Sternenstürme
Schulter und ging durch die Tür ins Allerheiligste.
Als er das Büro betrat, fand er ein Chaos aus Kartons und Verpackungskisten vor. Ein paar waren halb leer, andere mussten erst noch geöffnet werden. Sie enthielten die Gegenstände seines früheren Büros auf der anderen Seite des Campus.
»Hallo, Hiro. Sebastian. Vielen Dank für Ihr Erscheinen.«
»Kein Problem, Al«, sagte Hirakawa. »Was ist denn so wichtig, dass es nicht bis zur wöchentlichen Personalbesprechung warten konnte?«
»Ich möchte einen Gegenantrag stellen, für den ich Ihre Unterstützung brauche.«
»Welchen Antrag denn?«
»Ich möchte, dass Sar-Say ans Institut überstellt wird.«
Sebastian Knowlan stieß ein glucksendes Lachen aus. »Das ist ganz bestimmt ein ›kontroverser‹ Antrag. Anton Bartok wird wie ein abgestochenes Schwein quieken, wenn er damit konfrontiert wird.«
»Ich habe vor, den Antrag an die Welt-Koordinatorin zu richten.«
»Dann wären es schon zwei abgestochene Schweine!«
»Glauben Sie denn, dass die Koordinatorin überhaupt auf so etwas eingehen wird?«, fragte Hirakawa.
Fernandez zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.«
»Was ist mit dem Sicherheitsaspekt? Er steht doch unter Quarantäne, seit die Magellan ihn von Neu-Eden hergebracht hat.«
»Diese Masche zieht nicht mehr. Sar-Say hat seit über drei Jahren Kontakt mit Menschen. Bisher hat er sich nichts von uns eingefangen – und wir haben uns auch nichts von ihm eingefangen. Die Biochemiker haben in diesem Fall ja die Möglichkeit einer Spezies übergreifenden Kontamination ausgeschlossen.«
»Dann verträgt er also auch unsere Nahrung?«
Fernandez zuckte neuerlich die Achseln. »Das ist nicht mein Ressort. Bekommt er denn keine synthetische Nahrung?«
»Der Punkt ist der, Al, dass seine Biochemie verdammt nah an der menschlichen ist, denn sonst wäre er schon längst
in unserem Gewahrsam verhungert. Wir müssen sicherstellen, dass er gefahrlos mit der Biosphäre der Erde in Kontakt kommen kann.«
»Er hat doch schon Kontakt mit der Biosphäre, Hiro. Jeder Projektmitarbeiter, der zur Erde zurückkehrt, ist ein möglicher Träger von Sar-Says Krankheitserregern. Bisher ist aber nichts aufgetreten. Ich bin mir sicher, dass ein grundsätzliches Kontaminationsrisiko durch die Broa besteht, doch dieser spezifische Broa scheint keine gefährlichen Erreger in sich zu tragen.«
»Und wo sollen wir ihn unterbringen?«, fragte Knowlan.
»Hier in diesem Gebäude. Wir werden ihn im zweiten Stock unterbringen und für alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sorgen. Gitter an den Fenstern, Lichtschranken, gestaffelte Personenschleusen für den Ein- und Ausgang. Es wird zwar teuer werden, aber immer noch viel billiger, als Forscher in den Orbit zu schicken.«
»Ich weiß aber nicht, ob unsere Kosteneinsparungen ein hinreichender Grund sind für die Welt-Koordinatorin.«
»Es gibt noch andere Vorteile.«
»Zum Beispiel?«
»Zunächst einmal wird er all unseren Spezialisten für eine gründliche Beobachtung zur Verfügung stehen, und nicht nur den paar Leuten, die eine Zulassung für den Orbit haben. Statt uns auf schriftliche Berichte von Dritten stützen zu müssen, werden wir in der Lage sein, Primärforschungen anzustellen. Zum Zweiten werden wir in der Lage sein, Sar-Say einem breiteren Spektrum kontrollierter Stimuli auszusetzen. Zum Beispiel mit Blick auf die Frage, wie er sich in einer unstrukturierten sozialen Situation verhält.«
»Sie meinen, wir schmeißen eine Party für ihn?«
»Wieso nicht?«, erwiderte Fernandez. »Natürlich streng im Interesse der Wissenschaft. Wir können eine Fakultäts-Feier
inszenieren und den Bürgermeister einladen, den Gouverneur und den Präsidenten der Universität.«
»Ist das der eigentliche Grund, weshalb Sie ihn haben wollen?«, fragte Knowlan.
»Das sind die offiziellen Gründe«, entgegnete Fernandez. »Es gibt aber auch noch ein paar inoffizielle . Ich will Sar-Say hier haben, um die Unabhängigkeit des Instituts zu demonstrieren. Sind wir uns einig?«
Die beiden anderen Akademiker nickten. Die Sternenforschung würde ihren Antrag wahrscheinlich ablehnen, und dann würde der ›Sorgerechtsstreit‹ beginnen. Prestige spielte hier nämlich eine genauso große Rolle wie die Wissenschaft.
»Sie wollen was?«, schrie Anton Bartok, wobei seine Stimme zum Ende des Satzes hin zu einem mädchenhaften Kreischen sich steigerte.
Amalthea Palan warf einen Blick auf
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