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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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kann auch den Knoten hören, den Kayleen gestern repariert hat. Sogar jetzt. Und einen dritten, der noch weiter entfernt ist.« Er zeigte in die Richtung, in die wir weiterziehen würden. »Aber ich kann keinen Einfluss darauf nehmen. Ich verstehe nicht, warum.«
    Alicia reichte ihm den Kamm. »Vielleicht strengst du dich zu sehr an.«
    »Vielleicht.« Er zog sich den Kamm flüchtig durchs Haar und gab ihn Alicia zurück. Er brummte. »Ich werde einen kleinen Spaziergang machen.« Mit zittrigen Beinen stand er auf.
    Er machte den Eindruck, als würde er im nächsten Moment zusammenbrechen. Immerhin versuchte er jetzt, die Knoten zu reparieren, aber eine durchwachte Nacht war nicht die ideale Voraussetzung für gute Arbeit. »Vielleicht solltest du lieber noch ein wenig schlafen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich werde etwas Sinnvolles tun. Ich werde die Gebras zum Bach führen.«
    Alicia zog leicht die Mundwinkel nach unten, dann legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Ich werde dir helfen.«
    Er schüttelte ihre Hand ab. »Ich wäre lieber allein.«
    Alicia blinzelte überrascht. In ihren Augen blitzte ein schmerzvoller Ausdruck auf, aber ihr Gesicht war mit einem Mal leidenschaftslos, als hätte sie eine Maske aufgesetzt.
    Ich nahm Alicias Hand, und gemeinsam beobachteten wir, wie er den Speicher in die Tasche steckte und losging. Sie drückte meine Hand. »Er kann nicht acht Gebras auf einmal führen.«
    »Ich weiß. Aber er soll es versuchen. In letzter Zeit ist er sehr launisch, und es ist das Beste, ihn allein zu lassen, wenn er so ist. Außerdem ist es ungefährlich, wir können ihn von hier aus sehen. Tom dürfte also auch nichts dagegen haben.«
    Joseph führte Sprinter an der Leine, und das Gebra biss ihm verspielt in die Schulter, worauf Joseph das Tier wegdrängte. Ich konnte mir vorstellen, dass Sprinter schließlich triumphierte und Joseph zum Lächeln brachte.
    Die anderen Gebras sahen uns an, als wollten sie sagen: »Ich auch!« Doch es gelang mir, sie vorläufig zu ignorieren und meine Aufmerksamkeit wieder Alicia zuzuwenden.
    Sie zerrte den Kamm durchs Haar, und ich hörte, wie einzelne Strähnen rissen. Langsam verlor ihr Gesicht die Maske, und nun wurden gleichzeitig Wut, Trauer und Aufregung sichtbar. Offenbar hatte sie nur in der Ostsippe überleben können, indem sie ihre Emotionen unterdrückte. Das war mir nicht klar gewesen – vielleicht hatte ich die ganze Zeit nur die Maske und nie sie selbst gesehen. Ich sprach mit sanfter Stimme, in der Hoffnung, die wahre Alicia an die Oberfläche zu locken. »Bist du immer so früh wach?«
    Sie ließ das Haarbüschel in ihrer linken Hand los und ging langsam um mich herum. Vertrauen und Furcht wechselten sich in ihrem Blick ab, und ihre zarten Finger schlossen sich, entspannten sich und ballten sich wieder zusammen. »Seit Varay gestorben ist, kann ich nicht mehr länger als ein paar Stunden pro Nacht schlafen. Und letzte Nacht habe ich geträumt, dass wir mit der Neuen Schöpfung von hier aufbrechen, aber ich hatte etwas vergessen und musste unbedingt zurück. Nur dass ich gar nicht wusste, was ich vergessen hatte.« Sie blieb stehen und blickte über das Wasser. Ein Regentropfen fiel auf ihren Unterarm und lag schimmernd auf der Haut. Sie achtete nicht darauf. »Ich wollte nicht umkehren. Ich kann mir nicht vorstellen, was mir fehlen würde, wenn ich nicht mehr hier bin.«
    Ich zeigte auf den See. Die Wasseroberfläche schimmerte düster unter den Wolken und wurde von einem kühlen Wind gekräuselt. Man konnte gerade noch den Kraterrand auf der anderen Seite erkennen. Dahinter ragten die fernen Berge auf, die völlig unvorstellbar im Sonnenschein lagen. »Fremont ist wunderschön. Hier zu leben, hier zu sein.« Ich berührte ihren Arm. »Wir sind gemeinsam hier.«
    »Zusammen mit Menschen, die glauben, dass wir sie töten wollen.« Sie seufzte. »Tut mir leid, ich hatte nicht vor, dir die Stimmung zu verderben. Es ist nur so … dass ich nicht hineinpasse. Ich passe nicht zu euch dreien. Du stehst Joseph so nahe, dass ihr kaum etwas aussprechen müsst, und Kayleen redet wie ein Buch, aber nur zu euch, während sie kaum etwas zu mir sagt.«
    Vor Verlegenheit wurde mein Gesicht heiß. »Alicia, du gehörst zu uns. Du wirst sehen.« Jetzt fielen dicke Regentropfen vom Himmel. Die Gebras wieherten. »Wir haben immer nach dir geschaut. Jedes Mal, wenn die Sippe in der Stadt war.«
    Sie legte die Hände zusammen und fing die Tropfen auf,

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