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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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Bruder.«
    »Oh, Mann«, sagte ich, von einem tiefen erleichterten Seufzen begleitet. Aber statt darauf einzugehen, stützte sie die eine Hand in die Hüfte und fuhr sich mit der anderen durchs Haar. »Nun, das erklärt dann auch seine Zurückhaltung Ajas gegenüber«, sagte sie mehr zu sich selbst.
    Ja, zum Teil wenigstens , dachte ich, sprach es aber nicht aus.
    Jola ging auf das Bett zu und legte eine Hand an den dunkelbraunen Bettpfosten. »Thoma, ihr Vater, lebt nicht mehr.« Sie senkte den Blick voller schwerer Erinnerungen. »Wie so viele.«
    Ich fragte mich, wie das sein musste, dieses ständige Abschiednehmen. Iason hatte noch nie darüber gesprochen, mehr noch, sobald das Thema auch nur ansatzweise in diese Richtung lief, lenkte er es schnell in andere, leichtere Gefilde. Aber eines war ganz klar. Er wirkte viel älter als ich.
    »Und wie hat Mirjam die Nachricht aufgenommen?«, wollte ich wissen.
    »Nun, sie kannte ihn schließlich nicht.« Jola kehrte einen Moment in sich, als würde ihr das schwer zu denken geben. Aber als sie mir wieder ihre Aufmerksamkeit schenkte, zeichnete ein Ausdruck des Staunens ihr Gesicht. »Das Mädchen kann sich loduunisch schnell mit den Gegebenheiten arrangieren.«
    Oh ja. Zumindest nach außen hin.
    »Sie ist ja auch Loduunerin«, sagte ich, fügte dann aber hinzu: »zumindest eine halbe.«
    Jola wiegte den Kopf. »Ja, die Kinder der Mitte sind oft sehr besonders.«
    Kinder der Mitte ? Hatte Hell sich neulich nicht auch so bezeichnet, weil seine Mutter Ost- und sein Vater Südloduuner war? Fühlte Mirjam sich deswegen so zu ihm hingezogen? Und wie schmerzlich war Thomas Tod wirklich für sie?
    Bemerkenswert, wie häufig ich mir in den letzten Wochen über meine Erzfeindin Gedanken machte. Lag das auch am Krieg? Trennte er Freunde und schweißte er Feinde zusammen? Und ich fragte mich: Wie lange? Wie lange hatte Mirjam sich der Hoffnung hingegeben, dass es in diesem Universum doch noch jemanden geben könnte, der auf sie wartete? Oder gab es noch immer jemanden? Meine Aufmerksamkeit wanderte wieder zu dem Bett und zurück zu Jola.
    »Dieses Zimmer ist gar nicht deines?«
    Jola sah mich an. »Ich werde mich um Thomas Tochter kümmern, Mia, genau wie ich für Ajas Kinder da bin.«
    Ich konnte noch immer nicht fassen, dass Mirjam hier auf Loduun war. Jola schloss die Augen. »So ist Krieg, Mia. Familien werden zerrissen und die Überlebenden müssen zusammenrücken. Deshalb wohnen wir alle in diesem Haus.«
    Deshalb baute Ajas mehr und mehr Zimmer. Als wollte er dem die Stirn bieten, was wirklich war, nämlich, dass sie immer weniger wurden.
    Und Mirjam, alias Gummioberhuhn, unglaublich aber wahr, sie gehörte jetzt mit dazu. Mann, Mann, das haute doch den stärksten Loduuner vom Flybike. »Wo ist Mirjam eigentlich?«
    »Sie ist mit Hell unterwegs, die beiden besuchen seine Tante, zwei Tagesreisen weiter westlich. Zum Reunionsfest wollten sie wieder hier sein. Ich bin sehr froh, dass Hell ihr zur Seite steht. Es ist bestimmt schwer für die Kleine.«
    Räuspernd blickte ich mich um. Mirjam und ich unter einem Dach, soso.
    Klar würde ich die Vergangenheit nach Möglichkeit ruhen lassen. Wir lebten hier in einem Kriegsgebiet, da hatten wir echt andere Probleme. Aber bei allen guten Vorsätzen, jeder, der Mirjam und mich kannte, konnte sich ausrechnen, dass das Schwierigkeiten geben würde.
    Ich entschied mich schließlich für einen lichtblauen Stoff, der mir wie feinste Seide durch die Finger glitt. Wenn ich schon nicht wie Iason aus den Augen leuchten konnte, sollten wir wenigstens so zueinanderpassen.
    Jola holte einen riesigen Stoffballen aus dem Schrank, hielt ihn mir an und steckte mit einer Art ultrafester Tannennadeln meine Körpermaße ab. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie der Stoff sich wohl auf meinem Körper anfühlen würde. Wie es wäre, wenn Iason mich dadurch berührte …?
    Mia, jetzt geraten deine Gedanken aber ganz schön auf Abwege! Ich gab mir einen inneren Stoß, um wieder klar zu denken.
    »Was ist das für ein Stoff, Jola?«, bugsierte ich meine Gedanken streng ins Hier und Jetzt zurück.
    Jola schmunzelte so geheimnisvoll, dass sie meine gesamte Aufmerksamkeit fesselte. »Komm mit. Ich zeig es dir.«
    Sie führte mich in einen weiteren angrenzenden Raum, dem eine gewisse Arbeitsatmosphäre anhaftete, ausgestattet nur mit einer eigentümlichen Konstruktion aus vibrierenden Fäden, die in der Luft zu hängen schienen, und einem Tisch, auf dem weitere

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