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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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nicht, ließ ja wohl ordentlich Raum für Spekulationen und bald schon drehte meine Fantasie diesbezüglich völlig durch.
    Klara winkte mich mit sich und schlüpfte in ein Zelt mit einem roten Kreuz. Wenn das das ansässige Arztzimmer sein sollte, dann war die medizinische Versorgung hier ganz schön spärlich ausgestattet. Aber was hatte ich erwartet? Auf diesem Planeten herrschte Krieg. Ich bewegte den Zelteingang beiseite und folgte ihr. Klara holte gerade eine Spritze aus einem Medizinschrank, die mit einem hellgrün schimmernden Liquid gefüllt war, und trat auf mich zu. Ich schluckte.
    »Hast du etwas von Iason gehört, seit er wieder auf Loduun ist?«
    Sie antwortete nicht. Fachmännisch schob sie den Ärmel meines Raumanzugs hoch, klopfte meine Venen ab, und als sie die Kanüle direkt in meine Pulsader drückte, überrollte mich das Kopfkino wie eine Lawine.
    Klara zog die Spritze aus meiner Vene. »Da war’s schon. Jetzt kannst du dich ganz frei hier bewegen. Dir wird nur anfangs noch etwas kalt sein, bis sich auch deine Haut an die Temperaturen gewöhnt hat.«
    Ich rieb mir den Arm. Zögerlich brachte ich es über die Lippen. »Weißt du etwas von ihm? Habt ihr … Kontakt?«
    Ihr marmoriertes Strahlen wurde ein Flimmern. »Sag mal, das ist doch jetzt nicht dein Ernst, dass du mich das fragst!«
    Gemeinsam verließen wir das Zelt. Finn und Ariel warteten schon auf uns. Eine Frau lief auf den Jungen zu, sie sank weinend und zitternd vor ihm in die Hocke. Konnte das sein? War das Ariels Mutter? So herzzerreißend wie die beiden sich jetzt umarmten, so wie sie wieder und wieder überwältigt sein Gesicht berührte, über sein Haar strich, gab es keine anderen Schlüsse. Mein Herz wurde ganz warm und für den Moment verdrängte das alle anderen Gedanken.
    Auch Klara beobachtete die Szene ergriffen. »Skyto hat geschrieben, dass es Ariel so weit fort von zu Hause nicht gutging«, sagte sie, ohne dabei den Blick von den beiden zu lassen. »Er meinte, du hättest dich sehr um ihn gekümmert.«
    Meine Erinnerungen zogen an all dem vorbei, was Ariel durchgemacht hatte. Ariel, der Junge, der auf der Erde so gut wie nie gesprochen oder gelacht hatte. Jetzt hielt ihn seine Mutter ganz fest in den Armen, wiegte ihn und er lächelte, während er seine Wange an ihre Schulter schmiegte und unaufhaltsam die Lippen bewegte. So viele irdische Therapeuten hatten an ihm herumgedoktert, dabei hatte die Lösung auf der Hand gelegen.
    »Danke, dass du ihn zurückgebracht hast.«
    Ich muss zugeben, ich war verblüfft. Das aus Klaras Mund? Bittend sah ich sie an. »Sag mir nur, ob Iason okay ist, ob er noch lebt.«
    Sie musterte mich, als wäre ich für sie ein einziges Mysterium. Aber da sprach noch etwas anderes aus ihrem Blick, etwas wie stille Trauer. Mit der grazilen Bewegung eines Engels schob sie sich das lange seidige Haar über die Schulter. »Ja, er lebt und … nein, wir haben keinen wirklichen Kontakt mehr. – Ich arbeite nur hier.«
    Ich kam mir plötzlich so frei vor, so unermesslich leicht, als würde ich jeden Moment vom Boden abheben. Aber dann holte mich die Realität wieder ein. Wenn das stimmte, wo war er dann?
    Klaras Blick wanderte an mir vorbei und wurde mit einem Mal leidvoll zärtlich und selbstvergessen. Und dann fühlte ich mein Herz anders schlagen. Nein, es war nicht mein Herz. Es war seines …
    Die Bewegung vorhin, als man mich festnehmen wollte, kam es mir in den Sinn. Ich drehte mich um.
    »Er … er wartet schon den ganzen Tag auf dich«, hörte ich Klara mit unterdrückt brüchiger Stimme. Anschließend nahm ich sie nicht mehr wahr, nahm niemanden mehr wahr … nur ihn.
    Das Flimmern der beiden Sonnen und die staubverhangene Luft ließen ihn wie eine Lichtspiegelung wirken. Seitlich eines Gebäudevorsprungs lehnte er an der Wand und beobachtete mich. Er war in volle Wächtermontur gekleidet, der grauen, mit silbernen Nähten verstärkten Hose, Kampfstiefeln und zugezogener Jacke. Sein schwarzbraunes Haar war gewachsen und zerzaust und seine lichtdurchfluteten intensiven Augen schimmerten, schimmerten so verletzt und unnahbar, als würden sie ein Meer an Schmerzen verbergen. Nur konnte ich es nicht fühlen.
    War es wegen der schlimmen Erlebnisse, die sich mir in seinem Brief schon angedeutet hatten – oder … war es wegen mir? Vorsichtig, ganz vorsichtig schickte ich ihm einen mentalen Schubs. Nichts. Keine Antwort. Mein Herz zog sich zusammen und ich stand einfach nur da und sah ihn

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