Sternenstaub
beiden Mädchen mussten in etwa im gleichen Alter sein. Beide waren hellblond, nur dass Emmi keine Locken hatte.
Die Schüssel mit dem Krahjasand wurde herumgereicht, damit jeder vor dem Essen eine Bohne darin pflanzen konnte. Iason setzte sich neben mich, und als Bo sich gierig als Erster bedienen wollte, bedachte Ajas seinen Jüngsten mit strenger Miene. »Wirst du dich wohl benehmen und unserem Gast den Vortritt lassen?«
Ich winkte mit der Hand ab. Ich mochte es noch nie, eine bevorzugte Behandlung zu erhalten. Und langsam schien das hier zur Gewohnheit zu werden. Das klingt vielleicht komisch, aber irgendwie gab es mir das Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören. Iason merkte es und ergriff die Initiative, indem er einfach an alle verteilte, mit der Erklärung, dass wir es im Tulpenweg auch immer so gehandhabt hatten.
»Dann machen wir es jetzt also so, wie Hope es auf der Erde gemacht hat?«, fragte Bo neugierig.
Jola streichelte ihm bejahend über den Kopf und da entspannte sich auch Ajas’ in Falten gelegte Stirn wieder.
Das Abendessen erinnerte mich irgendwie an einen lauen Sommerregen, seltsamer Vergleich, ich weiß, aber so und nicht anders fühlte es sich an, urgemütlich. Nur Iason gefiel mir dabei irgendwie nicht. Voller Unbehagen spürte ich die dunkle Energie, die jetzt gerade von ihm ausging. Ob das mit der Nachricht über Emmis zerstörtes Heim zu tun hatte?
Ajas erhob sich. »Seid ihr fertig, Jungs?«
Mussten sie noch mal zum Festplatz?
Bo hüpfte von der Bank. »Wartet, ich komme mit!«, rief er und lief ihnen hinterher. Aber Rojan bremste ihn. »Du hast Küchendienst!«
Bo stampfte mit dem Fuß auf. »Immer wollen die Erwachsenen allein sein«, maulte er und machte sich mit hängenden Schultern daran, das Geschirr in das Ringbecken zu stellen. Es war faszinierend. Genau, wie Iason Ajas ähnlich sah, so erinnerte Bo mich gerade an Hope. Die beiden jüngsten Santogeschwister ähnelten sich beinahe wie Zwillinge. Nur dass Bos Haare kürzer und sein Gesicht etwas markanter war, wobei sich Letzteres wahrscheinlich einfach auf die drei Jahre Altersunterschied zurückführen ließ. Ob sie nach ihrer verstorbenen Mutter kamen?
Emmi rutschte von der hohen Sitzbank. »Ich helfe dir.«
Bo zuckte übellaunig mit den Schultern. Ich verstand ihn ja.
Rojan und Ajas warteten schon draußen, als Iason ihm durchs Haar wuschelte. »Vielleicht kann Mia dir ja, während du abwäschst, eine Geschichte erzählen?«
Misstrauisch sah der Kleine zu mir, taxierte mich. Oje, hoffentlich war das eine gute Idee, Iason …
»Eine was?«, zeigte sich Emmi hingegen interessiert.
»Eine Geschichte«, wiederholte ich.
»Ist das das, was du Hope abends immer vor dem Einschlafen erzählt hast?«, wollte Bo wissen.
Iason hatte ihm also schon davon berichtet.
»Sind die wahr?«
Ich zögerte. »Nein.«
Bo guckte empört. »Vater sagt, lügen ist unehrenhaft.«
»Aber eine Geschichte ist keine Lüge«, sagte ich.
»Warum nicht?«
»Das ist schwer zu erklären, es …« Ich blickte Hilfe suchend zu Iason und wieder zurück in Bos dunkelgraue Augen. »Eine Geschichte fühlt sich einfach anders an.«
»Aha«, sagte er noch immer äußerst skeptisch.
Offensichtlich sah Iason seinen jüngsten Bruder bei mir in besten Händen, denn er ging zur Tür. »Wie wäre es mit der Schneekönigin?«, schlug er vor.
»Ich weiß nicht«, zweifelte ich.
Iasons nächstes Zwinkern gehörte Bo. »Lass dich überraschen.« Mit diesen Worten verschwand er.
Ich war mir sicher, damit endgültig bei Bo verspielt zu haben.
»Ja, erzähl!«, rief Emmi, während sie Bo die restlichen Teller brachte.
Erstaunt sah ich von ihr zu Bo, er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht spüre ich ihn ja auch, diesen … Unterschied.« Er fuhr über den Rand des Ringbeckens, das sich daraufhin wasserdicht verschloss und den Spülvorgang startete. »Aber die von der Schneekönigin.« War ja klar gewesen, dass Bo auf genau dieser Geschichte beharrte. Schließlich hatte Iason sie vorgeschlagen und ich war dagegen gewesen.
Okay, du kleiner Kaktus. Ich stellte einen sauberen Teller auf den Stapel neben mir.
»Seht, nun fangen wir an«, zitierte ich Andersens Beginn, denn den konnte ich auswendig. »Wenn wir am Ende der Geschichte sind, wissen wir mehr als jetzt, denn es war ein böser Kobold! Er war einer der allerärgsten, er war der Teufel.«
»Was ist der Teufel?«, fragte Emmi.
Ich blickte sie an. »Jemand, der sehr böse ist.«
»Wie
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