Sternenstürme
Krebsnebels aus gesehen, wo sie sich befand, lag das galaktische Zentrum im Sternbild Schütze. Das war natürlich eine rein willkürliche Festlegung, weil Sternbilder aus der Perspektive des Versteck -Systems keinerlei Ähnlichkeit mit Sternbildern aus der irdischen Perspektive hatten. Jedoch zielte Schütze nicht nur ›Pi mal Daumen‹ aufs Zentrum der Milchstraße.
Es war auch die Richtung, in der das Sonnensystem zu finden war.
Die Weiterungen waren klar. Die Brinks-Basis befand sich innerhalb des broanischen Raums. Mit nur drei Datenpunkten,
von denen zwei auch noch in dieselbe Richtung zeigten, war es unmöglich, ihre genaue Position in der Souveränität zu bestimmen.
Was sie aber wussten, war, dass sie sich mitten im Herzen der Souveränität befanden!
Der Wind war kalt und böig und trug den Geruch von neuem Schnee heran. Die Campus-Pfade wurden beheizt und waren deshalb schneefrei, doch auf dem einst sommerlich grünen Rasen lag nun eine kalte weiße Decke. Der Winter hatte in Colorado Springs Einzug gehalten und in den letzten Wochen die umgebenden Berge wie mit Puderzucker überzogen.
Mark Rykand eilte, in seinen elektrisch beheizten Wintermantel eingemummt, zum Hauptquartier des Instituts. Schließlich hatte er sein Ziel erreicht, erklomm die Treppe und ging durch die erste von zwei Schleusen. An der zweiten Schleuse brandete eine Druckwelle aus warmer Luft gegen ihn an.
Das Hauptauditorium des Instituts-Hauptquartiers war ein großer Saal, der wie ein antiquiertes Lichtspieltheater wirkte. Der Boden stieg von vorn nach hinten an, und die Sitze waren in geschwungen Reihen angeordnet. Weniger als ein Viertel der Plätze war besetzt, als Mark den Mantel an den Kleiderhaken hängte und durch den Gang zur dritten Reihe ging. Er nahm leise Platz und richtete die Aufmerksamkeit auf die Bühne.
Dr. Hamlin, der Institutsleiter, saß an einem langen Tisch auf der rechten Seite der Bühne. Er wurde von drei anderen hochrangigen Funktionären flankiert. Ein großer Weihnachtsbaum, der erst halb geschmückt war, dominierte die linke Seite der Bühne. Vor dem Baum stand Dr. Thompson hinter einem Pult und wies auf den Holowürfel, der mitten über der Bühne hing. Ein schwarzes
Sternenfeld füllte den Würfel aus. Dr. Thompson referierte über die Ergebnisse der Suche seiner Arbeitsgruppe nach geeigneten Systemen, in denen menschliche vorgeschobene Basen unbedenklich eingerichtet werden konnten, wenn die Zeit reif war.
Diese Zusammenkunft erfolgte anlässlich der Winterkonferenz. Dies war die erste einer Reihe von Konferenzen, die jedes Quartal stattfinden sollten, um die erzielten Fortschritte zu beurteilen. Und sie hatten in der Tat schon ziemlich viel erreicht.
Es gab insgesamt neunzehn Arbeitsgruppen. Dr. Thompson leitete die Astronomie-Gruppe. Ihr oblag es, das Terrain für den kommenden Kampf zu sondieren und schließlich die Position des oder der broanischen Heimatsterns oder -sterne festzustellen.
Darüber hinaus gab es Arbeitsgruppen für Strategie, Taktik, Logistik, Umfang und Gliederung der Streitkräfte, Bewaffnung, Broanische Informationstechnologie, Feind-Physiologie und -Psychologie, Sonnensystem-Verteidigung, Politik, Personalwesen, Schulung und – Marks Steckenpferd – der größte anzunehmende Unfall! Diese letzte Gruppe hatte den Spitznamen Der Weltengericht-Klub bekommen. Sie sollte sich mit der Möglichkeit befassen, dass die Erde eines Tages doch durch die Broa lokalisiert würde und welche Gegenmaßnahmen man dann zu treffen vermochte. Für den Fall, dass der Plan scheiterte, musste zumindest ein Teil der menschlichen Rasse eine Chance haben, in Freiheit zu überleben.
In einer Entfernung von einem Drittel des Erdumfangs – in Paris – befand sich ein ähnlich organisiertes Institut. Wobei die Ähnlichkeit sich auf das für die Ausarbeitung der Vasloff-Alternative verträgliche Maß beschränkte. Erstaunlicherweise stand Mikhail Vasloff jedoch in keiner offiziellen Beziehung zu dieser Gruppe. Sonst
hätte er sich bei seinen propagandistischen Krawall-Aktionen nämlich eine gewisse Zurückhaltung auferlegen müssen.
Der inoffizielle Name des Instituts in Colorado Springs lautete Das Gibraltar-Institut , der auch schnell die offizielle Bezeichnung wurde. Nach der anfänglichen Verwirrung hatten die Arbeitsgruppen sich ihren Aufgaben gewidmet und die Einzelheiten des Masterplans für den unerklärten Krieg gegen die Broa ausgearbeitet. Langsam, fast unmerklich, nahm der
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