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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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entspannten.
    Aber was war hier gerade geschehen? Wieso tat Lokondra das?
    Ob es an unserer Verbindung lag? Daran, dass er gefühlt hatte, wie es für mich war, Tony hier zu sehen? Es musste so sein. Eine andere Erklärung gab es nicht. Wie süchtig er auch immer nach meinen Emotionen war, er hatte sie nicht ausgehalten.

47
     
     
    I n meinem riesigen Bett sah Tony noch kleiner aus, als er es ohnehin schon war. »Und sie haben dir auch wirklich genügend zu essen gegeben?«
    Er nickte, wobei seine widerspenstige Strähne wie eine Antenne auf seinem Kopf wackelte. Ich streifte ihm das Schlafanzugoberteil über den Kopf und kitzelte ihn. Der Kleine kicherte und sein Lachen war wie Balsam für mich, dann fiel er mir um den Hals und drückte mich.
    »Guck mal, wie stark ich schon bin.« Seine Ärmchen zitterten, so sehr strengte er sich an.
    »Hilfe!« Ich röchelte gespielt.
    Da ließ er wieder lockerer.
    »Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte ich ihm ins Haar.
    Er klopfte mir auf den Rücken. »Alles ist gut, Mia, jetzt bin ich doch bei dir.«
    Er klang so fürsorglich, ich musste gerührt, aber auch ein bisschen besorgt lächeln. Dachte Tony eigentlich nie an sich selbst?
    »Das stimmt«, sagte ich schließlich.
    Meine Gedanken wanderten weiter zu seinen Eltern, die beim letzten Überfall beide ums Leben gekommen waren. Der Kleine war Vollwaise, und er wusste es nicht, genau wie Iason nicht hatte wissen können, welche Verluste sein Clan erlitten hatte, weil Ajas’ Nachricht nie bei uns auf der Erde angekommen war. Ich senkte die Lider. Wie sollte ich es ihm sagen?
    Ich kraulte ihm das Haar, bis er eingeschlafen war.
    An diesem Abend ging ich das erste Mal, ohne von Lokondra gerufen worden zu sein, zu seiner Suite. Leise Klaviertöne drangen zu mir nach draußen. Klar, er liebte alles, was irdisch war. Als ich jedoch klopfte, verebbte die Melodie. »Herein«, drang es in gemessenem Ton durch das schwere Eichenholz. Seine Leibgarde öffnete mir.
    »Mia.« Er war überrascht.
    Ich trat ein.
    »Du spielst gut«, sagte ich und schloss die Tür hinter mir.
    »Danke.« Sichtlich geschmeichelt erhob er sich vom Klavierstuhl, schlenderte durch den Raum und hauchte mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Hand. Als er dabei zu mir aufsah, empfing mich sein feuriger Blick mit einem sanften Lodern. In einem Punkt musste ich Guin recht geben, manchmal sah Lokondra wirklich ganz gut aus.
    Er lächelte, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?«
    »Ich wollte mich bei dir bedanken.«
    »Wofür?«
    »Wegen Tony.«
    Kopfschüttelnd, so als hätte ich noch immer nicht richtig verstanden, schob er seine Hände in die Hosentaschen. »Wann wirst du das endlich glauben? Mein Ziel ist nicht, dass du unglücklich bist, Mia.«
    »Und was ist dein Ziel?« Nur damit das klar ist, seine Wortwahl, dass er mir Tony »geschenkt« hatte, fand ich mehr als zum Würgen, aber das sagte ich ihm nicht. Tony war raus aus dem Lager, und das war es, was zählte.
    »Mein Ziel besteht darin, die Völker zur Menschlichkeit zu führen. Um sie dementsprechend zu lenken, muss ich aber zunächst wissen, wie sich Menschlichkeit anfühlt, und dafür, mein Engel, brauche ich dich.« Ein hervorstechender Charakterzug von ihm war seine unverblümte Ehrlichkeit.
    Und hierzu musste er erst einmal den Sinn aller anderen vernichten. Drohnen. Seelenlose Körper, die darauf warteten, mit Menschlichkeit gefüllt zu werden. Oder besser gesagt, mit seiner fatalen Idee davon. Er hatte vor, seelische Klone zu schaffen! Eine Mischung aus ihm und mir! Nein! Nicht! Die Vorstellung war einfach nur … stopp! Es wäre taktisch äußerst unklug gewesen, wenn ihn jetzt in dieser Situation meine ehrlichen Gefühle erreicht hätten.
    Wer hätte das gedacht, aber inzwischen dankte ich Skyto zutiefst für sein hartes Training mit mir. Und ich fragte mich: Wenn Iason wählen könnte, ohne seinen Sinn zu leben, oder zu sterben, wofür würde er sich entscheiden?
    Hatte ich falsch gehandelt, als ich ihn zu diesem Preis rettete?
    Scheinbar hatte ich meinen Schutzschild schnell genug hochgefahren, sodass Lokondra nur eine stark gefilterte Ausgabe meiner Gefühle erreicht hatte, denn jetzt empfing mich eine warme Welle, zart wie ein Federstreich. Drückte er damit seine Freude darüber aus, dass ich mit meinem Besuch hier einen ersten Schritt auf ihn zugegangen war?
    »Setz dich.« Lokondra wies auf die Ledersessel am Fenster. »Kann ich dir

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