Sternenstaub
ich das loduunische perlmuttschimmernde Baby im Arm hielt, das mir gerade den Pulli vollgekotzt hatte. Irgendwie kam mir das absurd vor, doch noch absurder war, dass ich es mochte. Hier half irgendwie jeder jedem.
Die Frauen verständigten sich netterweise in meiner Sprache und laut genug, damit ich sie auch verstehen konnte.
»Was ist das hier denn für ein Geschrei?«, versuchte Luna, die jetzt um die Ecke kam, die Stimmen der anderen Frauen zu übertönen. »Man hört euch ja bis zum Festplatz! – Ach so, Mia ist bei euch.«
Ha, ha. Sehr witzig.
»Luna, magst du dich nicht zu uns setzen?«, fragte Ajna mit wohlmeinendem Lächeln zu mir.
Das Mädchen warf mir einen zögernden Blick zu. »Nein, danke, ich habe für heute Abend noch kein Kleid und muss deswegen dringend zu Jola, Stoffe holen.«
»Kurz kannst du doch bestimmt bleiben«, versuchte Ajna sie zu überreden. »Mia würde sich sicher freuen, ein bekanntes Gesicht um sich zu haben. Hier ist alles fremd für sie.«
Jedoch bewirkte Ajnas Einladung leider das Gegenteil, denn Luna war eine wachsende Unruhe anzumerken. »Tut mir leid, aber ich muss mich wirklich beeilen«, sagte sie und verließ uns. Was war denn los mit ihr? Als würde sie den Kontakt zu mir meiden. Nachdem ich noch eine geraume Weile darüber nachgedacht hatte, entschied ich mich für den direkten Weg und beschloss, ihr nachzugehen, um sie zur Rede zu stellen.
Doch als Kaja und ich zu Hause ankamen, war Luna nicht da. Rojan stand am Herd und kochte. Stimmt, hier gab es ja eine klare Rollenaufteilung. Den Männern fielen das Kochen, Aufräumen und jegliche Bauarbeiten zu, während sich die Frauen um die Kinder, die Felder und die Handarbeiten kümmerten.
Rojan hatte Bo auf den Schultern und Kaja brachte den Jungen zum Kichern, indem sie sich immer wieder mit Kitzelfingern seinem Bauch zu nähern versuchte. Von Luna keine Spur. Da kam Jola aus dem unteren Stockwerk. Sie begrüßte mich mit einem Lächeln.
»War Luna bei dir?«, fragte ich sie. »Sie wollte sich irgendwelche Stoffe für ihr Festkleid bei dir besorgen.«
Jola schüttelte den Kopf. »Nein, sie war nicht hier.«
Merkwürdig. »Und Iason ist auch noch nicht zurück?«
Sie trat auf mich zu. »Nein, das wird noch etwas dauern. – Da unsere Tage ja kürzer sind als eure, essen wir hier nur morgens und abends«, ergänzte sie auf mein Stirnrunzeln hin.
»Ach so. Logisch eigentlich.«
Aber da war noch etwas anderes. »Wo wir gerade von Stoffen reden, Mia, ich würde dir auch gern zwei Kleider nähen und habe ein paar Stoffe zur Auswahl für dich herausgesucht. Magst du sie dir ansehen?«
Ich betrachtete Jolas A-linienförmige Hose, die sich eng um ihre Hüften schmiegte. Der rote Stoff schwang in leichten Bewegungen um ihre Fußknöchel und veränderte je nach Blickrichtung wie ein Turmalin seine Farbe. Wie stellten sie nur so feine und zugleich robuste Kleidung her? Denn robust musste sie ja sein, schließlich trugen die Loduuner sie auch als Arbeitskleidung. Und bald sollte ich wirklich ein eigenes Kleid daraus bekommen?
»Gerne«, willigte ich mit scheuer Freude ein.
»Wenn Mia hier mit dir beschäftigt ist, geh ich zu Iason!«, jauchzte Bo und hob die Fäuste wie ein Sieger, wohl froh und glücklich darüber, seinen Bruder für eine Weile aus meinen Fängen zu wissen. Das gab ihm die Chance, Iasons ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten.
»Dann komm.« Jola hakte sich bei mir ein und führte mich die Treppen hinab. Ein letzter Blick über meine Schulter zeigte mir Rojan, der Bo auf den Boden zurückließ, woraufhin der Kleine sofort aus dem Haus lief.
Vor der dritten Tür auf der linken Seite blieb Jola stehen und öffnete sie … Einen der Räume in diesem Haus zu betreten, war immer, als käme ich in ein Traumland … Genau wie bei Iason durchwoben hier die Strahlen aus den Krahjawänden wie Spinnenweben das Zimmer und trafen auf ein … richtiges Himmelbett! Auf der darübergezogenen Tagesdecke lagen unzählige Stoffe in allen Farben aus. War das Jolas Zimmer? Hatte sie wirklich ein Bett?
Jola bemerkte das Fragezeichen in meinem Gesicht. »Iason hat dir bestimmt erzählt, dass sein Onkel eine irdische Tochter hat«, startete sie zur Erklärung.
»Sein Onkel?« Ich blinzelte verdutzt. »Wir dachten, es wäre Ajas.«
Da war es Jola, die einen Moment brauchte. »Iason dachte, Ajas hätte seine Mutter betrogen?«
Ich nickte.
»Nein, nein!«, beteuerte sie voller Inbrunst. »Mirjams Vater ist Thoma. Unser
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