Sternenwind - Roman
jetzt außerhalb von Artistos. Wenn ihr genau hinschaut und an Stellen sucht, die nur ihr erreichen könnt, werdet ihr Spuren von uns finden. Ihr habt nicht vergessen, wer ihr seid.«
Joseph und ich sahen uns an, und in seinen Augen spiegelte sich meine Verwunderung und Verwirrung. »Was ist das?«, fragte ich.
Sie hockte sich hin und stützte sich entspannt mit dem Rücken am Baumstamm ab. »Der Stab stammt aus einem Fahrzeugwrack. Es ist nur irgendein Bauteil. Er hat keinen Wert, außer euch zu zeigen, dass ihr in Artistos längst nicht alles gesehen habt. Der Datenspeicher enthält Informationen. Man braucht Lesedraht, um darauf zugreifen zu können.«
Ich schloss meine Hand um den Speicher. »Hast du welchen? Wie sieht dieser Draht aus?«
Ihre Miene war ernst, und ihr einzelnes Auge schien vor Energie zu glühen. »Joseph kann welchen finden. Wenn er horcht. Behaltet diese Dinge. Ihr dürft sie unseren Leuten zeigen, aber nicht Tom oder Paloma. Oder sonst jemandem aus Artistos.«
»Warum?«
Jenna zwinkerte mit dem Auge, und ihr Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »In Artistos gibt es noch mehr davon. Aber man hat euch diese Dinge nie gezeigt. Ihr könnt euch denken, warum.«
Ich nickte. Jenna faszinierte mich, verwirrte und verängstigte mich, aber ich hatte genug davon, nichts zu wissen. »Auch du enthältst uns Informationen vor. Erzähl uns mehr über diesen Draht.«
Sie wirkte verdutzt, nur für einen kurzen Moment, doch dann spielte ein Lächeln um ihre Mundwinkel. Sie beugte sich vor. »Ich gebe euch die Informationen, die ihr benutzen könnt. Findet Lesedraht, erfahrt mehr über uns und verdient euch die nächsten Informationen.« Sie streckte die Hand nach dem Stab aus.
Mit einem wehmütigen Blick gab Joseph ihr den Gegenstand zurück, und ich wünschte, ich hätte die Gelegenheit nutzen können, ihn selbst zu berühren, um festzustellen, ob er sich wie die Hülle der Neuen Schöpfung anfühlte. Aber Jennas Hand schloss sich fest um den Stab. Sie sah Joseph lächelnd an. »Das war eine gute Jagd. Aber du solltest dem Djuri schneller das Genick brechen. Es muss keinen unnötigen Schmerz verspüren.«
Also hatte sie ihn beobachtet. Ich wünschte, ich hätte es ebenfalls gesehen.
Joseph lächelte zurück, und etwas, ein Blick, vielleicht die gemeinsame Erfahrung von Jägern, wurde zwischen ihnen ausgetauscht. »Das werde ich tun.« Er streckte die Hand nach dem Datenspeicher aus, den ich ihm zögernd gab. Als sich seine Faust darum schloss, zuckte er zusammen und riss die Augen auf. »Ich bin der Leser«, sagte er plötzlich und öffnete wieder die Faust. Dann setzte er sich auf den Boden und schloss die Augen, als wollte er sich in seine Trance fallen lassen, um Zugang zu den Geschichten zu erhalten, die der Speicher ihm zu erzählen hatte.
Wir hatten also recht, was unsere Vermutungen hinsichtlich Jennas Anspielungen betraf: dass er der Schlüssel zu etwas war.
Joseph rührte sich, öffnete wieder die Augen und sah Jenna fragend an.
»Noch nicht«, sagte sie. »Du besitzt weder die nötige Stärke noch die Hilfsmittel. Du brauchst ein Werkzeug, das dir hilft.«
Er schürzte die Lippen. Dann wandte er den Blick ab und starrte auf zwei Zwillingsbäume, die sich über der Scheinulme ineinanderwanden. Er schluckte. »Kayleen?«, fragte er. »Ist auch Kayleen dazu imstande? Oder bin ich der Einzige?«
Jenna nickte. »Kayleen wird vielleicht nie stark genug sein. Deine Eltern haben dich und den einen anderen für diese Aufgabe vorgesehen.«
»Einen anderen?«, fragte ich.
Jenna sprach langsam und in traurigem Tonfall. »Einen weiteren, der jetzt tot ist. Seit zwölf Jahren. Ihr wart nicht die einzigen Kinder. Nur die einzigen, die am Leben gelassen wurden, die hier zurückgelassen wurden. Nur ihr sechs und ich sind noch hier.« Sie richtete sich auf und musterte Joseph und mich mit ihrem einen Auge. Ein kleines Kunststück. »Ich muss jetzt gehen. Denkt dran, das nicht euren Bewachern zu zeigen.«
Sie verschmolz mit dem Wald, als wäre sie niemals da gewesen.
Werkzeuge und Schlüssel. Aber zu welchem Zweck? Was erwartete sie von uns?
Joseph steckte den Speicher in die Tasche. Ich hätte ihn am liebsten aufgefordert, ihn mir zurückzugeben, aber ich sagte nichts. Wir machten mit dem Abbau der Alarmanlage weiter und kehrten zu den anderen zurück, die inzwischen zum Aufbruch bereit waren. Als wir losritten, blickte ich mich um und hoffte, noch einmal Jenna zu sehen.
Der Weg machte
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