Sternenstaub
Verzweiflung. »Ich kann ohne dich nicht leben! Das ist sinnlos! Verstehst du das nicht!? Dass Lokondra sich mit dir verbunden hat, ist meine Hinrichtung. Lokondras Sinn ist ein ShakrA, was ihn dazu bemächtigt, alle anderen Sinne, die ihm im Weg stehen, und insbesondere meinen, zu vernichten. Deshalb kann es überhaupt die Drohnen geben.«
Tränen sammelten sich in meinen Unterlidern. »Du hast einen Sinn«, flüsterte ich. »Du musst leben. Für mich. Bitte, Iason, ich schaff das sonst nicht.«
Er vergrub das Gesicht in den Händen und legte den Kopf in den Nacken. »Das kann nicht der Weg sein!«
»Was sollen wir denn tun, Iason? Dein Volk sterben lassen?«
Meine Worte brachten ihn zum Schweigen und eine Weile herrschte absolute Stille.
»Und dann ist da noch etwas.«
Fragend und schon fast ängstlich sah er zu mir.
»Lokondra weiß, wie man nach dem Sinn weiterleben kann, Iason.«
Er schnaubte. »Weißt du, wie egal mir das gerade ist?«, sagte er trocken.
»Aber mir nicht. Mir ist das alles nicht egal.«
Es setzte eine Stille ein, die uns beiden etwas Zeit gab, unsere Gedanken einigermaßen zu sortieren.
Aber dann bemerkte ich, wie er die Lider senkte, seine Schultern sich erneut anspannten und sich die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballten. »Hat er dich angefasst, Mia?« Seine Stimme war ein dunkles Grollen.
»Um Gottes willen, Iason! Nein! Und das wird er auch nicht. Lokondra kann nicht lieben. Er hat nicht mal das Bedürfnis nach Nähe.«
Zumindest hoffte ich, dass ich sein Verhalten während der Verbindungsfeier richtig gedeutet hatte, nämlich dass er einfach nur mit mir getanzt hatte, weil es ein irdischer Brauch war.
Er fuhr sich über das Gesicht, aber ihm war nur in dieser Hinsicht Erleichterung anzumerken.
Ich trat einen verzweifelten Schritt auf ihn zu. »Bitte, Iason. Wenn du mich liebst, dann zwing mich nicht, damit zu leben, diesen Krieg weiter zugelassen zu haben, obwohl ich ihn hätte verhindern können.«
Ich hasste mich dafür, seine Liebe so zu missbrauchen, ich hasste mich für die flehende Art, mit der ich ihn ansah, für alles, was ich sagte, was ich tat … Ich hasste mich. Und dann ließen sich meine Tränen nicht mehr aufhalten.
Augenblicklich war er bei mir und barg mein Gesicht in seine Hände. »Weine nicht. Bitte, weine nicht!«
»Ich quäle dich.«
»Du quälst vor allem dich selbst.«
»Die Zeit ist um, Herrin.« Das war Taro.
Iason wischte mir mit den Daumen die Tränen fort, rang um Worte und flüsterte schließlich mit belegter Stimme: »Danke.«
Durch tränenverhangene Wimpern sah ich ihn an. »Wofür?«
»Für die wunderschöne Zeit mit dir.«
Ich wollte den Moment festhalten, ihn nie wieder loslassen und die Zukunft ausblenden, aber da kamen Taro und Jasper rechts und links an meine Seite. »Herrin?«, drängte Taro nun.
Mit gequälter Miene ließ er mich los und trat zurück.
An der Tür drehte ich mich noch ein letztes Mal zu ihm. Er hatte sich mit dem Gesicht zur Wand gedreht und den Arm gehoben, wie jemand, der sich über die Augen wischt. Dann ging ich zurück. Zurück zu Lokondra.
46
I ason verloren zu haben, fühlte sich an, als hätte jemand ein ganz wesentliches Stück aus mir herausgeschnitten. Und dieses Stück nun durch Lokondra ersetzt zu wissen, war, wie eine scharfkantige Prothese in sich zu tragen. Sie scheuerte unablässig an meiner Seele. Genau wie die Erinnerung an das, was passierte, als man Iason am nächsten Tag freiließ. Den halben Tag hatte er in den Krater hinabgebrüllt und unter allen Umständen versucht, den Hitzeschild zu durchdringen, mit dem die Stadt kuppelartig überdacht war, bis es Skyto und Finn gelungen war, ihn unter Gewaltanwendung fortzuschleifen. Skyto und Lokondra hatten inzwischen ein Abkommen miteinander getroffen. Solange ich in Kraterstadt war, würden die Wächter nicht angreifen und im Gegenzug versprach Lokondra, sie vor den Wächterjägern zu verschonen, was bedeutete, dass Skyto und seine Leute sich weiterhin vor der Stadt aufhalten konnten. Es war so schwer, trotz all dem zu atmen.
So wirklich zu mir kam ich erst wieder, als wir uns drei Tage später auf dem Weg zu Tony befanden.
Nein, wir benutzten keine Fische, Lokondra hatte eine kleine Anzahl irdischer Flugschiffe nachbauen lassen und nutzte sie als Transportmittel. Das Schiff, in dem wir jetzt flogen, war ein absoluter Luxusschlitten, mit Ledersesseln, integrierter Bar, Chauffeur und einer Drohne als Bedienung.
Inzwischen
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