Sternenwind - Roman
beobachtete, wie sie auf ihrer Haut zerspritzten. »Früher habe ich davon geträumt, ich könnte bei dir und Joseph und Bryan bleiben, ich könnte in einem Haus und nicht in einem Wagen wohnen, ich könnte jeden Tag am gleichen Ort aufwachen.«
Die Gebras tröteten uns an. Wir gaben nach und führten jeweils zwei Tiere zum Wasser, zehn Meter stromaufwärts von Joseph entfernt. Dabei ignorierten wir ihn genauso, wie er uns ignorierte.
Als wir zurückgingen, wichen die langsamen, dicken Tropfen einem peitschenden Regenguss. Joseph blieb mit Tiger am Bach. Paloma half uns, die Tiere zurückzubringen, während Tom und Kayleen Tee kochten und die Reste unserer gestrigen Mahlzeit aufwärmten. Als das Frühstück im großen Zelt von Kayleen und Paloma serviert wurde, klebte Alicias Haar in dicken langen Stricken auf ihrem Rücken, und wir beide waren völlig durchnässt und zitterten vor Kälte. Joseph kam herein, ein trockenes Hemd an sich gedrückt, das er anzog, bevor er schweigend mit dem Essen begann. Danach schlief er an der Südwand des Zeltes ein.
»Können wir nicht zur Hütte zurückkehren?«, fragte Kayleen, die sich zu Josephs Füßen hingehockt hatte. »Mir ist kalt.«
Mit seinem Datenmonitor rief Tom ein Satellitenbild auf. Dann ergänzte er unseren bisherigen, blau dargestellten Weg um die geplante Route, die grün markiert war. Er zeigte auf den nächsten Knoten, neben dem sich eine kleine Hütte auf einer länglichen Wiese befand. »Unser nächstes Ziel ist nicht allzu weit entfernt. Die Straße dorthin scheint in Ordnung zu sein. Auf diesem Bild kann ich keine Beschädigungen erkennen.« Er blickte skeptisch in den Regen hinaus. »Kayleen? Kannst du den Knoten von hier drinnen reparieren?«
Sie seufzte. »Ich glaube schon. Nur dass ich friere und viel zu sehr zittere, um etwas Nützliches tun zu können.«
Tom grinste und gab Kayleen die Decke, die er sich um die Schultern gelegt hatte. »Nimm sie. Ich würde lieber weitermachen.«
Kayleen nahm die Decke und kuschelte sich hinein. »Im Regen?«
»Er wird im Laufe des Tages etwas nachlassen.«
Kayleen seufzte erneut. Sie schloss die Augen und legte sich hin. Sie zitterte immer noch ein wenig. Alicia beobachtete sie aufmerksam, obwohl kaum etwas zu sehen war. Kayleen lag reglos mit geschlossenen Augen da, die Hände über dem Bauch verschränkt. Nach einer Weile schlug sie die Augen auf und sagte: »Gut, ich bin fertig. Dieser war leichter als der erste. Jetzt steht die Verbindung bis nach Artistos. Wir können weiterziehen.«
Tom blickte auf seinen Datenmonitor. »Bestätigt.« Er lächelte, als er den schlafenden Joseph betrachtete. Wir waren dabei, das Netzwerk zu reparieren, aber so hatte Nava sich das nicht vorgestellt. Joseph schnarchte leise in seiner Ecke. Wenn er zu seiner früheren Form zurückfinden würde, könnten wir viel schneller fertig werden und nach Hause reiten.
Paloma lugte durch die Zelttür nach draußen. Der Regen fiel schnell und hart. Tropfen platschten in eine Pfütze und erzeugten konzentrische Wellenringe, wie die Steine, die wir über den Fluss geworfen hatten. »Ich finde, wir sollten warten, bis der Wolkenbruch etwas nachgelassen hat.«
Kayleen schnaufte und legte sich wieder hin.
Der Regen ließ nicht nach.
Irgendwann stand Tom auf und sah nach den Tieren. Er kehrte klitschnass zurück.
Wir warteten.
Kurz nach Mittag donnerte es, und gezackte Blitze zuckten über den Himmel. Joseph wachte auf und beobachtete das Gewitter. Kayleen und Paloma schrieben eifrig auf ihren Datenmonitoren und dokumentierten die Reise. Ich horchte auf den Regen, auf die Alarmanlage und die unruhigen Bewegungen der angeleinten Gebras. Alicia rutschte zu Joseph rüber, ohne ihn zu berühren, und schaute nach draußen. Beide schwiegen. Irgendwann bemerkte ich das Schimmern unvergossener Tränen in ihren Augen und fragte mich, was sie empfand und warum. Aber ich beschloss, sie im voll besetzten Zelt nicht danach zu fragen.
Joseph lächelte. Er schien das Wüten der rohen elektrischen Energie am Himmel zu genießen.
Ich packte meine Flöte aus und spielte leise darauf. Liam hatte nie die Zeit gefunden, mich zu unterrichten. Die Tonhöhe und Intensität waren ungleichmäßig. Ich fragte mich, was Bryan und Liam gerade machten, ob auch sie von dem Gewitter betroffen waren.
Schließlich zog der Donner an uns vorbei, bis wir ihn kaum noch hören konnten, und der Himmel klärte sich zu einem strahlenden, reingewaschenen Blau. Eine neue
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