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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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neben dem See eine Schleife, und auf einer breiten Fläche, die an das felsige Ufer grenzte, schaffte ich es, Tiger neben Joseph zu manövrieren. Ich beugte mich zu ihm hinüber. »Was hast du gespürt, als du den Speicher in der Hand gehalten hast?«
    Er überzeugte sich, dass Paloma, die vor uns ritt, und Tom, der die Nachhut bildete, außer Hörweite waren. Alicia und Kayleen mühten sich zwischen Tom und uns ab. Offensichtlich waren sie viel zu sehr mit ihren Packgebras beschäftigt, um unser Gespräch mithören zu können. »Es war ein Summen tief in mir – etwa so, wie ich die Datennetze wahrnehme. Ich weiß nicht, wie ich es besser erklären könnte. Ich kann es nicht lesen, wie ich die Netze lese, aber selbst jetzt spüre ich es in meiner Tasche, als würde es leben.«
    »Fühlt es sich gut an?«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Es macht mir Angst. Noch mehr als die Datennetze. Aber nicht auf dieselbe Weise. Beim Netz ist es die Angst, zu dem Tag zurückzugehen, an dem Steven und Therese starben, oder die Furcht, dass etwas anderes passieren könnte. Mit Dingen konfrontiert zu werden, auf die ich keinen Einfluss habe. Das hier ist anders. Als wollte es mich necken.« Er wischte eine Beißfliege von Sprinters Hals. »Wenn ich gelernt habe, wie man es liest, wird sich etwas in mir verändern. Da bin ich mir ganz sicher. Etwas Großes.«
    Seine Worte waren zumindest ein Beweis dafür, dass ihm klar war, warum er selbst mit den einfachsten Datenknoten Schwierigkeiten hatte. »Es klingt, als würde Jenna davon ausgehen, dass das nicht sofort geschieht. Möchtest du, dass ich es übernehme?«
    »Noch nicht.«
    Nach einem dreistündigen Ritt fanden wir den nächsten Datenmast auf einer Lichtung, die bis ans steinige Seeufer reichte. Die Uferzone war mit Gras und Kräutern bewachsen, die nach verwesender Vegetation und Schlamm rochen. Die goldenen Strahlen der Abendsonne fielen schräg durch die Bäume. Hier gab es keine Hütte und auch kein Gehege, so dass Tom und Paloma gemeinsam loszogen und die Alarmanlage vom Ufer ausgehend in einem großen Halbkreis aufstellten.
    Wir nahmen den Tieren das Sattelzeug ab und klinkten die Führungsleinen ein. Jeder von uns ging mit zwei Tieren zu einem klaren Bach, der am hinteren Ende der Lichtung floss. Unterwegs kamen wir an einer Felsgruppe vorbei, die von schwarzen geschmolzenen Linien vernarbt waren. Wer hatte sich hinter diesen Steinen verschanzt, während jemand anderer mit Waffen, die Stein schmelzen konnten, das Feuer eröffnet hatte? Wahrscheinlich Leute aus Artistos. So starke Waffen gehörten zweifellos zu den Modifizierten. Zu uns.
    Hatte Jenna solche Waffen? Ich erschauerte, als mir plötzlich unwohl und kalt wurde.
    Wir erreichten den Bach, und sechs durstige Gebras tauchten gleichzeitig die Nasen ins Wasser, während die übrigen zwei warteten und die Umgebung beobachteten.
    Joseph sah mich an und klopfte mit einer Hand auf seine Tasche.
    Ich räusperte mich, um Alicias und Kayleens Aufmerksamkeit zu wecken. »Jenna hat mit uns gesprochen, als wir heute Nachmittag die Alarmanlage abgebaut haben.«
    Alicias Augen funkelten aufgeregt. »Wirklich? Hier? Was wollte sie?«
    Joseph zog den Datenspeicher aus der Tasche, nahm Kayleen eine Führungsleine ab und drückte ihr den flachen silbrigen Gegenstand in die Hand.
    Kayleen schloss sofort die Finger darum. »Oh«, sagte sie und riss die Augen auf, fast genauso, wie es Joseph getan hatte. Also schien sie das Gleiche zu empfinden wie er.
    Joseph beobachtete sie aufmerksam. »Was spürst du?«
    Sie schloss die Augen. »Es fühlt sich wie etwas an, das ich kenne.« Sie sah mich an. »Chelo – du bist die Älteste von uns. Kannst du dich erinnern, so etwas schon einmal gesehen zu haben?«
    Ich rief das Bild der ordentlich verstauten Dinge im Zelt unserer Eltern auf, aber ich sah nur Chiaros rundes Gesicht und ihre Mandelaugen, ihr dunkles Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, die beständigen Sorgenfalten um die Augen und die heruntergezogenen Mundwinkel. Ich schüttelte den Kopf, während ich noch einmal meine Erinnerungen durchging. »Sie hatten viele Dinge, und ich erinnere mich an silberne Gegenstände, die offenbar aus diesem Material bestanden. Aber an so etwas kann ich mich nicht erinnern.«
    Alicia nahm Kayleen den Speicher aus der Hand. »Es ist … leicht. Aber ich habe keine seltsamen Empfindungen.«
    Ich nahm ihn an mich und freute mich, ihn wieder halten zu können. Der

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