Sternenstaub
eine Weile geschehen, dann machte er ein paar Schritte quer durch den Raum und blieb neben dem Flügel vor der Fensterfront stehen, hinter der sich die Skyline meiner irdischen Stadt auftürmte. Und als ich ihn so sah, begriff ich auch den fatalen Irrtum. Eine fremde, mir so vertraute Welt, gepresst in die hiesige, die so ganz und gar anders war. Das konnte nicht gut gehen.
Mit einer eleganten Bewegung griff er sich an das Revers seiner Jacke und richtete sein Jackett. »Welchem Anliegen verdanke ich deinen Besuch?« Seine Mundwinkel hoben sich zu einem fast schon charmanten Lächeln, doch es munterte mich nicht auf, nein, es machte mir vielmehr die Gefahr bewusst, in der ich schwebte, und dass ich auf seine Gnade angewiesen war. Aber darum ging es jetzt nicht. »Iason, er ist bewusstlos, weil ich ihn von der energetischen Wand befreit habe.«
Lokondra wandte den Blick zum Flügel, fuhr mit den Fingern über den schwarzen Lack und rieb sie dann aneinander, als würde er ihn auf Staub überprüfen. »Du warst bei ihm? Hast versucht, ihn zu retten?« Er klang nicht verärgert, mehr interessiert.
»Ich bin hier, damit du ihm seine Energie zurückgibst.«
Sein Lächeln wurde von einem eisigen Blick ausradiert. Ich schluckte und alles in mir schlug Alarm. Dann rauschte die längst überfällige Angst näher. Wie eine Flutwelle schlug sie über mir zusammen. Ich weiß nicht, ob er sie mir anmerkte, aber ich dachte ganz fest an Iason, in der Hoffnung, dies würde meine Beine davon abhalten, sich selbstständig zu machen und einfach mit mir abzuhauen. Ob er die wild pulsierende Schlagader an meinem Hals wahrnahm?
Da schob er die Hände in seine Hosentaschen, legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Das werde ich ganz bestimmt nicht tun.«
Ich kratzte meinen ganzen Mut zusammen und trat einen Schritt näher. Schließlich war ich nur deswegen hier in dieser … na ja, Fake-Stadt. »Doch, das wirst du. Weil ich dann nämlich bei dir bleibe. Für Iasons Leben bekommst du meins.« Ich kämpfte um den festen Klang meiner Stimme. »Wenn er aber stirbt, dann schwöre ich dir, bringe auch ich mich um. Das ist menschlich. So ist der Deal.«
Mit überirdischer Geschwindigkeit stand er plötzlich vor mir. Entgegen meiner Reflexe zwang ich mich, stehen zu bleiben. Langsam und vielleicht sogar ein bisschen beeindruckt neigte Lokondra den Kopf zur Seite, trat einen Schritt zurück und schaffte so wieder erlösenden Raum zwischen uns. Sein eiskristallenes Feuerstrahlen suchte in meinem Gesicht. Dann ging er noch eins … zwei … drei Schritte rückwärts und setzte sich schließlich in den Sessel. Er fixierte mich. Schätzte mich ein.
Hatte er den Köder geschluckt? Jetzt hieß es nur noch beten.
Okay, zumindest hatte ich ihm Stoff zum Nachdenken gegeben.
Das Leder knarrte, während er sich zurücklehnte und die Arme entspannt auf die Seitenlehne legte. Er bot das Bild eines Mannes, der genau wusste, wie viel Macht er besaß.
Auch ich beobachtete ihn ganz genau, versuchte jede seiner Bewegungen zu lesen.
Er stützte die Ellbogen auf und rieb sich die Faust. »Ziemlich kompromisslos, junge Irdin.«
Kompromisslos trifft es genau. Vor allem mit mir selbst.
Mit dem Zeigefinger strich er sich nachdenklich über die Unterlippe. Zäh tropfte die Stille dahin. Zeit, die Iason nicht hatte, und ich erklärte jede Sekunde zu meinem persönlichen Feind.
»Grundsätzlich eine Eigenschaft, die mir gefällt. – Nur nicht in diesem Punkt.«
Er schwang sich aus dem Sessel. Die Hände hinter dem Rücken ineinandergelegt ging er auf und ab. Vor dem Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand drehte er sich zu mir um. »Eine Frau, die weiß, was sie will.«
Ja, ich weiß, was ich will. Ich will zum Beispiel gar nicht, dass dir irgendetwas an mir gefällt! Penner! Depp! Blödmann! Ich hasse dich! Aber wenn es hilft, dass du jetzt auf meinen Deal eingehst, und zwar jetzt sofort!, dann bitte schön. Ja, ich weiß, was ich will!
Nachdenklich sah er mich an. Seine Lippen öffneten sich einen Spaltbreit. Sag doch was! Doch er ließ einen weiteren quälend langen Moment des Zögerns verstreichen. Endlich hob er eine Braue. »Ist das ein irdischer Handel?«
Ich nickte.
»Gut.«
Puh.
»Okay, dann schnell«, sagte ich. Die Zeit lief schließlich gegen Iason. Entschlossen, dieser unerträglichen Situation hier möglichst bald ein Ende zu bereiten, wandte ich mich um und wollte gerade in Richtung Tür gehen, als sich seine warme Hand eisern
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