten Sekunden gehörten unseren Gedanken, nur die aufgewirbelten Staubpartikel tanzten im Sonnenlicht.
»Auf eurem Fest werde ich mich mal mit ihm unterhalten«, versprach er schließlich.
Das überraschte mich. »Heißt das, du kommst zu unserer Verbindungsfeier?«
»Wenn das für deine Mum in Ordnung geht?«
Ich machte einen beiläufigen Schlenker mit dem Handgelenk. »Das habe ich sie doch schon längst gefragt.«
»Und?«, wollte er vorsichtig wissen.
»Sie meinte, sie lässt sich von dir doch nicht den Tag vermiesen.«
Ein kurzes verzweifeltes Lachen stieß aus seiner Brust. »Na dann.« Und wieder sah er mich so reumütig an.
»Dad, es ist in Ordnung«, sagte ich nun sanfter. »Wir müssen nicht darüber reden. Jetzt bist du da.«
Wieder dieses Schweigen.
Das war die Gelegenheit zu sagen, was mir schon die ganze Zeit auf der Seele lag. »Aber es gibt da etwas, das ich mir wünsche.«
Er legte den Unterarm auf dem Tisch ab und beugte sich zu mir vor, wobei mir seine Augen plötzlich ein neugieriges Funkeln schickten. »Und das wäre?« Da waren diese vertrauten Grübchen, als sich seine Mundwinkel hoben.
Ich räusperte mich und merkte, wie meine Wangen erröteten. »Du weißt ja, dass ich von dem ganzen pompösen Drumherum nicht allzu viel halte, aber eine Sache fände ich dann doch schön.« Sein Blick forderte mich auf weiterzusprechen. »Könntest du, ähm, könntest du mich zum Kreis führen, den die Wächter für Iason und mich bilden? Der, in dem wir uns dann noch einmal vor allen einen loduunischen Kuss geben.« Denn so sah es das außerirdische Ritual vor, wenn zwei Personen eine Verbindung eingingen.
»Moment mal! Ich dachte, ihr hättet euch schon längst auf loduunisch geküsst?«
Hier war ich diejenige, die ihm eine Antwort schuldig blieb.
Er betrachtete mich genauer. »Nur, um das kurz klarzukriegen, heißt das, ihr habt euch auf loduunisch quasi schon mal außerehelich gepaart?«
Etwas verlegen klemmte ich meine Unterlippe zwischen die Zähne.
Seine Augenbrauen hoben sich, aber er verkniff sich jedweden Kommentar, dann aber musste er grinsen und zog mich endlich, endlich richtig an sich. »Es wäre mir eine Ehre.«
Ich war versucht, ihn an seinem Dreitagebart zu kitzeln, so wie früher, aber ich widerstand – nein, ich widerstand nicht.
Im nächsten Augenblick platzte ein dunkelblonder junger Mann mit zerzausten Haaren herein, er war groß, extrem schlaksig und ich schätzte ihn auf etwa zwanzig. »David«, rief er atemlos. In seiner Hand schwenkte er einen iCommplete, aber als er mich sah, bremste er an der Tür ab. »’tschuldigung, störe ich?«
Mein Dad ließ mich los und wandte sich ihm zu. »Nein, nein, Boris. Was ist los?«
Die Dringlichkeit seines Anliegens siegte schnell über Boris’ Taktgefühl. Mit zwei schnellen Schritten war er bei uns. »Wir haben eine Nachricht. Wenn wir das Lager bis Ende nächster Woche nicht freiwillig aufgeben, drohen sie uns mit einer Zwangsräumung!«
Für den Bruchteil einer Sekunde verzogen sich Davids Gesichtszüge. Dann schlug er, begleitet von einem kurzen Fluchen, mit der flachen Hand auf den Tisch, sprang auf und tigerte durch den Raum.
Also hatte die Wagenburg tatsächlich Probleme mit der Regierung. Durch das Fenster konnte ich erkennen, wie eine kräftige Frau an der Wäscheleine geschockt die Hände vor den Mund hielt. Sie hatte es demnach auch gehört. Hinter ihr näherten sich zwei Gestalten. Auch aus den anderen Caravans kamen Wagenburgler herbei.
»Warum soll denn plötzlich euer Lager geräumt werden?«, fragte ich, um mich ins Bild zu setzen.
»Ach, angeblich weil wir gewisse gesellschaftliche Regeln nicht einhalten.«
Trotzdem, so richtig verstand ich es noch immer nicht. »Aber sonst war es der Regierung doch auch immer egal, ob ihr irgendwelche Regeln einhaltet, solange ihr niemanden stört oder jemandem zur Last fallt.«
Mein Dad war für eine Erklärung zu sehr in seinen Gedanken gefangen, stattdessen sprang Boris für ihn ein. »Das war, bevor sie die Kuppel ausbauen wollten.«
Daher rührte also der plötzliche Sinneswandel der
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